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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hintergrundstrahlung des Weltalls nichts war als Harmonie.
    Harmonie? Scheißharmonie!
    Und Legrand lächelte.
    Sie betraten eine Art Loge, die sich zur ›Aula‹ öffnete. Ted Rocca spürte sein Herz hämmern. Er war wie betäubt, weniger von der Stimmung, der Musik, auch nicht von dem alles durchdringenden Weihrauchgeruch, es war das beschissene Gefühl, daß ihm die Zeit davonrannte.
    »Wir haben keine Zeit! Glauben Sie mir doch, Meister.«
    »Zeit?« sagte Legrand. »Zeit, was ist das?«
    Dem haben sie die Schalter ausgedreht! Rocca dachte es mit kalter Wut. Oder alle Leitungen falsch gekoppelt. Aber es muß doch möglich sein, einen letzten Rest Vernunft aus ihm herauszukratzen!
    Doch es war nicht möglich.
    Bisher lag der kreisrunde Raum im Berg völlig im Dunkel. Nun dämmerte Licht auf, langsam erweckte es die Wandfriese zum Leben, konzentrierte sich auf die Gruppe junger Mädchen, die dort in der Mitte um den Stern stand. Es waren vierzehn. Sie trugen weiße durchsichtige Gewänder und bildeten einen Ring.
    »Siehst du es? Siehst du, wie rein, wie zart und wie stark sie sind?«
    Rocca schluckte.
    Und dann beugte Legrand sich ein wenig nach vorne, stützte beide Hände auf die Balustrade und griff nach dem Mikrophon. »Ihr habt euch vereinigt in diesem Raum, meine Schwestern, um euch, euer Ich, euer Sein in unserem Glauben aufzulösen … Ich sage ›aufzulösen‹, denn ihr wißt: Alles im Leben ist Energie und nichts weiter … Ja, Gott ist Energie. Was ihr seht, was ihr fühlt, alles ist nichts als Illusion, und doch sind es Formen, die sich wandeln in einem einzigen Ziel: die Vollkommenheit zu erreichen. Reinigt euch, wandelt euch – immer der Vollendung entgegen …«
    Ich werde verrückt! dachte Rocca.
    »Die Welt ist voller Dämonen, ja, meine Schwestern, voller Dämonen, die sich uns entgegenwerfen. Wir werden ihnen ihre Kraft nehmen und sie verwandeln in unsere Kraft, die Kraft des Guten, die, unwiderstehlich und von göttlicher Macht beseelt, alles löscht, was sich ihr entgegenstellt …«
    Rocca war sich darüber klar, daß er dies nicht mehr länger durchstehen konnte. Keine Sekunde länger … Und dennoch, trotz des Aufruhrs in ihm war er fasziniert von dem Bild, das sich ihm bot. Vier der Mädchen trugen große amphorenartige Behälter aus Messing, hoben sie hoch. Das Wasser funkelte, als es sich über die Körper der anderen ergoß, die Gewänder an ihre Haut preßte und sie nackt erscheinen ließ.
    »Sieh es, Mama!« rief Legrand. »Die Reinheit … Siehst du es? Aller Schmutz fließt weg. Rein sind sie …«
    Mama? – Welche Mama?
    Und da drehte der Verrückte sich um, verzog das Gesicht zu einem schiefen, schrecklichen Lächeln. »Ungläubiger! Erkennst du es jetzt, daß wir unbesiegbar sind?«
    In dieser Sekunde wußte Rocca, daß alles verloren war. Der ›Meister‹ war ein Irrer.
    Doch schon wieder hatte Legrand das Mikrophon in der Hand: »Alles sind Illusionen … Alles ist nur Spiel … Ja, wir sind die Spieler Gottes …«
    Na, dann spielt mal schön! dachte Rocca und ging. Er durchquerte die Vorhalle, öffnete eine graue Stahltür, betrat einen Gang, der tiefer ins Innere des Berges führte. Weitere Türen tauchten auf der rechten Seite auf. Rocca betätigte die elektronische Entriegelung. Bisher war ihm jede Bewegung schwergefallen, doch als er die Reihen grauer Kisten sah, die sich in den Regalen stapelten, fühlte er sich wie befreit.
    Einmal geht alles zu Ende. Für ihn, Ted Rocca, gab es keine Existenz außerhalb der GW. Die GW war sein Leben. Endstation! Zwecklos, sich selbst zu betrügen. Aus diesem Loch kommst du nicht mehr raus … Und da lagen nun vierhundertzwanzig AK-74, Dutzende von Bazookas, Kisten mit Sprengstoff. Na ja, so bleibt Schönberg wenigstens nicht allein. Arjun bekommt sein zweites Fanal! So viele gute Waffen, beste Ware – und um dich herum nur Verrückte, mit denen nichts anzufangen ist … Für das, was bleibt, reicht eine kleine K-18. Hier hast du sie!
    Rocca hob den Deckel eines Behälters an, griff hinein und holte eine Handgranate heraus. Bewährtes Gerät, oft genug erprobt …
    Er zog den Sicherheitsstift aus der Granate. In seine Augen stiegen Tränen. Er ging sehr langsam zurück, langsam, aufrecht, mit abgezirkelten Bewegungen wie ein Automat. Die Türen hinter sich zu schließen, diese Mühe machte er sich nicht mehr.
    Er betrat die Loge. Diese Stimme! Die Stimme des Irren, der schon wieder etwas von Gott und dem ewigen Fortdauern seines

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