Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)
enttäuscht. »Das ist vermutlich nicht möglich.«
»Außerdem bin ich mir gar nicht sicher, ob das Amulett recht hat. Ich habe mit Beaconfield gesprochen. Ich halte ihn zwar für einen gewalttätigen Spinner, wie die Oberschicht sie in Scharen hervorbringt. Aber dass er Kinder ermordet, Dämonen herbeizitiert … das passt nicht zu seinem Charakter. Die Aristokratie ist normalerweise viel zu träge, um sich auf wirklich niederträchtige Dinge einzulassen. Ist doch viel leichter, sein Vermögen für Kostümfeste und kostspielige Huren auszugeben.«
»Überschätzt du ihn möglicherweise?«
»Das ist kein Fehler, zu dem ich neige. Aber nehmen wir mal an, der Herzog wäre der Täter. Er ist kein Magier – ich glaube, der kann noch nicht mal richtig kopfrechnen. Wie sollte er es denn da anstellen, mit der Leere in Verbindung zu treten?«
»Es gibt Magier, die bereit sind, sich und ihre Fertigkeiten an jeden, der genug Geld hat, zu verkaufen. Hatte dieser Beaconfield irgendjemanden bei sich, auf den diese Beschreibung zutreffen könnte?«
»Ja«, erwiderte ich. »Hatte er.«
Celia schlug die Beine übereinander, sodass ich ihre rosigen Schenkel kurz zu sehen bekam. »Das könnte etwas sein, dem du nachgehen solltest.«
»Schon möglich.« Ich grübelte eine Weile, um dann ein neues Thema anzuschneiden. »Ich wollte dich noch nach etwas anderem fragen, etwas, bei dem mir selbst der Meister nicht weiterhelfen konnte.«
»Wie ich schon sagte, bin ich gern bereit, dir zu helfen.«
»Ich möchte, dass du mir etwas über deine Zeit an der Akademie erzählst.«
»Warum?«
»Weil ich mich entsetzlich langweile und nicht weiß, womit ich meinen Geist beschäftigen soll. Wenn du mir einen Schwank aus deiner Jugend erzählst, hätte ich vielleicht was zum Nachdenken.«
Sie kicherte leise und überlegte einen Moment. »Das ist lange her. Ich war jung. Wir alle waren jung, sehr jung sogar. Der Meister und die anderen Magier hatten kein Interesse daran, sich an der Akademie einzuschreiben, sodass also nur unerfahrene Neulinge wie wir übrig blieben, nur uns konnten sie sich schnappen. Die Lehrer – wenn man sie überhaupt so nennen kann – waren kaum älter als wir und meist noch unfähiger. Zu Anfang gab es auch noch keinen richtigen Lehrplan. Sie sperrten uns einfach in einen Raum und ließen uns aufeinander los. Und dennoch … das war das erste Mal, dass so etwas geschah, dass man uns ermunterte, unser Wissen auszutauschen, statt einsam und allein über Zauberbüchern und magischen Schriften zu hocken.«
»Kanntest du einen Mann namens Adelweid?«
Sie kniff die Augen zusammen und spitzte die Lippen. »Wir waren keine große Gruppe. Jeder kannte jeden, mehr oder weniger.« Celia war eine Frau, der es nichts ausmachte, ihr Leben fern von allen Menschen zu verbringen. Trotzdem bereitete es ihr Schwierigkeiten, über jemanden etwas Schlechtes zu sagen. »Zauberer Adelweid war … sehr talentiert.« Ich nahm an, sie würde fortfahren, doch sie schloss den Mund und schüttelte den Kopf. Damit hatte es sich.
Deshalb hielt ich es für angebracht, selbst ein paar Informationen beizusteuern. »Adelweid nahm gegen Ende des Krieges an einem militärischen Projekt namens Operation Vorstoß teil.«
»Der Meister hat mir deine Geschichte erzählt.«
»Weißt du was darüber?«
»Wie schon gesagt, stand es uns frei, die Studien zu betreiben, die uns interessierten. Adelweid und ich hatten unterschiedliche Neigungen. Mir kam dies und das zu Ohren, hässliche Dinge, aber nichts Genaues. Wenn ich etwas wüsste, das dir meiner Ansicht nach weiterhelfen könnte, hätte ich es dir längst erzählt.« Sie zuckte die Achseln, weil sie das Thema so schnell wie möglich abtun wollte. »Adelweid ist tot – schon lange.«
In der Tat. »Aber Adelweid war nicht der Einzige, der in diese Sache verstrickt war. Wer immer den Kirener getötet hat, muss dazugehört haben. Und über eine militärische Unternehmung wie diese … sollte es doch Unterlagen geben.«
Ihr Kopf schnellte hoch. »Die sind sicher geheim«, sagte sie mit einem gewissen Nachdruck. »Die würdest du nie zu Gesicht bekommen.«
»Sicher sind die geheim, und ich bilde mir auch nicht ein, dass derjenige, der bei der Armee für Verschlusssachen zuständig ist, sie bereitwillig rausrücken würde. Glücklicherweise habe ich aber andere Möglichkeiten, da ranzukommen.«
»Andere Möglichkeiten?«
Ȇber Crispin, meinen ehemaligen Partner. Den hab ich darauf
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