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Der Herzausreißer

Der Herzausreißer

Titel: Der Herzausreißer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Vian
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Kreis herumliefen, bis ihnen schwindelte.
    »Reden wir von was anderem«, sagte er.
    »Sind Sie derjenige, der in meinen Kleiderschränken wühlt?«, fragte sie plötzlich.
    Jacquemort zögerte erstaunt.
    »Wie bitte?«
    »Sie haben genau gehört.«
    »Nein«, sagte er. »Ich war es nicht. Wie kommen Sie darauf, dass ich in Ihren Kleiderschränken etwas suchen könnte. Ich habe genügend anzuziehen.«
    »Oh ...! Das tut nichts zur Sache«, versicherte sie. »Vielleicht irre ich mich auch. Ich habe den Eindruck, dass mir jemand in regelmäßigen Abständen überall die Finger drin hat. Das müssen selbstverständlich nicht Sie gewesen sein.«
    Er wies mit dem Kinn auf das Dienstmädchen, das ihnen gerade den Rücken zukehrte.
    »Oh nein«, sagte Clémentine. »Bestimmt nicht. Was sollte es ihr außerdem nützen, wenn sie’s verstecken muß? Mir ist es egal. Ich ziehe die Sachen doch nie an. Oder fast nie.«

13
    24. Juli
    »Das hätten wir«, sagte Angel und richtete sich wieder auf.
    Er hatte gerade zur Hälfte den Bremsklotz angesägt, der das Boot auf seinen Schienen zurückhielt. Alles war fertig. Ein Boot von zehn Metern Länge aus hellem Holz, den Bug geschnitten wie ein Phönizierschwert, versehen mit einem leichten Bootssteg, für den im Augenblick nur die bronzen schimmernden Halterungen am Rumpf montiert waren. Das stark gewölbte Deck ließ durch die Ausbuckelung im hinteren Teil auf eine darunter befindliche kleine Kajüte schließen. Jacquemort beugte sich vor und betrachtete den Bootsrumpf. Elf Paar mechanische Füße ragten auf die ganze Länge verteilt daraus hervor.
    »Das wird ganz schön dahinflitzen«, bemerkte er.
    »Ziemlich«, sagte Angel.
    »Für einen Amateur«, fuhr Jacquemort fort, »haben Sie sich außerordentlich gut geschlagen.«
    »Ich bin kein Amateur«, sagte Angel.
    »Also gut«, sagte Jacquemort erneut, »für einen Fachmann haben Sie sich außerordentlich gut geschlagen.«
    »Ich bin kein Fachmann«, sagte Angel.
    »Was denn sind Sie dann eigentlich?«, fragte Jacquemort etwas gereizt.
    »Fangen Sie bloß nicht wieder an, Fragen zu stellen. Das ist eine bedauerliche Unart von Ihnen.«
    Jacquemort hätte sich aufregen können, sicher, aber sein Temperament ließ es nicht soweit kommen. Er suchte nach passenden Worten für einen Mann, der wegfährt. Für lange Zeit. Auf einem nicht sehr sicheren Boot. Letzten Endes. Und trotz der elf Paar mechanischer Füße.
    »Stehen Sie mit Ihrer Frau noch immer auf demselben Fuß?«
    »Ja«, sagte Angel. »Sie ist eine ...«
    Er unterbrach sich.
    »Es ist nichts. Ich habe dazu nichts zu sagen. Frauen und Männer leben nicht auf derselben Ebene. Aber ich bedaure nichts.«
    »Auch nicht Ihre Kinder?«
    »Glücklicherweise«, sagte Angel, »kenne ich sie noch gar nicht. So wird es mich nicht schmerzen.«
    »Sie werden Ihnen aber fehlen«, versicherte der Psychiater.
    »Ich weiß«, sagte Angel. »Aber es gibt immer irgendetwas, das einem fehlt. Soweit es etwas Wichtiges ist.«
    »Kinder, die ohne Vater aufwachsen ...«, fing Jacquemort an.
    »Hören Sie«, sagte Angel, »kommen Sie mir nicht wieder damit. Ich fahre weg. Ich fahre sowieso weg. Und damit hat sich’s.«
    »Sie werden absaufen«, sagte Jacquemort.
    »Das Glück wird mir nicht beschieden sein.«
    »Wie banal Sie sind!«, bemerkte Jacquemort verächtlich.
    »Schamlos banal«, sagte Angel.
    »Ich weiß gar nicht, was ich darauf antworten soll.«
    »Das versteht sich«, kommentierte Angel sarkastisch. »Jetzt bin ich an der Reihe mit Fragenstellen. Wie weit sind Sie mit Ihren großen Projekten gekommen?«
    »Nichts«, sagte Jacquemort. »Bis jetzt habe ich eine Katze gehabt und sonst nichts. Ich habe es auch mit einem Hund versucht, aber da hatte mir die Katze schon einen heftigen und unangenehmen Konflikt verursacht, und so habe ich damit aufhören müssen. Außerdem hätte ich viel lieber einen Mann. Oder eine Frau; auf jeden Fall ein menschliches Wesen.«
    »Mit wem haben Sie im Moment Umgang?«
    »Ich werde demnächst das Dienstmädchen vom Hufschmied kennenlernen. Durch die Gemischtwarenhändlerin.«
    »Gehen Sie jetzt schon zur Gemischtwarenhändlerin?«
    »Nein ... ich weiß nicht ... die Damenschneiderin, meinte ich. Lustig übrigens, sie macht alle Kleider Ihrer Frau, nicht wahr?«
    »Nie im Leben«, sagte Angel. »Clémentine hat alles von auswärts mitgebracht. Sie geht nie ins Dorf.«
    »Sehr zu unrecht«, sagte Jacquemort. »Es gibt da allerhand zu sehen.«
    »Ach hören Sie

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