Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
flüsterte sie wieder und wieder. Sie hatte noch immer beide Hände vor das Gesicht gepreßt. Sie weinte. »Hanne«, schluchzte sie, »meine Hanne … meine liebe, arme Hanne …«
    »Was ist mit Hanne?«
    Sie drehte sich um und zeigte ihm ihr tränennasses Gesicht.
    »Sie haben sie umgebracht. Sie sind in mein Haus eingedrungen. Sie haben alles verwüstet, weil sie irgend etwas suchten … Sie haben Hanne gefesselt und ihr den Mund zugeklebt. Sie ist erstickt. Das …« Sie schrie jetzt wild: »Das ist dein Zufall!«
    Sie waren vor gut einer Stunde gelandet.
    Nach all dem Krach in der Hubschrauberkabine hatte die jähe Stille für Kati etwas Erschreckendes gehabt. Der Pilot schrieb etwas in sein Notizbuch. Der Amerikaner hatte die Luke geöffnet, war ausgestiegen, und ein kalter Windstoß fegte herein.
    Tennhaff aber schwieg.
    Kati hatte durch die Kunstglasverkleidung geblickt und am Rande des dunklen grauen Zementvierecks eine einsame schmale Gestalt gesehen. Es war ein Mädchen: blaue Wollmütze, grün-blaues Outfit, elegant geschnitten, eine Art Apres-Ski-Verpackung. Und im Hintergrund vor dem Berghang standen staffelförmige Häuser, links der Turm.
    Tennhaff hatte Kati die Schnalle des Sicherheitsgurtes aufgehakt.
    »Und jetzt?« flüsterte sie.
    »Jetzt werden wir sehen …« Er blickte ihr lange in die Augen. »Was sonst?«
    »Los!« Der Pilot war aus der Maschine geklettert, und auch Tennhaff schob sich aus dem Sitz, streckte den Arm aus, um Kati zu helfen. Und da war es wieder, dieses halb besorgte, halb aufmunternde Tennhaff-Gesicht: »Komm. Und denk daran … du weißt doch …«
    Sie war ausgestiegen. Der Wind war kalt, doch nicht so eisig, wie sie gedacht hatte. Und der Himmel über den dunklen Bergen färbte sich bereits rosa.
    Tennhaff hatte ihr ihre Tasche gegeben. Sein Blick suchte ihr Einverständnis, aber sie pfiff darauf. Und außerdem: Du weißt doch … Was wußte sie schon? Was wußte er? Dazu noch war er anschließend mit den anderen einfach weggelaufen und hatte sie mit dem Mädchen allein gelassen. Sie sei Chantal, sagte sie, sagte es auch noch auf französisch, von dem Kati ohnehin nur ein paar Brocken verstand.
    Kati hatte diese grauenhafte Monstertortenschachtel aus Stahl, Glas und Beton betrachtet, die in der Steinwüste wirkte, als habe sie irgendein bekiffter Hollywood-Film-Architekt in einem Alptraum erfunden. Sie sah, wie das Glas in den hohen Fensternischen so wolkenrosa aufleuchtete wie das Glas von Schönberg, und versuchte, eine Antwort auf die Frage zu finden, was das alles sollte.
    Chantal hob den Arm. »Komm! – Tu viens, Catherine?«
    ›Catherine‹? – Kati hatte genug! Genug davon, sich in Bewegung zu setzen, wenn irgend jemand den Arm hochnahm, genug, sich wegen irgendwelcher ›hoher Ziele‹, die man ihr bisher noch nicht einmal erklärt hatte, herumstoßen zu lassen wie ein bescheuertes Postpaket, ja, genug von allem!
    Doch was blieb ihr, als die Hände in den Parka zu stecken und in Teufels Namen hinter dieser Chantal herzustapfen? Die Häuser drückten sich in einer Dreierstaffelung mit den Rückfronten an den Berg. Jedes besaß seinen eigenen Balkon, seinen eigenen kleinen Garten. Links schloß sich eine weitere ähnliche Anlage an. Die Fassaden waren aus Naturstein, und alles zusammen hätte sicher einen ganz hübschen Anblick ergeben, wären da nicht die grau-silbernen Aluminium-Jalousien gewesen, die die meisten der Fenster und Türen schützten. Es waren nur wenige der Häuser bewohnt.
    »Im Sommer ist es hier viel lustiger.« Chantal hatte eine Tür aufgeschlossen. Sie sei Welsch-Schweizerin, hatte sie Kati erklärt. Nun fand sie auch zu ihren stark mit Schwyzerdütsch gefärbten Sprachkenntnissen zurück. »Im Sommer sind viele Jungen hier, weißt du. Aber jetzt …«
    Aber jetzt? Kati dachte es, als sie das Haus betrat. Es war zwar klein, aber modern, hell und hübsch … Irgend jemand schien eine besondere Vorliebe für die pastellfarbene blaugrüne Kombination zu haben, die Chantal trug, denn auch das Schlafzimmer war in Blau und Grün gehalten. Und auf der Bettdecke lag der gleiche blau-grüne Thermoanzug.
    »Deiner«, hatte Chantal gesagt.
    Eine Art Uniform wohl?
    »Und hier alles andere. Ein Mantel, Bettwäsche, was du haben willst. Gut, nicht wahr?« Chantal hatte ein hübsches rundes Gesicht, und in ihren Augen leuchtete die gleiche, Zustimmung erwartende Begeisterung, die Kati von den ›Brüdern‹ und ›Schwestern‹ in Schönberg kannte.
    Doch

Weitere Kostenlose Bücher