Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet
Blick in die Geschichte der Furcht vor der Sexualität und ihrer Ächtung durch die Religion wirft, dem offenbart sich der beunruhigende Zusammenhang zwischen extremer Lüsternheit und extremer Repression. Fast jeder sexuelle Impuls wurde zum Anlass für Verbote, Scham- und Schuldgefühle. Manueller Sex, oraler Sex, analer Sex, Sex ohne Missionarsstellung – nichts ließe sich denken, worauf nicht ein schrecklicher Bann läge. Selbst im modernen hedonistischen Amerika wird in den Gesetzen mehrerer Bundesstaaten alles, was nicht unmittelbar der heterosexuellen Fortpflanzung von Angesicht zu Angesicht dient, als Sodomie definiert.
Daraus ergeben sich schwere Einwände gegen das göttliche »Design«, egal ob wir es nun als »intelligent« bezeichnen oder nicht. Die menschliche Art ist ganz offensichtlich dazu geschaffen, mit ihrer Sexualität zu experimentieren. Das ist der Geistlichkeit natürlich bekannt. Als Dr. Samuel Johnson das erste große Wörterbuch der englischen Sprache vollendet hatte, wurde er von einer Delegation ehrbarer älterer Damen besucht, die ihn dazu beglückwünschen wollten, keine unanständigen Wörter aufgenommen zu haben. Seiner Antwort – mit Interesse stelle er fest, dass die Damen offenbar jene Wörter nachgeschlagen hätten – ist nichts hinzuzufügen. Orthodoxe Juden vollziehen vielleicht nicht den Akt durch ein Loch im Laken, doch ihre Frauen müssen sich rituellen Bädern unterziehen, um sich vom Schmutz der Menstruation zu reinigen. Muslime bestrafen einen Ehebrecher, indem sie ihn öffentlich auspeitschen. Christen leckten sich die Lippen, während sie Frauen auf Hexenmerkmale untersuchten. Ich brauche die Liste nicht weiter fortzuführen: Jedem Leser dieses Buches wird ein eingängiges Beispiel einfallen, und wenn nicht, wird er zumindest erraten, worauf ich hinauswill. Dass Religion vom Menschen geschaffen und anthropomorph ist, geht auch eindeutig daraus hervor, dass sie überwiegend vom Mann gemacht wurde. Die am längsten ununterbrochen genutzte heilige Schrift, die Thora, heißt den Gläubigen, seinem Schöpfer täglich dafür zu danken, dass er nicht als Frau zur Welt kam – womit sich erneut die dringliche Frage stellt: Wer, wenn nicht der Sklave, dankt seinem Herrn für eine Entscheidung, die sein Herr getroffen hat, ohne ihn vorher zu fragen? Im Alten Testament, wie es die Christen herablassend nennen, wird die Frau aus dem Mann geklont, um ihm zu Diensten zu sein. Im Neuen Testament spricht Paulus mit Furcht und Verachtung von der Frau. In allen religiösen Texten herrscht die primitive Furcht, die Hälfte der menschlichen Rasse sei befleckt und unrein, gleichzeitig aber eine sündhafte Versuchung, der man(n) unmöglich widerstehen könne. Liegt hier die Erklärung für den hysterischen Jungfrauen- und Jungfräulichkeitskult, die Furcht vor dem Frauenkörper und die Angst vor den weiblichen Fortpflanzungsorganen? Falls jemand die sexuellen und anderen Grausamkeiten der Religionen erklären kann, ohne sich auf die Obsession mit der sexuellen Enthaltsamkeit zu berufen, bitte schön – ich kann es nicht. Wenn ich im Koran die nicht enden wollenden Verbote zur Sexualität und das dekadente Versprechen orgiastischer Ausschweifungen im nächsten Leben lese, muss ich lachen. Diese Taktik ist so durchsichtig wie das Kinderspiel »Tun wir so, als ob«, nur dass man sich nicht an der kindlichen Unschuld erfreuen kann. Die wahnsinnigen Mörder vom 11. September – die auf Beförderung zu wahnsinnigen Völkermördern hofften – mögen von Jungfrauen versucht worden sein, doch viel schlimmer ist, dass sie wie viele ihrer Dschihadistenfreunde Jungfrauen waren . Wie einst die Mönche werden die Fanatiker früh aus ihren Familien gerissen und gelehrt, ihre Mütter und Schwestern zu verachten. Sie wachsen auf, ohne je mit einer Frau ein normales Gespräch zu führen, geschweige denn ein normales Verhältnis zu pflegen. Das allein ist schon krankhaft. Das Christentum ist zu verklemmt, um Sex im Paradies in Aussicht zu stellen – ja, es ist ihm nicht einmal gelungen, überhaupt einen verlockenden Himmel zu entwerfen – dafür verspricht es sexuell Abtrünnigen sadistische Strafen in Hülle und Fülle und bis in alle Ewigkeit, was fast dieselbe Wirkung hat und auf anderem Weg zum gleichen Ziel führt.
Ein spezielles Subgenre der modernen Literatur ist die Autobiografie von Männern und Frauen, die in den Genuss einer religiösen Erziehung kamen. Für manche dieser Autoren ist die
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