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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Cedar-City im Turm anhören würden. Es war das sogenannte Mittwoch-Briefing, Arjuns regelmäßige Ansprache an die ›Roshis‹, die leitenden Mitglieder der über die Welt verteilten GW-Zentralen.
    Tennhaff lehnte sich zurück. Er verspürte ein brennendes Verlangen nach einer Zigarette. In der Hektik und dem Streß der letzten Tage hatte er sich das Rauchen wieder angewöhnt, sich nun aber entschlossen, zu widerstehen, sich wenigstens in diesem Punkt nicht unterkriegen zu lassen. Als er den Kopf leicht nach links drehte, sah er das flache Profil von Ted Rocca, aus dem wie ein Geschützrohr eine dicke Zigarre ragte. Rocca rauchte nicht. Er kaute die Zigarre kalt.
    Tennhaff blickte auf die Leuchtziffern der vor ihm in die Konsole eingelassenen Uhr: zwölf Uhr zwanzig. Mitternacht vorbei … Er war hundemüde, und der Teufel mochte wissen, wie spät es jetzt irgendwo in den Bergen von Utah, USA, sein mochte. Die ganze Atmosphäre erinnerte ihn an das Ingenieurs- und Wissenschaftler-Team einer NASA-Mannschaft, die auf den Start einer Rakete wartet. Und ähnlich war es auch mit der knisternden Spannung im Raum.
    Vier der Monitoren waren eingeschaltet. Sie gehörten zur Überwachungsanlage. Die eigentliche Geländekontrolle aber befand sich in einem anderen Teil des Gebäudes. In der Mitte der Monitor-Reihe befand sich der Hauptschirm für die Übertragungen nach Cedar-City. Er war doppelt so groß wie die anderen. Nun wurde er lebendig. Das Standbild mit den beiden Buchstaben ›CC‹ erlosch, es gab ein kurzes, flimmerndes Lichtgestöber – und da war er, da war Arjun, diesmal im blauen Kaftan, der das schmale Gesicht mit den tiefliegenden, brennenden Augen noch blasser machte. Arjun schien ernst, sehr ernst, und wie er jetzt den Kopf leicht zur Seite neigte und das Kinn auf den wie zum Gebet verschlungenen Händen ruhen ließ, schien er jeden gleichzeitig in seinen Blick zwingen zu wollen. Stille. Dann:
    »Schwestern, Brüder! Jedes der Worte, die ich nun sprechen muß, wird mir schwer und wiegt auch schwerer als alles andere, das ich Euch bisher sagen konnte …«
    Er zog langsam und tief den Atem ein.
    »Doch es wäre Feigheit, nein, Sünde, länger zu schweigen, Sünde gegenüber Euch und gegenüber dem Geist der Welt, denn diese Welt, die ja nur die unsere sein kann, ist in Gefahr. Das Böse war schon immer in ihr, wie Ihr wißt. Das Böse gehört zu den polaren Gegensätzen, die unser Werden bestimmen. Nun aber hat es seine Kräfte zum Angriff formiert, hat sich neue Strukturen gegeben, wird mächtig und mächtiger, um uns im Kern und im Herzen zu treffen …«
    Arjun machte eine Pause. Seine Augen waren weit geöffnet und erhellten sich, als seien sie von spiegelndem Licht getroffen.
    »Für uns gibt es kein Zurück, und Ihr wißt es! Wir kennen nur das Weiter. Dieses Weiter ist der Befehl der Liebe. Wir kennen auch keine Furcht, denn wir wissen, was Schiwas Tanz uns sagt, daß nämlich Werden und Zerstörung sich bedingen, daß der Tod wie ein Samenkorn ist, aus dem neues Leben wächst, und die Zerstörung wie der Regen, der es befruchtet.
    Nein, Furcht kennen wir nicht. Und so werden wir, müssen wir ein Fanal setzen! Wir müssen es in Europa setzen, in Deutschland, denn dort formiert sich in diesen Tagen der Feind, und dieses Fanal muß die ganze Welt erreichen und ihr sagen: Hier sind wir! Und hier werden wir bleiben. Bis hierher und nicht weiter! Und nichts und niemand wird uns besiegen …«
    Die Stimme verklang. Auf dem Schirm war wieder das alte Zeichen: ›CC‹ – Cedar-City zu sehen. Ted Rocca ließ seinen Sessel weit in die Mitte des Raumes rollen, sah sich um, entzündete umständlich seine Zigarre, stieß eine dicke Rauchwolke aus und sah die anderen an, einen nach dem anderen, langsam und sehr genau. »Und jetzt?« sagte er.
    Keiner antwortete. Tennhaff, der bereits einige Arjun-Briefings erlebt hatte und sie meist ziemlich beeindruckend fand, fühlte etwas, das wie ein leichter, kühler Hauch in seinem Nacken war.
    »Und jetzt frage ich mich, was er mit dem ›Fanal‹ meint«, sagte Rocca langsam. »Ich frage nicht, woher er die Informationen hat. Von uns jedenfalls nicht. Cedar-City bleibt abgeschottet wie bisher, und das ist gut so. Ich frage mich nur eines: Ob er das ernst meint mit seinem Fanal?«
    Es herrschte noch immer Schweigen.
    »Für mich jedenfalls«, sagte Rocca, »ist es Zeit. Arjun hat recht. Es wäre das beste … Er kriegt sein Fanal.«
    Der Versuch, einen Mann wie Ted Rocca

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