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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Antwort. Wie auf so vieles …«
    Auf dem Boden unter der Fotografie lag ein breites, sauber glattgehobeltes und eingewachstes Holzbrett auf vier Backsteinen. Auf dem Brett wiederum standen vier Kerzen in hübschen Biedermeier-Leuchtern, daneben eine Art Schale, in der sich ein Häufchen grauer Asche befand. Neben diesem Häufchen lag ein halb verbrannter Weihrauchkegel. Daher also rührte der sonderbar dumpfe Geruch …
    Tommi blickte zu der Matratze in der gegenüberliegenden Ecke und versuchte, sich Martin Hilper darauf vorzustellen, der seinen weihrauchumschwebten geistigen Führer auf sich wirken ließ. Vielleicht lag er manchmal gar nicht allein auf der Matratze. Vielleicht war sogar Kati …
    »Tommi!«
    Es gab noch einen Rahmen an der Wand. Do stand davor. Dieser Rahmen enthielt keine Fotografie und kein Bild, sondern fünf Zeilen Text. Und die kannte sie schon.
    »Das Mantra?« fragte Tommi.
    Sie nickte.
    Perauer war wieder dabei, ein Fenster aufzustoßen. Im Haus war es jetzt kalt wie in einem Eiskeller. Die Luft tat dennoch gut, sie verscheuchte den beklemmenden Geruch, der in jeder Ecke, jedem Winkel zu nisten schien. »Das macht alles den Eindruck, als sei er schon lange nicht mehr hier gewesen«, sagte Do.
    »Weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß er an Weihnachten kurz bei uns vorbeikam. Seiner Mutter brachte er sogar irgendwas selbstgebackenes Süßes mit. Von Schloß Schönberg natürlich. Aber er kommt immer wieder hierher, manchmal nur für ein paar Stunden.«
    Perauer ging in den nächsten Raum und zündete das Licht an. Das Zimmer war vollgestopft mit den gleichen altmodischen schwarzen, schweren Möbeln. Ein Mausoleum, von den marmorierten Lampenschalen bis hin zu den abgetretenen Perserteppichen. Alles schien Vergänglichkeit zu beweisen, mit der Ausnahme der rechten Ecke neben der Tür. Hier gab es eine Art Insel der Moderne. Ein grauer, funktioneller Computer-Tisch stand da, davor ein bequemer, verstellbarer Schreibstuhl. An der Wand waren Bücherregale und eine Halogen-Schreibtischlampe angebracht.
    Tommis Blick verfolgte die elektrische Leitung bis zu der Dreifachsteckdose. Auch sie war neu …
    »Na, hier scheint er zu arbeiten.«
    »Was weiß ich?« brummte Perauer.
    Tommi schaltete die Lampe an und fuhr mit dem Zeigefinger über das Bücherregal: Kein Staub. Zwei der Bücher beschäftigten sich mit Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, die anderen waren ein Sammelsurium philosophischer und esoterischer Titel. Heilung durch die Kraft des Geistes stand da neben Nietzsche …
    »Aber wo ist der PC? Hat er den wieder mitgenommen?«
    »Vielleicht hat er gar keinen Computer. Vielleicht benutzt er einen Laptop«, sagte Do.
    Auch sie machte sich an dem Regal zu schaffen, rückte Bücher hin und her, nahm eines heraus, öffnete es, blätterte es durch, als suche sie eine Fotografie, einen Brief, einen Zettel, eine Botschaft – irgendeinen Hinweis …
    »Und oben im ersten Stock?« fragte Tommi Reinecke.
    »Die Zimmer hat er nie benutzt. Da ist der ganze Krempel von der Luise drin. Der Nachlaßverwalter hat mal angefragt, ob wir das Zeug nicht abholen und verkaufen lassen wollen. Aber es kümmert sich ja niemand darum.«
    »Dann hat er in dem großen Raum geschlafen?«
    »Fragen Sie mich was Leichteres.«
    »Er braucht doch Bettzeug und so …«
    »Da ist noch ein Schrank im Flur draußen, im Vorraum.«
    »Kann ich mal nachsehen?« erkundigte Tommi sich.
    Perauer nickte. »Wenn Ihnen das Spaß macht. Und was glauben Sie, was Sie da finden werden?«
    Ja, was? Tommi ging in den Vorraum, und Do folgte ihm. »Was hältst du davon?« flüsterte sie.
    Tommi gab keine Antwort. Was sollte er davon halten? Was hielt er von allem? Daß irgend etwas nicht stimmte, das sagte ihm sein Instinkt. Aber was stimmte nicht, verdammt noch mal? …
    Zuvor, als sie eintraten, hatte Tommi den Schrank nicht beachtet. Nun erkannte er, daß es sich um ein schönes Stück fränkischen Barocks handelte. Die Kanten waren zwar abgeschrammt, das Furnier der rechten Tür aufgesplittert, aber die Schnitzereien der Krone, die Profilkehlen – ein edles Stück Arbeit.
    Der Schlüssel steckte.
    Tommi zog die Tür auf. Eine Kleiderstange, eine Reihe von Bügeln. Die meisten waren leer. Rechts hingen säuberlich aufgereiht drei Anzugjacken. Dazu, gleichfalls auf Bügeln, drei Herrenhemden und ein ziemlich abgetragener blauer Pullover.
    Auf der linken Seite befand sich eine Reihe von Fächern. Mit Ausnahme des untersten, in

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