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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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wahnsinnig vor Angst um sie. Jetzt beruhigte er sich. Er sah, daß sie schwankte und jegliche Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war. »Wer?« fragte er wieder. »Wer hat dir das angetan?« Sie zuckte zusammen.
    Ruhiger fuhr er fort: »Erzähl mir, was geschehen ist.«
    »Ich bin gefallen, nichts weiter. Ich bin gefallen und muß wohl kurz das Bewußtsein verloren haben. Es geht mir wieder gut, Merrik.« Während sie sprach, flog ihr Blick immer wieder ängstlich über die Schulter den engen Pfad hinauf.
    »Und im Sturz hast du dir das Kleid zerrissen? Sag mir, wer das getan hat!« Sie wich zurück. Erst jetzt erkannte er das Ausmaß ihrer Angst.
    Er zog sie an sich, und seine Hände strichen behutsam über ihre Schultern. Seine Stimme klang tröstend: »Sag mir, was passiert ist.«
    »Ich will ins Haus zurück. Bitte, Merrik, ich möchte fort von hier. Ich muß!«
    Ihre Furcht war geradezu greifbar. »Du gehst nirgendwo hin, bevor du mir nicht gesagt hast, was passiert ist.«
    Sie begann zu zittern. Sie wußte, daß Merrik mit seinem Bruder einen Kampf austragen würde. »Erik ist dort oben. Er hat mir das Kleid zerrissen, aber mehr ist nicht passiert. Ich schwöre es. Ich habe ihm mein Knie in die Lenden gerammt, wie dir damals in Kiew. Und ich hörte, wie er schrie und laut stöhnte. Aber jetzt muß er schon wieder in Ordnung sein. Er wird herunterkommen und mich mit dir sehen. Und dann wird er mich von dir wegreißen, oder du wirst mit ihm kämpfen, und das darf nicht geschehen. Brüder dürfen nicht miteinander kämpfen!«
    Wortlos blickte er den Pfad hinauf.
    Sie versuchte schlotternd vor Angst, sich ihm zu entwinden.
    »Wie lange warst du ohne Bewußtsein?«
    »Wie soll ich das wissen? Bitte Merrik, laß mich los. Er darf mich hier nicht finden!«
    »Vor mehr als einer Stunde wolltest du ins Haus zurückgehen. Ich wurde unruhig und machte mich auf die Suche nach dir.«
    »Eine Stunde?« Sie sah ihn ungläubig an. »Das kann nicht sein. Das ist zu lang, Merrik!«
    Seine Finger festigten sich um ihre Arme. Sie drehte sich um und sah Oleg und hinter ihm den Alten Firren den Weg heraufkommen.
    »Laren, du bleibst hier!« befahl Merrik. »Rühr dich nicht von der Stelle. Hast du verstanden?«
    »Warum? Wohin gehst du?« Ihre Stimme klang schrill, und sie zitterte heftiger.
    Da nahm er sie bei der Hand und zog sie hinter sich her. »Kommt Oleg, Firren. Wir müssen nachsehen, ob Erik etwas zugestoßen ist.«
    Sie fanden ihn oben auf dem Felsvorsprung. Er lag auf dem Gesicht, sein rechtes Bein hing über dem Abgrund. Sein Hinterkopf war zerschmettert.
    In der rechten Hand hielt er ein Stück Wolltuch — den Fetzen, den er aus Larens Mieder gerissen hatte.

Kapitel 15
    »Elende Sklavin, du hast ihn umgebracht, und deshalb mußt du sterben. Ich werde lächelnd zusehen, wie du deinen letzten Atemzug aushauchst. Ich fürchte deinen Geist nicht, denn man wird dich tief in die Erde versenken, und das Böse wird mit dir verfaulen.«
    Laren hob den Kopf und blickte in Lettas Gesicht, das im dämmrigen Licht der Schlafkammer kaum zu erkennen war. Sie hatte tief geschlafen und Trost im Vergessen gesucht, nachdem Sarla ihr einen Schlaftrunk gegeben hatte. Und nun hörte sie Lettas haßerfüllte Stimme.
    »Jetzt wirst du bezahlen, du Hure. Erik hatte das Recht, dich zu nehmen. Und du hast ihn erschlagen. Nun wird Merrik dich töten. Es ist seine Pflicht als Eriks Bruder.«
    »Ich habe Erik nicht getötet.«
    »Lügnerin. Niemand sonst war auf dem Rabengipfel. Nur du und Erik. Kein Mensch glaubt deine Ausflüchte. Die Männer beraten gerade, was mit dir geschehen soll. Und Merrik schweigt. Er ist nicht auf deiner Seite.«
    »Ich habe Erik nicht getötet«, wiederholte sie. Ihre Stimme klang hohl. Niemand würde ihr glauben.
    »Du hast lange geschlafen. Sarla denkt, das sei das beste für dich. Sie wollte verhindern, daß die Männer dir einen Strick um den Hals legen, wenn du zu Eriks Begräbnis erschienen wärst. Ja, sie hätten dich aufgehängt. Sarla will dich beschützen. Aber es hilft dir nichts. Du wirst sterben, elende Mörderin.«
    »Wie geht es Sarla?«
    Letta lächelte böse. »Sie hat nicht nur einen Mann verloren, der sie gelegentlich für ihren Ungehorsam züchtigte, sondern noch viel mehr. Sie hat Malverne verloren, obwohl ihr das noch nicht bewußt ist. Malverne gehört jetzt Merrik. Ihm allein. Und nicht der dummen Gans, die unfruchtbar ist wie eine Greisin. Es gibt nur Eriks Bastarde, und keiner ist sein

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