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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erz aufgestellt. Und der ›Vater‹? Daß Arjun Williams sich ›großer Vater‹ nennen ließ und die Mitglieder sich mit ›Bruder‹ und ›Schwester‹ anredeten, das mochte ja noch hingehen. Schließlich war Arjun der Gründer und Führer der GW, aber daß es dazu noch kleinere ›Väter‹ geben sollte, ging Tennhaff auf den Geist. ›Vater Marc‹ würde gleich Ärger bekommen …
    Tennhaff hatte das Schloß durch einen der beiden Hinterausgänge verlassen und näherte sich über das Kopfsteinpflaster des Hofes einem flachen ockerfarbenen Walmdachbau. Früher beherbergte er die Remisen, doch dann, als Schönberg von der ›Kultur-Förderung‹, einem im Schweizer Thurgau ansässigen Tarnverein der GW, erworben worden war, hatte man die Remise zur Wohnung des Leiters der Deutschland-Niederlassung umgebaut.
    Tennhaff ließ den bronzenen Türklopfer fallen. Nichts. Er versuchte es wieder.
    Die Tür öffnete sich.
    Er hatte Wieland, Bergs Sekretär, erwartet, doch nun stand der Chef selbst vor ihm und starrte ihn aus seinen großen blauen durchdringenden Augen an. »Tennhaff? Was ist?«
    »Ich muß leider stören.«
    »Ist es dringend?«
    »Sonst wäre ich nicht hier …«
    »Na, dann kommen Sie herein, Robert.«
    Den großen Raum, in den Berg ihn führte, hatte Tennhaff erst ein einziges Mal betreten, damals, als Marc Berg kurz nach seinem Amtsantritt von ihm einen privaten Vortrag über Verbesserungsmöglichkeiten im Sicherheitssystem verlangte. Das war vor zwei Jahren gewesen. Tennhaff selbst hatte erst vier Monate zuvor bei der GW angefangen.
    Der Raum war äußerst spärlich eingerichtet. Nichts befand sich darin als das übliche Arjun-Porträt, ein Schreibtisch, ein Aktenständer, eine Couch und zwei kleine Sessel, die um einen runden Schachtisch standen.
    Berg machte eine einladende Handbewegung zur Couch. Tennhaff schüttelte abwehrend den Kopf. »Es geht um eines der beiden Mädchen vom Alpha-Kurs, die sich im ›Nest‹ befinden.«
    »Ach ja? Und um welche?«
    »Toni Becker.«
    »Und was ist mit ihr?«
    »Sie ist krank. Ich halte sie sogar für schwerkrank.«
    »Was hat sie?«
    Tennhaff berichtete, Berg hörte schweigend zu und schwieg weiter. Marc Berg, der Meister der vielsagenden Pausen …
    »Marc, sie braucht sofort einen Arzt.« Die Ungeduld würgte Tennhaff im Hals.
    Berg war ziemlich hochgewachsen. Alles an ihm schien ein wenig übertrieben: die Augen, die meist weit geöffnet und starr die Welt wahrnahmen, der lange Hals, die langen Hände, selbst sein Aufzug, Kordhosen und Sandalen, zu denen er meist einen priesterähnlichen Kaftan trug. Dazu kam seine Jugend. Wie viele der ›Roshis‹ in der GW war er von Arjun Williams in einer seiner ›Eingebungen‹ auserwählt worden. Den Gerüchten nach, es gab ja keine offiziellen Biographien der ›Leitenden‹, hatte Berg seine Jugend in Argentinien verbracht, später dann in Hamburg ein Psychologiestudium begonnen und sich als Sozialarbeiter durchgeschlagen. Was einen Arjun Williams dazu brachte, Marc für diesen Posten in der ›Gottes Welt‹ zu wählen, blieb sein Geheimnis.
    »Ah, sie braucht einen Arzt …« sagte Berg schließlich.
    »Richtig. Und sie braucht ihn hier. Sie ist nicht transportfähig.«
    »Ach ja? Haben Sie auch Medizin studiert, Robert? Ich dachte, Sie waren bei der Nationalen Volksarmee …«
    »Was hat das damit zu tun? Aber gut … Ich habe bei der NVA einen ähnlichen Fall erlebt, Marc. Einen Fall von einem durch Medikamente ausgelösten Starrkrampf, eine verdammt gefährliche Geschichte, weil so etwas zu einer Lähmung des Atemzentrums führen kann. Wenn Sie so was mal mitgemacht haben, vergessen Sie das nicht so leicht …«
    »Durch Medikamente – so?« Berg zog die rechte Braue hoch. »Aber lassen wir das Problem für einen Moment. Ich hab' nämlich auch eines: Wer hat Sie eigentlich auf die Idee gebracht, Sie könnten hier einfach reinstürmen und mich aus der Arbeit reißen?«
    Zunächst glaubte Tennhaff, sich verhört zu haben. Was gab es auf eine so bescheuerte Frage zu antworten? Und dann hörte er sich auch noch zu seinem eigenen Ärger irgend etwas vom Tagungsbüro erklären und daß die Sekretärin … Er unterbrach sich. »Was, zum Teufel, ist das eigentlich für eine Diskussion?«
    »Richtig!« Bergs weit geöffnete Augen wirkten wie blaue harte Scheiben. »Was, zum Teufel, ist das für eine Diskussion?«
    Er leistete sich eine seiner Pausen und sah dabei Tennhaff weiter unverwandt an. Dann ging er in aller

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