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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist Tommi?« Do hatte die Tür zum Reportersekretariat im vierten Stock geöffnet.
    Die Sekretärin wirbelte auf ihrem Drehstuhl herum: »Sie, Frau Folkert? – Zurück?«
    »Zurück, ja, aber nicht im Hause, Doris. Wo ist Tommi?«
    »Keine Ahnung. Hier nicht. Sie wissen doch, der sagt nie was.«
    Ja, sie wußte … Tommi hatte dreißig Jahre lang den Reporter gespielt, meist mit der Kamera, oft genug mit Taschenrecorder und Bleistift, und seine Texte waren fast so gut wie die Fotos gewesen, die er schoß, ein hundertprozentiger Profi halt. Vielleicht, daß er manchmal einen über den Durst trank, aber allein schon wegen seiner Erfahrung und seiner Beziehungen war er nicht mit Gold aufzuwiegen.
    Und dann hatte Engelmann die Chefredaktion übernommen. Seine Ära mußte für Tommi Reinecke das Aus bedeuten. Als es geschah, damals vor drei Jahren, hatte Do bei Schmidt-Weimar erreicht, daß Tommi ein Freier-Mitarbeiter-Vertrag und eine Schreibtischecke bei den Reportern erhalten blieb. Den Begriff ›freier Mitarbeiter‹ nahm Tommi Reinecke sehr ernst. Er ließ sich seine Themen nicht vorschreiben. Er holte sie sich selbst. Und wenn die Heute-Redaktion keinen Gefallen daran fand, bot er sie sofort und prompt der Konkurrenz an.
    Do nahm wieder den Lift, fuhr in den dritten Stock hinab und ging den langen, von Zeitschriftenstapeln, Akten, Kästen, Scannern und Kopiergeräten gesäumten Korridor zum Archiv entlang, wo Otto Lobkowitz saß, Ex-Sport-Chef – noch eine Größe von einst …
    »Das gibt's doch nicht!« Lobko nahm die rechte Hand von der Bierflasche und versuchte, seinen Bauch an der Schreibtischkante vorbei hochzuquetschen. »Was sucht jemand wie du bei den grauen Mäusen?«
    Mit den dicken Brillengläsern und seinem aufgeschwemmten Gesicht war Lobkowitz seit seinem Einzug ins Archiv wirklich zur grauen Maus geworden – zur dicken grauen Maus.
    »Ich suche Tommi.«
    »Wenn ich den nicht hätte, würdet ihr da oben mich wohl alle vergessen.«
    »Aber du hast ihn nun mal, Otto.« Do lächelte. Lobkowitz rollte den Stuhl an die Wand zurück. Er betrachtete Do aus seinen Eulenaugen. Die Abwechslung, die ihm ihr Erscheinen bot, wollte er auskosten.
    »Und oben kann's dir keiner sagen?«
    »Natürlich nicht. Mit denen redet er doch nicht. Aber mit dir.«
    Er nickte und wechselte das Thema. »Wie war's in Israel? Der Alte hat dich doch da nur runtergeschickt, weil er sich eine Einladung vom Weizmann-Institut verspricht, oder?«
    Das stimmte zwar, doch Do verspürte keine Lust, sich darüber zu unterhalten.
    »Lassen wir das, Lobko. Ich habe andere Probleme.«
    »Ärger?«
    Sie schwieg, doch als sie das rotglänzende, aufgeschwemmte, melancholische Gesicht betrachtete, sah sie den Lobko von einst vor sich: witzig, aktiv, erfolgsgewohnt, selbstsicher, und sie fühlte sich hilflos einer Welle von Mitgefühl und Zorn ausgeliefert: Was hatten sie aus ihm gemacht? Was machen sie, verdammt noch mal, aus uns allen?
    Sie begann zögernd, aber dann sprach sie doch von Kati. Lobko schwieg. Do war ihm dankbar dafür, daß er sie nicht mit irgendwelchen weisen Sätzen eindeckte.
    Schließlich sagte er: »Ich glaube, du solltest dir keine Vorwürfe machen …«
    »Und wie nicht?«
    »Vielleicht hat das Verhalten deiner Tochter gar nicht so viel mit dir zu tun, wie du annimmst.«
    Sie zog fragend die Schultern hoch, und er setzte hinzu: »Dieser Abschiedsbrief …«
    »Komisch, nicht?«
    »Nicht nur komisch. Die Wendung: ›Nicht von meinem Fleisch‹ … Das ist doch nicht Katis Vokabular. So spricht doch keine Zwanzigjährige. Es klingt irgendwie … klingt nach Kirchensprache, biblisch. Nein, es klingt nach Sekte … Hast du unter ihren Sachen zu Hause irgendwelches Material gefunden?«
    »Sektenmaterial?«
    »Ja. Werbeschriften. Bücher. Bilder.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Red' mit Tommi darüber, Do. Der kennt sich ziemlich aus. Er hat sich mit dem Sektenthema beschäftigt, hat Material gesammelt, Kontakte aufgenommen. Das Thema ist ziemlich aktuell.«
    »Deshalb bin ich ja hier. Ich brauche einen Anhaltspunkt, Lobko. Irgendeinen … Vielleicht hat Tommi eine Idee. Aber wo ist er?«
    Lobkowitz schob einen Finger unter die Brille und drückte ihn auf sein rechtes Auge. »Im Augenblick weiß ich's nicht genau. Er ruft immer gegen sechzehn Uhr an. Da haben wir eine feste Abmachung. Wahrscheinlich steckt er irgendwo in Neutrudering. Hat er wenigstens heute morgen gesagt. Da läuft ein Polizeieinsatz. Rumänen. Scheint 'ne

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