Der Herr der zerstörten Seelen
irgendwann muß Ihnen jemand etwas Falsches beigebracht haben – und soll ich Ihnen sagen, was? – Diese moderne Mode: Cool sein ist alles.«
»Der Job hat mir's beigebracht.«
»Nicht nur der Job, Do. Cool sein ist schick, o ja … Nur leider kommt man nicht immer damit durch.«
»Hören Sie.« Ihre Stimme schwankte. »Wir kennen uns seit einigen Jahren. Aber Himmelherrgott noch mal: Vielleicht hat mich noch niemand so falsch eingeschätzt, wie Sie mich in diesem Augenblick einschätzen.«
Sie deutete mit dem Kinn auf das Fax. »Das ist nichts als eine erbärmliche Fälschung, um mich fertigzumachen. Und Sie wissen das. Eine lächerlich schäbige Fälschung dazu.«
»Die dreihunderttausend Dollar Schadenersatz, die man uns androht, halte ich nicht gerade für schäbig.«
»Androht, ja! Aber androhen und durchkommen sind zweierlei Stiefel. Oder halten Sie mich etwa für fähig, daß ich …«
»Natürlich nicht«, sagte Schmidt-Weimar. »Ich habe bereits Ronny Tiede beauftragt, nachzuforschen, was dieses ›New Science‹ für ein Laden ist und was es mit der Anwaltskanzlei und der sogenannten Watching-Kommission für eine Bewandtnis hat … Aber auch wenn wir uns in diesem Punkt einig sind: Wer, verdammt, kann ein Interesse haben, Ihnen das anzuhängen? Wer kocht denn eine solche Sauerei aus? Und warum?«
Wer? Do dachte an die Autobahn. An den VW-Bus. An die Stimme am Telefon heute morgen … Einen Augenblick lang war sie versucht, Schmidt-Weimar alles zu sagen, es ihm wie einen Haufen stinkenden, ungeordneten Müll vor die Füße zu kippen.
Aber dies war nicht der Zeitpunkt. Noch nicht …
Tennhaffs Bleistiftspitze brach ab … In der letzten halben Stunde hatte er alles über sich ergehen lassen, hatte nur stumm dagesessen. Manchmal hatte er gekritzelt, als mache er sich Notizen. Es waren Notizen in den militärischen Code-Kürzeln, die er auf der Akademie in Brandenburg gelernt hatte. Sie sahen sich alle ähnlich, denn es war schließlich immer dasselbe Wort, das er geschrieben hatte. Dreckschwein – Dreckschwein – Dreckschwein …
»Gibt's hier noch Kaffee?« Ted Rocca schüttelte die leere Kanne und stellte sie auf den Tisch zurück. »Und irgendwas zu essen. Ein Sandwich genügt. Wir fliegen anschließend sofort nach Cannero.«
Rister rannte wieder zum Telefon, und Rocca sprach weiter: »Im Fall Folkert geht's einfach darum, die Frau zu neutralisieren. Und damit meine ich, sie in ihrem gesamten Umfeld, also sozial, menschlich und beruflich derart unter Druck zu setzen, sie auf allen Gebieten so fertigzumachen, daß sie nicht nur jedes Selbstbehauptungsvermögen verliert, sondern dazu auch sämtliche Orientierungs- und Operationskriterien. Mit einem Wort, daß nichts mehr von ihr bleibt als ein Bündel von dampfendem shit .«
»Die ist ziemlich hart gesotten«, wandte Bohl ein.
»Na und? Wir auch. Und wir haben die Erfahrung, mit Hartgesottenen fertigzuwerden. Wir hatten da schon ganz andere Fälle, auch in unseren Reihen … Das ganze Problem habe ich schon mal in einer Instruktion behandelt: Umgang mit ›Aliens‹. Ich weiß nicht, wer das von euch gelesen hat. Tennhaff vielleicht?«
Tennhaff schüttelte den Kopf. ›Aliens‹? Fremde … Er hatte die Instruktion nicht gelesen. Er kannte nur einen Hollywood-Film über ein liebes kleines Mars- oder Sonst-was-Monster …
Für einen Ted Rocca aber wie für alle anderen hier waren gefährliche Monster alle diejenigen, die nicht zur GW gehörten, sich aber erdreisteten, die Organisation zu bekämpfen oder auch nur zu kritisieren. Sie waren ›Aliens‹. Und damit Freiwild, Feinde, die mit allen zu Gebote stehenden Mitteln abzuwehren waren.
»Es ist machbar!« Rocca hatte das Kinn auf beide Fäuste gestützt. Sein Blick ging starr an die Wand. »Muß machbar sein. Und was da getan werden kann, das läuft … Ich habe bereits vierzehn Leute auf sie angesetzt. Meine ganze Organisation arbeitet an diesem Fall. Omega will stündlich Bericht.«
Omega? Also doch … Es war das erste Mal, daß Tennhaff bei einer Konferenz diesen Namen im Zusammenhang mit einer Planung vernahm. Und mit was für einer Planung!
»Dieses Weib, die Folkert, hat also einen ziemlichen Einfluß? Und ihr meint, das würde die Sache komplizieren? Ihr werdet sehen, welchen Einfluß wir haben. Auch in der Bundesrepublik. Und wir werden alles, wir werden noch den letzten Kontakt mobilisieren, wir müssen einfach! Sonst sind wir nämlich im Arsch. Ihr alle hier am Tisch. Ihr
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