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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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angesetzt.«
    »Crispin«, wiederholte sie. »Ist auf den noch Verlass? Wird er auch Wort halten, nach … all der Zeit?«
    »Sicher ist er nicht sonderlich glücklich darüber, mir einen Gefallen zu tun, aber das wird ihn nicht abhalten. Crispin … Crispin ist in Ordnung. Unser Zerwürfnis spielt da keine Rolle. Das könnte dazu beitragen, den Morden ein Ende zu machen. Deshalb wird er es tun.«
    Sie nickte langsam, das Gesicht von mir abgewandt. »Dann also Crispin.«
    Um uns herum schwirrten fröhlich unzählige Bienen, eilten von Blüte zu Blüte und erfüllten die Luft mit einem gleichmäßigen Gesumm, das leicht einschläfernd wirkte.
    Celia erhob sich und sah mich mit ihren dunklen Augen an, die sich von ihrer honigfarbenen Haut abhoben. »Ich bin froh …« Wie um sich zu korrigieren, schüttelte sie jedoch den Kopf, was ihr langes dunkles Haar und den um ihren Hals hängenden Talisman in Schwingung versetzte. »Es war schön, dich wiederzusehen, trotz der Umstände. In gewisser Weise bin ich sogar dankbar, dass du in diese Sache verwickelt wurdest.« Sanft ergriff sie meine Hand und blickte mich unverwandt an.
    Ihr Puls hatte sich beschleunigt, der meine wurde ebenfalls sehr schnell. Mir gingen all die Gründe durch den Kopf, warum das eine schlechte Idee, warum das mies und schlimm und billig war. Dann rekapitulierte ich diese Gründe. Vor zehn Jahren war das wesentlich einfacher gewesen. »Du und der Meister, ihr hattet immer einen Platz in meinen Gedanken«, sagte ich leise.
    »Mehr hast du also nicht zu sagen? Nur, dass du mich nicht völlig vergessen hattest?«
    »Ich muss nachsehen, wie sich Zeisig benimmt.« Ein lahmer Vorwand, ich weiß, obwohl er der Wahrheit entsprach.
    Sie nickte und brachte mich mit niedergeschlagener Miene zur Tür.
    Als wir wieder ins Wohnzimmer traten, saß Blaureiher mit dem Rücken zu uns lachend auf einem Stuhl und klatschte rhythmisch in die Hände. Bei jedem Klatschen wechselten die herumwirbelnden Funken Farbe und Richtung, stiegen zur Decke auf und segelten anschließend in Richtung Fenster. Zeisig war nicht so ausgelassen heiter wie der Meister, doch zu meiner Überraschung lächelte er, wenn auch verstohlen, als befürchtete er, jemand werde es bemerken. Als er Celia und mich zurückkehren sah, verflüchtigte sich das Lächeln im Nu.
    Offenbar entnahm Blaureiher dem Gesicht des Jungen, dass wir zurückgekommen waren, denn er hörte auf zu klatschen. Die Lichtfunken sanken langsam zu Boden und lösten sich auf. Ich legte Blaureiher die Hand auf den Rücken und spürte sein scharfkantiges Schulterblatt unter dem Gewand. »Dieses Spielzeug habe ich immer geliebt.«
    Erneut stieß Blaureiher ein Lachen aus, hell und fröhlich wie das Feuerwerk, das er veranstaltet hatte. Das würde mir sehr fehlen, wenn er nicht mehr da war. Dann hob er den Kopf und sah mich an. »Diese Sache, über die wir beim letzten Mal gesprochen haben …«
    »Damit steht alles zum Besten, Meister«, fiel ihm Celia ins Wort. »Deshalb ist er vorbeigekommen. Um uns Bescheid zu sagen, dass alles in Ordnung ist. Du brauchst nicht mehr darüber nachzudenken.«
    Blaureihers Blick huschte über Celias Gesicht, danach sah er mich forschend an. Ich machte eine Bewegung, die man als Achselzucken oder als Nicken auslegen konnte. Er war alt und müde und entschied sich offenbar für Letzteres. Ein Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus oder zumindest etwas, das einem Lächeln gleichkam. Dann wandte er sich wieder Zeisig zu. »Du bist ein netter Junge. Anders als der hier«, sagte er mit einem Blick in meine Richtung.
    Darauf ging Zeisig jedoch nicht ein. Wie um wettzumachen, dass er sich kurz unbeschwert gegeben hatte, setzte er ein finsteres, mürrisches Gesicht auf und nickte dem Meister zum Abschied nur abrupt zu.
    Blaureiher hatte viel Erfahrung im Umgang mit undankbaren, übermäßig stolzen Jugendlichen, deshalb nahm er diese Brüskierung gelassen hin. »Es war mir eine Freude, dich unterhalten zu dürfen, Master Zeisig. Und was dich betrifft, mein Herr«, fuhr er im gleichen spöttisch-förmlichenTon an mich gewandt fort, »so bist du mir wie immer jederzeit willkommen.«
    Sag das dem Gargoyle über der Tür, dachte ich im Stillen, hielt aber den Mund, da er so aufgeräumt wirkte.
    Celia stand neben der Treppe und beugte sich zu Zeisig herunter, als er auf sie zukam. »Es war wunderbar, dich kennenzulernen. Vielleicht haben wir bei deinem nächsten Besuch die Gelegenheit, ein bisschen

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