Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)
Informationen zu – unbedeutendes Zeug, Klatsch und Tratsch. Verpfeifen tat er niemanden. Seitdem hatten sich unsere Karrierekurven in unterschiedliche Richtungen entwickelt, und gegenwärtig standen seine Darbietungen in den exklusivsten Kreisen der Hauptstadt hoch im Kurs. Er hielt nach wie vor die Ohren für mich offen, obwohl ich seine Informationen jetzt auf andere Weise nutzte als früher.
Die Ironie des Ganzen entging keinem von uns.
Ich entdeckte ihn in der Nähe des Westkais, wo er, umgeben von einer Handvoll gleichgültiger Zuhörer, die rhythmische Lyrik, der er seinen Namen verdankte, vortrug und sich dazu auf einem Kpanlogo-Set begleitete. Trotz seiner Fertigkeiten war Yancey so ungefähr der schlechteste Straßenkünstler, dem ich je begegnet bin. Er weigerte sich, Musikwünsche aus dem Publikum zu erfüllen, baute sich immer an verkehrsarmen Stellen auf und verhielt sich den Zuschauern gegenüber abweisend. Meist nahm er nur ein paar Kupferlinge ein, ein wahrlich bescheidener Lohn für einen Mann mit seinen Fähigkeiten. Trotzdem war er immer fröhlich, wenn wir uns trafen, und ich glaube, es hatte einen besonderen Kitzel für ihn, seine atemberaubenden Darbietungen an ein undankbares Publikum zu verschwenden. Mit seinen Auftritten vor den oberen Zehntausend verdiente er so viel Geld, dass das, was er als Straßenmusiker einnahm, ohnehin nicht ins Gewicht fiel.
Ich drehte mir eine Zigarette. Yancey hasste es, mitten in seiner Vorstellung gestört zu werden, ganz gleich, in welcher Umgebung sie stattfand. Einmal war er auf einen Höfling losgegangen, der den Fehler gemacht hatte, während seiner Aufführung zu lachen. Er hatte das unberechenbare Temperament kleinwüchsiger Männer und geriet schnell in Wut, die aber ebenso schnell wieder verpuffte.
Nach einer Weile beendete er seinen Vortrag, den das spärliche Publikum mit gedämpftem Applaus quittierte. Nachdem er diesen Mangel an Begeisterung mit einem Lachen abgetan hatte, sah er mich an. »Sieh da, sieh da, der Patron höchstpersönlich! Hast du es endlich geschafft, deinen Freund Yancey aufzusuchen?« Er hatte eine heisere, melodische Stimme.
»Ich bin da in was reingeraten.«
»Hab schon gehört.« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Schlimme Geschichte. Gehst du zur Begräbnisfeier?«
»Nein.«
»Ich schon, also hilf mir beim Zusammenpacken.« Er machte sich daran, sein Instrument auseinanderzunehmen, und hüllte jede der kleinen, mit Fell bespannten Trommeln in einen Baumwollsack. Ich ging ihm zur Hand und nutzte die Gelegenheit, eine Handvoll Stoff mit in den Sack zu stopfen. In der Regel gestattete Yancey es niemandem, seine Instrumente anzufassen, doch da er wusste, was ich vorhatte, ließ er mich kommentarlos gewähren. »Die edlen Herrschaften waren sehr enttäuscht, dass du gestern Abend nicht aufgekreuzt bist.«
»Ihr Kummer liegt mir schwer auf der Seele.«
»Sicher konntest du deswegen kaum schlafen. Wenn du es wiedergutmachen willst, dann komm am Dienstagabend gegen zehn zum Anwesen des Herzogs von Illador.«
»Du weißt, wie wichtig es mir ist, welche Meinung der Hochadel von mir hat. Ich nehme an, du erwartest deinen üblichen Anteil?«
»Es sei denn, dir steht der Sinn danach, ihn zu erhöhen.«
Das war nicht der Fall. Schweigend machten wir weiter, bis sich alle Zuschauer verzogen hatten. »Man sagt, du hättest sie gefunden«, bemerkte Yancey nach einer Weile.
»Man sagt eine ganze Menge.«
»Wühlt dich das auf?«
»Frag mich was anderes.«
Er nickte voller Mitgefühl. »Schlimme Geschichte.« Er verstaute seine Sachen in einem Beutel aus Segeltuch und hängte ihn sich über die Schulter. »Lass uns später weiterreden. Ich will mir einen guten Platz vor der Kirche sichern.« Er klatschte mir mit der Handfläche gegen die Faust und ging davon. »Bleib locker.«
Die Docks waren praktisch menschenleer, denn alle Arbeiter, Kaufleute und Kunden waren schon längst zum Begräbnis aufgebrochen, wie Yancey froh darüber, mit der Arbeit ein paar Stunden aussetzen zu können, um an einer Bekundung öffentlicher Trauer teilzunehmen. Eine dumpfe Stille lag über dem Viertel, die einen deutlichen Kontrast zu dem geschäftigen Treiben bildete, das dort sonst herrschte. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass mich niemand beobachtete, griff ich in meinen Ranzen, um mir eine Portion Koboldatem reinzuziehen. Das Kopfweh ließ nach, die Schmerzen in meinem Fußknöchel gingen zurück. Ich starrte auf das Wasser, in dem sich
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