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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er dabei machte!
    Rocca stand sprachlos. Dazu bekam Legrand auch noch ein goldenes Metallband um die Stirn und die dünnen weißlichen Haarfransen.
    ›Ring-Weihe‹ – ausgerechnet! Für Ted Rocca waren Meditation, Ring-Weihe, spirituelles Powering, und wie das alles hieß, immer nur Firlefanz gewesen. Er gehörte vielleicht dazu; schließlich waren sie eine Art Kirche, eine religiöse Vereinigung, und da mußte man den Leuten auch etwas bieten. Aber sein, Ted Roccas, Job war konkret, verdammt konkret – im Augenblick mehr denn je.
    »Meister, es tut mir leid, wenn ich unterbrechen muß.« Er räusperte sich. »Leider hab' ich verteufelt üble Nachrichten: Die Situation hat sich verschlechtert … Oder besser, sie hat sich auf eine Weise zugespitzt, die ein sofortiges Handeln verlangt.«
    »Ach ja?«
    Nun drehte Legrand sich zu ihm, lächelte und fragte: »Schönberg?«
    »Nicht Schönberg. Wenn's nur das wäre … Hier!«
    »Hier? Ach ja?« Legrand grinste noch immer.
    Hat die Augen geschminkt, Puder auf den Falten, grinst, dachte Rocca. Sieh dir nur die Pupillen an! Zu ist er, bis oben zu!
    Daß Legrand diesen verdammten ›PCI-Engelstaub‹, auch das Phenzyklidin, seit Jahren nahm und dafür sorgte, daß ›PCI‹ und alle möglichen anderen Aufputschmittel und Hypnose-Drogen auch die ›Brüder‹ und ›Schwestern‹ von den Anfängern bis zu den Leitenden schluckten, damit sie stets in der richtigen heiter-beschwingten Stimmung ihre Arbeit erledigten, das alles war Rocca schon längst bekannt. Er wußte auch, daß sich Legrand von seinen Ärzten und Chemikern ganze Drogen-Cocktails zusammenmischen ließ. Es hatte ihn nie gestört. Wieso auch? Ergebnisse und Erfolg gaben Legrand schließlich recht. Nie hätte Rocca daran gedacht, deshalb Kritik am ›Meister‹ zu üben.
    Aber ausgerechnet jetzt!
    Gedopt, zu bis oben hin! Diese Augen … Und zu allem noch dieses überirdische, allwissende Lächeln. Der Anblick war mehr, als Rocca ertragen konnte.
    »Hast du etwa Furcht, mein lieber Ted?« sagte Legrand. »Aber wieso denn?«
    Und Manu, das Arschloch Manu, der ihm gerade den Gürtel umband, lächelte mit.
    »Du solltest keine Furcht haben … Es ist unnötig …«
    »Unnötig?« In Rocca zerbrach etwas. Er schrie: »Ihr seid ja wahnsinnig!« Er verlor die Nerven und tausend Pluspunkte bei Legrand, er wußte es, doch was sollte es? »Die Carabinieri haben Befehl zum Großeinsatz! Und sie haben ihn vorbereitet. Für morgen früh … Versteht ihr nicht, was das heißt? Das ist nicht nur eine dämliche Razzia, sondern ein richtig beschissener, militärisch organisierter Aufmarsch! Mit Hubschraubern, Spezialeinheiten, mit allem Drum und Dran!«
    »Und?«
    Rocca blieb die Luft weg: Legrand lächelte. Lächelte noch immer.
    »Hab ich dir nicht gesagt, Ted, daß du dir keine Sorgen zu machen brauchst. Sie kommen nicht. Hast du es nicht verstanden? – Gut, dann sag ich's dir noch ein zweites Mal: Sie kommen nicht! Und das dritte: Selbst wenn sie es versuchten, selbst wenn sie kämen, wir werden Barrieren errichten, Energiebarrieren, magische Barrieren, die ihre Flugzeuge vom Himmel holen, die ihre Soldaten vernichten werden. Verstehst du das?«
    »Verstehen« sagte er auch noch … Rocca raste vor Zorn.
    »Mein Freund, wo bleibt dein Mut? Und vor allem deine Kraft? Wie viele Gegner hast du schon zur Strecke gebracht, wieviel Widerstand niedergerissen? Nun also, jetzt bin ich an deiner Seite. Und mit mir ist Gott. Komm, gehen wir zur Kathedrale …«
    »Zur Kathedrale?« Es war gerade noch ein Flüstern, das Rocca hervorbrachte. »Wozu brauchen wir ein Fest? Die Schau ist gelaufen. Aber ich kann die Leute trotz des Schnees mit den Autos rausbringen … Wir müssen La Torre räumen. Und das sofort.«
    Mißbilligend schüttelte der ›Meister‹ den Kopf. »Du verstehst also noch immer nicht? – Nun komm, dann wirst du verstehen …«
    Und so marschierte Ted Rocca kurz vor Mitternacht ohnmächtig und benommen vor Hilflosigkeit durch die Galerie zum Berg hinüber. Draußen, soviel konnte er erkennen, schneite es noch immer, wenn auch nicht mehr mit der Heftigkeit des Nachmittags.
    Als die Türen zur Aula auseinanderglitten, wehte ihm Musik entgegen. Zimbelgeklirr, Trommeln und dann der dunkle, langgezogene Ton tibetanischer Muschelhörner, die die Vorhalle vibrieren ließen. Die Hörner sollten jenen erlösenden Zustand der Selbstvergessenheit auslösen, der, so hatte Rocca einmal gelesen, ebenso wie die

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