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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen Busch. Der Mann zog ein spannengroßes Fernglas aus der Brusttasche und beobachtete durch das Küchenfenster die alte Frau.
    Er nickte dem anderen zu. Der prüfte noch einmal den Sitz seiner Handschuhe und kletterte dann hinunter bis zu dem kleinen Hof, der das Haus von der Stützmauer trennte. Er konzentrierte sich, nahm einen Anlauf, riß die Arme nach vorne, zog den Kopf ein. Flach und gestreckt wie ein Geschoß brach sein Körper durch das Fenster in die Küche.
    Die Kaffeetasse fiel aus Hannes Hand. Kaffee floß über das Tischtuch. Keinen Laut brachte sie hervor, nicht einen einzigen. Nichts war in ihr als diese heiße feurige Welle, die von den Fußspitzen bis zum Nacken brandete – dies und das splitternde, brechende Geräusch der Zerstörung, der verschwommene Eindruck eines Engels des Unheils, der durch das Fenster geflogen kam …
    Eine Hand riß Hanne den Kopf zurück.
    Irgend etwas Flauschiges, Weiches und doch Schreckliches preßte sich auf ihren Mund und ihre Nase. Es verströmte einen scharfen Geruch, der ihr das Bewußtsein nahm …
    Der Mann ließ den schlaffen Körper der alten Frau mit dem Oberkörper über dem Tisch liegen. Er öffnete die Außentür.
    Der zweite trat ein, sah sich kurz um. Er erkannte, daß die linke Gesichtshälfte des Opfers in einer Kaffeelache lag, schüttelte den Kopf, riß ein Handtuch vom Halter und trocknete Hanne Mosers Gesicht.
    Der andere zog inzwischen ein breites, festes Plastikklebeband aus der Tasche, riß ein Stück ab und klebte es quer über Hanne Mosers Mund. Der erste verschwand in dem großen sich anschließenden Wohnraum, ging durch die Halle, sah sich um und fand, was er suchte: die Tür der Abstellkammer, die den Freiraum unterhalb des Treppenhauses einnahm. Er prüfte das Schloß und ging in die Küche zurück. Sein Kinn wies zur Halle.
    Der, der durch das Fenster eingebrochen war, hatte mit dem Klebeband inzwischen Hanne Mosers Knöchel und Hände gefesselt. Sie trugen sie zu zweit aus der Küche, legten sie auf den Boden der Abstellkammer und verschlossen die Tür von außen.
    Dann machten sie sich an die Arbeit …
    Ted Rocca lehnte sich zurück und schloß die Augen. Tennhaff konnte die Adern an seiner Stirn schwellen sehen. Der Mann war auf hundertachtzig.
    »Wir haben an alles gedacht, um das verdammte Archiv zu sichern. Nur eines haben wir vergessen: Den verdammten Apparat, den Männer und Frauen zwischen den Beinen haben. Die Katholiken sagen, das sei Teufelszeug. Wahrscheinlich haben sie recht.«
    Sie schwiegen.
    Es war zu ungeheuerlich, was sie gerade erfahren hatten. Das Zentralarchiv der GW in Lausanne war vor zwei Jahren mit einem Millionen-Dollar-Aufwand neu umgruppiert, vor allem aber neu gesichert worden. Sie hatten sogar Sicherheitsspezialisten aus den USA dazu in die Schweiz geschickt. Das Material war dann durch einen Intel-Computer verschlüsselt worden. Und nun hatte man das Archiv geplündert?
    Der Gedanke, daß alles umsonst gewesen war, daß alles, was es enthielt, die ganze Entstehungsgeschichte der GW, alle Operationen und ihre Hintergründe, die Budgets, die weitverzweigten Finanzierungsquellen, das Netz der politischen und wirtschaftlichen Einflußnahmen, die Brückenköpfe, die man zu diesem Zweck in aller Welt aufgebaut hatte, dazu noch die Liste der Personen, die dieses Netz flochten, also die Liste der geheimen Förderer und Helfer in allen Staaten und Bereichen von Diplomatie, Geheimdiensten, Politik und Wirtschaft – der Gedanke, daß diese Daten geraubt und damit einem unkontrollierbaren feindlichen Zugriff ausgeliefert waren, war nicht nur so unvorstellbar, daß man ihn gar nicht zu Ende denken konnte, er war schlicht tödlich …
    »So. Und jetzt will ich mal eines wissen …« Ted Rocca beugte den Schädel vor. Seine Augen wirkten nicht länger starr, sie waren unheimlich lebendig geworden, sie glitzerten. »Wieso konnte sich ein windiger Typ wie Hilper in Lausanne als Verlagsbeauftragter aus Schönberg ausgeben? Hilper war doch gar kein Schreiber. Was hat euch bloß dazu gebracht, diese Sau für eine solche Geschichte loszuschicken?«
    Berg schrak aus der Apathie hoch, die er in den letzten zehn Minuten gezeigt hatte. »Martin Hilper war so eine Art ›Ausputzer‹ bei uns.«
    »Und was heißt das?«
    »Mädchen für alles, Ted. Außerdem: Er war im Schreiben begabt. Er war wirklich ziemlich intelligent, setzte sich unglaublich ein und hatte ein bestimmtes Talent, Kontakte zu knüpfen.«
    »Ein bestimmtes

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