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Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Titel: Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Hitchens
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sind und vorgeben, sie leiten und inspirieren zu wollen. Oder diejenigen, die mit ihrer Leichtgläubigkeit ihre eigene Gesellschaft zum Stillstand gebracht haben, unterziehen nun nicht etwa ihre Handlungsweise einer Prüfung, sondern machen andere für ihre Rückständigkeit verantwortlich. Beides geschieht in der »spirituellsten« aller Gesellschaften.
    Zwar bedauern heute viele Buddhisten jenen erbärmlichen Versuch, ihre Überlegenheit zu demonstrieren, doch konnte seither auch kein Buddhist nachweisen, dass der Buddhismus nach eigenen Maßstäben im Irrtum war. Ein Glaube, der den Verstand und das freie Individuum gering schätzt, Unterwerfung und Resignation predigt und das Leben als ein ärmliches und vorübergehendes Stadium betrachtet, ist nicht gerade für Selbstkritik prädestiniert. Wer von den konventionellen Bibelreligionen gelangweilt ist und »Erleuchtung« sucht, indem er seine eigenen kritischen Fähigkeiten gewissermaßen im Nirwana verschwinden lässt, sei gewarnt: Er mag glauben, er verlasse das Reich des geschmähten Materialismus. Dennoch wird er gebeten, seine Vernunft schlafen zu schicken und seinen Verstand zusammen mit den Sandalen am Eingang abzugeben.

Kapitel fünfzehn:

Religion als Erbsünde

Die Religion ist gleich in mehrfacher Hinsicht nicht nur amoralisch, sondern entschieden unmoralisch. Die Ursachen für Verfehlungen und Verbrechen sind dabei nicht so sehr im Verhalten ihrer Anhänger zu suchen, das bisweilen sogar vorbildlich ist, sondern in den religiösen Grundsätzen. Dazu gehört:
    • dass die Religion den Unschuldigen und Leicht-
gläubigen ein falsches Bild von der Welt vorgaukelt
    • die Lehre vom Blutopfer
    • die Lehre vom Sühneopfer
    • die Lehre von der ewigen Belohnung und/oder
Bestrafung
    • das Auferlegen unerfüllbarer Aufgaben und Regeln
    Der erste Punkt wurde bereits erläutert. Sämtliche Schöpfungsmythen sämtlicher Völker dieser Welt sind seit Langem widerlegt und wurden vor nicht allzu langer Zeit von ungleich schlüssigeren und faszinierenderen Erklärungen abgelöst. Ihre lange Liste von Entschuldigungen sollten die Religionen durch die Abbitte dafür ergänzen, dass sie den nichts ahnenden Gläubigen erst menschgemachte Pergamente und volkstümliche Mythen andrehten und dann so lange damit warteten, dies auch einzugestehen. Der Widerwille gegen dieses Bekenntnis ist geradezu spürbar, könnte es doch die gesamte religiöse Weltsicht sprengen. Doch je länger es hinausgezögert wird, desto schmachvoller wird das Dementi sein.

    das blutopfer
    Bevor der Monotheismus aufkam, klebte an den Altären der primitiven Gesellschaften Blut, das auch von Menschen, zum Teil sogar von Kindern stammte. Der Durst zumindest nach Tierblut ist bis heute ungestillt. Fromme Juden versuchen derzeit, die im 4. Buch Mose, Kapitel 19, erwähnte »rötliche Kuh ohne Fehler« zu züchten. Wird sie exakt nach dem vorgeschriebenen Ritual geschlachtet, so wird sie die Wiederaufnahme der Tieropferungen im Dritten Tempel ermöglichen sowie das Ende aller Tage und die Ankunft des Messias einläuten. Es mag absurd klingen, doch während ich diese Worte schreibe, versuchen fanatische christliche Landwirte in Nebraska ihren fundamentalistischen Freunden zu helfen, indem sie mittels spezieller Zuchttechniken, die sie der modernen Wissenschaft zu verdanken haben, ein perfektes »Red Angus« züchten. In Israel arbeiten derweil jüdische Bibelfanatiker daran, in einer von Verunreinigungen freien »Blase« ein menschliches Kind aufzuziehen, das mit Erreichen des richtigen Alters die Ehre haben wird, dieser Kuh die Kehle durchzuschneiden. Die Zeremonie sollte idealerweise auf dem Tempelberg stattfinden, wo Abraham das Messer über dem lebendigen Körper seines eigenen Kindes erhoben haben soll. Dort befinden sich aber nun leider die heiligen Stätten der Muslime. Das Schlachten und Ausnehmen, vor allem von Lämmern, ist in der christlichen und muslimischen Welt zu Ostern oder zum Opferfest Eid al-Adha recht verbreitet.
    Letzteres – erinnernd an Abraham, der bereit war, seinen Sohn zu opfern – ist allen drei monotheistischen Religionen vertraut und leitet sich von ihren primitiven Vorläufern ab. Die Bedeutung der furchtbaren Geschichte liegt auf der Hand und lässt sich nicht beschönigen. Voraus geht ihr eine ganze Reihe von Widerwärtigkeiten und Täuschungsmanövern: von der Verführung des Lot durch seine beiden Töchter über die Hochzeit Abrahams mit seiner Stiefschwester bis

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