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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ruhe zu der gegenüberliegenden Wand, wo ein Golfschläger lehnte, nahm ihn in die Hand, machte einen kleinen spielerischen Schwung und pflückte mit spitzen Fingern einen Golfball von dem Papierstapel auf seinem Schreibtisch. Berg legte den Ball auf den großen weißen Teppich, der drei Viertel des Raumes bedeckte, und trieb ihn mit einem leichten eleganten Schlag der Teppichmitte zu, wo sich eine einzige rote Blume befand. Der Ball kam genau in der Mitte der Blume zum Stillstand.
    »Sie waren Offizier, Robert. Sogar Offizier in einer Elite-Einheit, sonst hätte man Sie kaum in Moskau an der Frunse-Akademie ausgebildet.«
    »Na und? Was hat das mit dieser Geschichte zu tun? Und außerdem, die ›Frunse‹ war nichts als eine Art Begabtenkurs. Bei meiner Einheit handelte es sich um eine ganz normale Kommandotruppe, wie sie auch bei der Bundeswehr üblich ist. Aber was reden wir herum? Hier geht es doch um etwas ganz anderes. Sie wollen doch nicht im Ernst verbieten, daß ein Mädchen in Gefahr …«
    »Sie sprachen gerade von einem ›Begabtenkurs‹ … Vielleicht ist Ihnen inzwischen aufgegangen: Auch hier auf Schloß Schönberg haben Sie es mit einem Begabtenkurs zu tun, wie Sie ihn vermutlich nirgendwo sonst auf der Welt antreffen …«
    »Herrgott, ich bin hier, um von Ihnen eine Entscheidung zu verlangen, und nicht, um über Begabtenkurse zu reden.«
    Der Golfschläger zuckte hoch. Das Metallstück daran bohrte sich in Tennhaffs Magen. Tennhaff hatte endgültig genug. Er griff sich das verfluchte Ding, schleuderte es in den Raum, so daß es über den Teppich kreiselte und dann an die Wand knallte. Berg sah seinem Schläger nach, schüttelte den Kopf, drehte sich wieder um – und lächelte.
    »Nun, Robert, ist Ihnen jetzt wohler?«
    »Im Gegenteil.«
    »Ich war nie beim Militär, Robert. Und schon gar nicht bei einer Kommandoeinheit. Aber eines weiß ich doch: Kommando kommt von kommandieren. Und dies bedeutet, daß einer befiehlt und die anderen gehorchen. Was Sie hier abziehen, um es mal in Ihrer Sprache auszudrücken, ist doch eine Art Meuterei? Meinen Sie nicht?«
    Tennhaff sah ihn nur an. Er holte tief Luft, schüttelte den Kopf und ging zur Tür. Die Dinge kamen, wie sie kommen mußten. Und das hier gehörte wohl auch dazu.
    Robert warf die Tür nicht ins Schloß. Er bemühte sich, sie ganz leise und diskret hinter sich zuzuziehen.
    Da stand sein Fahrrad. Als er sich darauf schwang, fiel sein Blick noch einmal auf den aufwendigen Türklopfer an Bergs Haustür, und er sah, daß oberhalb des Scharniers, ganz klein und unauffällig, ein Zeichen angebracht war. Er erinnerte sich, daß er es auch im Haus gesehen hatte: Am Knauf des Golfschlägers, in die winzige Metallplatte eingraviert, die in das Holz eingelassen war.
    Vielleicht war der Schläger ein Geschenk der Zentrale? Das Zeichen jedenfalls ähnelte einem Hufeisen. Es stellte den griechischen Buchstaben Omega dar. Und Omega war in der Organisation der Code für den inneren Roshi-Kreis. Zu Omega gehörte man erst, wenn man mindestens den fünfzehnten Grad erreicht hatte. Auch die Leitung der Sicherheitsabteilung in Cannero waren Omega-Leute. Typisch war auch, daß sie sich ›Abteilung 5‹ nannten.
    Was für ein Zirkus! dachte Tennhaff und fuhr los. Als er um die Ecke des Verwaltungsbaus bog und die Krankenstation sah, stoppte er und stieg ab.
    Ein Passat parkte vor der Einfahrt.
    Die Heckklappe stand offen. Der Fahrer und sein Begleiter waren gerade dabei, eine Krankentrage zu verstauen. Darauf aber, angeschnallt und in Decken gehüllt, lag Toni Becker.
    Das gab's doch nicht! Robert sah die kleine Folkert neben der Tür stehen, die Hände in den Anoraktaschen, die Kapuze über dem Kopf, starr wie ein Stein.
    Der Wagen fuhr an. Auch die Krankenschwester, die spitze Nase rot vor Kälte oder Aufregung, stand an der Auffahrt. Linda heißt sie, erinnerte Tennhaff sich.
    »Was soll das? Wo bringen sie sie hin?« fragte er.
    Linda zuckte mit den Schultern. »Zu einem Arzt, wohin sonst?«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung. Er wisse bereits Bescheid, hat der Fahrer gesagt. Marc Berg selbst habe ihn beauftragt.«
    »Jetzt Moment mal, Linda … Ich war doch gerade bei ihm. Wieso also …«
    »Wieso? Sie wollten das doch so. Nachdem Sie so ein Theater gemacht haben, habe ich ihn angerufen. Und da muß er wohl die Anweisung gegeben haben, nicht wahr?«
    Nicht wahr? Es schien logisch. Berg mußte gehandelt haben, während Robert sich noch auf dem Weg zu ihm befand. Er

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