Der Herr der zerstörten Seelen

hart sein konnte, war im Haus sowieso kein Thema. Sollten die Herrschaften das doch gefälligst mit sich selbst ausmachen, dafür wurden sie schließlich bezahlt. Und dann auch noch eine Grippe kriegen und sich krankmelden!
    Er lehnte sich zurück: »Also, was ist mit dem Artikel?« Der Verleger frage schon den ganzen Vormittag nach ihr. Was er, Engelmann, persönlich von dem Thema halte, habe er ihr ohnehin erklärt. »Aber bitte … Der Alte hat das Ding für die Nummer sieben eingeplant. Ist nun mal sein Baby. Wenn's nach mir ginge, Do, könnten wir darauf verzichten. Das habe ich ihm übrigens auch gesagt …«
    »Das sollten Sie gleich nochmals.«
    »Wie bitte?« Er zog die Brauen hoch.
    »Ich kann Ihnen die Sorge nehmen. Die Serie wird nicht geschrieben, Dieter. Wenigstens nicht von mir.«
    Es war heraus! – Na, Gott sei Dank.
    Engelmann starrte sie an. »Aha!«
    »Ja.«
    Das kurze Ja machte ihm zu schaffen. Er nahm einen Bleistift, lehnte sich zurück, klemmte den Stift zwischen die beiden Zeigefinger und beobachtete Do aus blaßgrauen Augen. »Vielleicht haben wir hier einen kleinen Aufklärungsbedarf, meinen Sie nicht? Vielleicht wär's ganz nett, Do, wenn Sie mir erklären könnten, was das soll.«
    Es war die Frage, die sie erwartet hatte. Die Argumente hatte sie bereit. Und nun? Verpufft … Ihr fiel nichts ein. Do zuckte mit den Schultern, sprach von »strikt persönlichen Gründen«, über die sie im Augenblick »… tut mir wirklich leid, Dieter, diese Sache hat nichts mit Ihnen zu tun, wirklich nicht …« keine Auskunft geben könne.
    »Und das wollen Sie auch Ihrem Verleger sagen?«
    »Lassen Sie das meine Sorge sein.«
    Er gönnte ihr wieder einen seiner Blicke. »Natürlich, Do. Und ob!« Dann griff er zum Telefon.

7
    Unter den Leitenden kursierten verschiedene Gerüchte. Eines davon besagte, Ted Rocca sei früher Richter bei der Marine der Vereinigten Staaten gewesen. Andere behaupteten, er habe einen höheren Posten beim FBI eingenommen. Dazu gab's noch die dritte Version: Rocca habe lediglich eine stinknormale Polizeikarriere bei der Kripo von Milwaukee absolviert. Sicher blieb: Er gehörte nicht nur zu den wenigen Amerikanern, die in der GW-Europa eine Chefposition einnahmen, er hatte auch einige Zeit im inneren Führungskreis Arjuns im Berg-Camp Cedar-City in Utah zugebracht. In seinen Instruktionen jedenfalls nahm Rocco immer wieder darauf Bezug. Außerdem schien er Kontakt zu dem Mann zu haben, den sie in der GW ›Omega‹ nannten und von dem niemand wußte, wer er eigentlich war, obwohl er alle großen Entscheidungen bestimmte.
    Wo immer Ted Rocca aber auftrat, wirkte er eminent präsent.
    So wie jetzt, als er vom Hubschrauberlandeplatz kurz einen Blick über das Schloß und die Anlage warf, dann den Rand seiner Baskenmütze zurückschob und die Hand hob. »Hello, Marc!« Für die anderen hatte er lediglich ein kurzes: »Morning«.
    »Wie war der Flug?«
    »Über den Alpen lausig. Ab Lausanne wurde es besser. Wie ist das, kann ich einen Kaffee haben?«
    Sie führten ihn in den Raum für interne Konferenzen. Er war klein und enthielt außer dem runden Tisch mit sechs Stühlen keinerlei andere Einrichtungsgegenstände, zumindest keine, die sichtbar gewesen wären. Tennhaff hatte den Raum vor sechs Monaten umgebaut. Metallfolien und unsichtbare Störsender sorgten für Abhörsicherheit.
    Rister drückte auf den Knopf der Hausanlage und bestellte Kaffee. Die dunkle große Brille hatte Rocca inzwischen abgenommen, und er zeigte nun sein fast quadratisches, grobporiges, energisches Gesicht und ein paar graue hellbewimperte, ausdruckslose Augen.
    »Und? Wo habt ihr meine Abteilung gelassen? Tennhaff heißt der doch hier? Dieser Ex-NVA-Mann.«
    »Der hält sich bereit, Ted.« Berg räusperte sich. »Zuvor jedoch hätte ich gerne eine kleine Bemerkung gemacht.«
    »Dann mach sie.«
    Berg lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über der Brust. »Es ist so, Ted: Tennhaffs Leistungen sind zwar tadellos, doch er hat noch nicht einmal eine PD. Ich persönlich halte seine Loyalität für gesichert. Außerdem ist er im persönlichen Bereich stark an uns gebunden, und das nicht nur finanziell. Wir haben ihn also in der Hand. Auch das ist eine Garantie. Aber seinen Alpha-Kurs hat er noch nicht und auch die Fachschulung steht aus … Das weißt du ja am besten. In Cannero wurde sie oft genug angemahnt.«
    »Weiß ich. Bei den Fünfern ist Tennhaff nicht der einzige, der einen so miesen Rekord