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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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vielleicht kann er etwas Licht in das Dunkel bringen.« Er überflog das Inhaltsverzeichnis und schlug dann ein Kapitel ziemlich weit hinten auf.
    Der Manteceros:
    Der Manteceros, ein Geschöpf aus Dunst und Nebel, blickt von den Kriegsfahnen unserer Könige herab und verfolgt uns bis in unsere Träume. Er ist wohl nur eine Ausgeburt von Nennius’
    Phantasie, denn außer ihm hat niemand je behauptet, den Manteceros geschaut zu haben, und wer den König danach fragte, bekam nur ein Kichern zur Antwort – was für einen so kämpferprobten Krieger sehr ungewöhnlich war. Als ich Nennius einst zur Frage des Manteceros hartnäckig bedrängte, zwinkerte er mir zu und erklärte, eines Königs kostbarstes Gut sei eben der Humor. Freilich war Nennius damals schon alt und, wie ich befürchte, nicht mehr bei klarem Verstand. Der Leser sollte sich daher hüten, die Bemerkung allzu ernst zu nehmen. Dem lächerlichen Geschöpf noch mehr Raum, Zeit oder Tinte zu widmen, halte ich für Verschwendung. In den letzten fünf Jahren seines Lebens beschwor ich Nennius immer wieder, einen Feuerspeienden Drachen oder einen Bären zum Familienwappen zu wählen.
    Es war ein guter Rat. Doch er schlug ihn in den Wind!
    Warum nur? Warum?
    Garth hörte Gregorius’ Klage förmlich über die Jahrhunderte hinweg durch die große Bibliothek schallen.
    »Es könnte sein, daß die Fährte hier endet«, versuchte Harrald den Schlag zu mildern. »Ich wüßte wirklich nicht, wo ich sonst noch…«
    »Wartet!« warf Garth ein. »Habt Ihr diese Verse vielleicht schon einmal gehört?

    ›Reißt das Schicksal Himmel und Erde entzwei, Rast das Feuer und toben die Winde, Dann rufet den Traum; o setzet ihn frei, Damit den wahren König er finde.‹«
    Harrald runzelte die Stirn. »Wo habt Ihr das her? Es klingt wie ein Lied, mit dem die Frauen ihre Kinder in den Schlaf singen. Nein, wartet, das war nicht so gemeint. Laßt mich nachdenken.« Er klopfte mit den Fingern auf das zugeklappte Bestiarium, tiefe Furchen gruben sich in seine Stirn. Endlich sprang er auf. »Wartet hier!« bat er, griff nach dem Buch und verschwand damit abermals zwischen den Regalen.
    Wenig später kam er mit einer Schriftrolle wieder, die von einer verblichenen purpurroten Kordel zusammengehalten wurde. Harrald löste das Band und entrollte die Schrift. Das vergilbte Pergament war so alt, daß es an den Rändern zerfiel.
    Ein Netz aus feinen Sprüngen überzog die Oberfläche.
    Plötzlich sah Garth sich wieder vor der Felswand stehen, und die Risse vergrößerten sich, bis hinter dem Stein das grüngläserne Meer erschien und sich den Zutritt erzwang.
    »Geht es Euch gut?« Harralds besorgte Stimme vertrieb das Bild. Garth schüttelte sich und nickte.
    »Ja. Was ist das für eine Schrift?«
    »Ich habe sie selbst nie gelesen, aber ich erinnere mich, daß Bruder Rogem sie vor vielen Jahren einmal erwähnte. Ich war damals ein kleiner Junge und begann gerade mit meinem Noviziat. Sie heißt: ›Ein Verzeichnis von Proben und Prüfungen.‹«
    »Proben und Prüfungen?«
    »Ja, in der letzten Zeile Eures Gedichts ist von einer unbekannten Prüfung die Rede. Vielleicht werden wir hier fündig.«
    Dieses Werk hatte kein Inhaltsverzeichnis, deshalb mußte Garth seine Ungeduld bezähmen und untätig dasitzen, während der Mönch den gesamten Text überflog. Mit leisem Scharren entrollte er das alte Manuskript immer weiter, bis das Ende schließlich über die Tischkante fiel. Garth bückte sich, um es aufzuheben, aber Harrald winkte ab.
    »Das Pergament hält mehr aus, als man ihm zutraut. Ich glaube, ich habe etwas gefunden. Hört zu: Es mag der traurige Fall eintreten, daß mehr als ein Anwärter Anspruch auf den Thron von Escator erhebt. Sollte es dazu kommen, dann muß der Manteceros gerufen und aus dem Schattenkreis befreit werden, damit er die beiden Rivalen auf die Probe stelle. Der Manteceros wird sodann entscheiden, welcher der Ansprüche berechtigt ist.
    Dann folgt noch ein Gedicht«, murmelte Harrald. Es klang ärgerlich. Anstatt auf Schlüssel und offene Türen zu stoßen, wurden ihm nur immer wieder die Türen vor der Nase zugeschlagen.
    »Wer fordert den Thron? Wer wagt den Traum? Wagt ihn und…«
    » Wagt ihn und… weiter?« fragte Garth.
    »Und nichts weiter!« fuhr ihn Harrald an, entschuldigte sich aber sofort für seinen schroffen Ton. »Bedaure, aber das letzte Wort fehlt. Nur ein Strich zieht sich über das Pergament.«
    »Was hat das zu bedeuten?«
    Harrald holte tief

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