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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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gewissen Ruf erworben habe – manchmal denke ich schon, dass niemand meine Arbeit zu schätzen weiß.«
    »Und was genau machen Sie?«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich meine, dass die meisten Leute hier damit beschäftigt sind, die Scheiße zu beseitigen, in die der Herzog gerät. Und da Sie deutlich nach Latrine riechen, würde ich annehmen, dass auch Sie in diesem Bereich tätig sind.«
    Brightfellow gab ein weiteres, hässlich glucksendes Lachen von sich. Dieses Lachen war eine echte Waffe – damit konnte er alle Schläge abwehren. »Ich habe die Ehre, Lord Beaconfields Hofmagier zu sein, und bemühe mich täglich, mich dieser Position würdig zu erweisen«, erwiderte er in hochtrabendem Ton, den er jedoch durch ein breites Grinsen relativierte.
    »Und was genau tut ein Hofmagier? Abgesehen davon, dass er fast die unterste Stufe einnimmt, auf die ein Magier herabsinken kann, es sei denn, er verkauft auf Jahrmärkten Liebestränke.«
    »Meine Position macht vermutlich nicht viel her – aber wir können uns ja nicht alle unseren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Drogen verdienen.«
    »Behalten Sie Ihre spaßigen Bemerkungen lieber für sich. Ich möchte Sie nämlich nicht um die letzte Chance bringen, Ihren Arsch zu retten. Ich weiß, dass Sie und der Herzog etwas im Schilde führen. Verraten Sie mir, was es ist, dann kann ich es vielleicht so hindrehen, dass nicht alles auf Sie zurückfällt. Dass Sie nicht der Hauptverantwortliche sind, sieht ja ein Blinder.« Ich strich ein Streichholz am Holzgeländer der Treppe an und hielt die Flamme an meine Zigarette. »Aber wenn ich mir die Mühe machen muss, alles selbst herauszufinden, dann werde ich Ihnen in keiner Weise entgegenkommen, verstanden? Dann hängen Sie voll mit drin.« Rasch zog ich an meiner Zigarette. »Denken Sie darüber nach, aber tun Sie es schnell. Die Zeit läuft ab, und falls Sie annehmen, der Blaublüter werde Ihnen den Rücken stärken, wenn die Kacke am Dampfen ist, sind Sie dümmer, als Sie aussehen – und wie ein Genie sehen Sie ohnehin nicht gerade aus.«
    Ich hatte zwar nicht erwartet, dass er klein beigeben würde, aber zumindest hatte ich auf eine Reaktion gehofft, die über das nervtötende Lachen hinausging, dass er immer von sich gab – wie auch jetzt. Zum zweiten Mal hatte ich das unangenehme Gefühl, dass ich das Spiel verloren und Brightfellow abermals gepunktet hatte.
    Als ich hörte, wie Tuckett die Treppe herunterkam, hielt ich das für eine günstige Gelegenheit, mich davonzumachen, zum Dienstboteneingang hinaus und durchs Hintertor. Dunkan war nicht mehr da. Statt seiner hatte ich es mit einem grimmig aussehenden Wächter zu tun, der seinen Pflichten kommentarlos nachkam. Auch gut – ich war ohnehin nicht in der Stimmung, mich auf die Überschwänglichkeit des Tarasaihgners einzulassen. Ich rieb die Haut um Celias Talisman, deren Brennen erst jetzt nachzulassen begann. Dann machte ich mich auf den Heimweg, wobei ich hoffte, dass ich es schaffen würde, ins Bett zu gelangen, bevor ich zusammenbrach.

24
    Die halbe Nacht wälzte ich mich unruhig hin und her, benebelt von Traumranke, die ich vor dem Zubettgehen abgedampft hatte, und erwachte am nächsten Morgen später als geplant. Später, als ich es mir erlauben konnte, denn wie die Dinge lagen, würde ich nur noch sechsmal die Gelegenheit haben, in meinem Bett zu schlafen. Als ich meine Hosen anzog, stand die Sonne, die durchs Fenster lugte, schon halb im Zenit.
    Die Kneipe war wie immer zu dieser Tageszeit leer. Adolphus saß mit bekümmertem Gesichtsausdruck an der Theke. Adeline fegte den Raum aus und nickte mir zu, als sie mich sah.
    Ich setzte mich neben Adolphus. »Was ist los?«
    Er machte den Versuch, seine Grimasse hinter einem nicht sonderlich überzeugenden Lächeln zu verbergen. »Nichts. Warum fragst du?«
    »Bist du nach fünfzehn Jahren immer noch der irrigen Ansicht, dass du mich anlügen kannst?«
    Einen Augenblick lang war sein Lächeln echt, verflüchtigte sich dann jedoch sofort. »Ein weiteres Kind ist verschwunden«, sagte er. Adeline hörte auf zu fegen.
    Noch eins, bei Sakra. Ich hatte zwar nicht damit gerechnet, dass die Sache aufhören würde, aber zumindest gehofft, dass es bis zum nächsten Mal etwas länger dauerte. Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, ob das an der Frist, die der Alte mir gesetzt hatte, etwas ändern würde oder ob die Rowdys aus unserm Viertel die Gelegenheit nutzen würden, um in Ling Chis Revier Ärger zu machen. »Wer

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