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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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wie du...«
    »Du meinst also... dass er...«
    Ich nickte wieder.
    »Aber - warum?«
    Darauf wusste ich auch keine Antwort. »Ich hoffte, das könntest du mir sagen.«
    »Keinen Schimmer...« Er sah vor sich auf den Tisch, doch ich bezweifelte, dass er irgend etwas von dem wahrnahm, was sich darauf befand.
    »Ich denke nach wie vor nicht darüber nach, was da mit mir geschehen ist...«, bestätigte er meine Vermutung, »...Und ich kann nach wie vor nicht in einen Spiegel sehen, wenn ich nackt bin... Aber ich will wissen warum! Ich kann nicht begreifen warum! Deswegen fand ich das auch mit Daniele so logisch. Es ergab zumindest einen Sinn für mich. Dass ich fühlen sollte wie er... aussehen wie er...«
    »Aber er war es nicht...«
    »Ich weiß, und trotzdem...«
    »Es ist ja auch nur eine Vermutung, bisher...«
    Er nickte, aber er sagte nichts weiter dazu.
    »War es das?«, fragte er abschließend, nachdem wir unseren Café ausgetrunken hatten.
    Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, ihn noch etwas zu fragen, aber angesichts seiner Reaktion hob ich mir das für einen späteren Zeitpunkt auf.
    Denn ich plante eine weitere Reise in die Vergangenheit Danieles, ganz ähnlich der zu seiner Beerdigung. Wieder mit einem Umschlag im Gepäck, wieder mit Kopien seiner Erinnerungen und Gedanken. Doch dieses Mal vermutlich mit anderen Folgen, Weitreichenderen, wie ich hoffte. Es hatte etwas mit Edmonde Dantes zu tun. Vielleicht ging es sogar über simple Rache hinaus.
    Das hoffte ich zumindest ...

17.

    Alles, was mich am eigenen Verstand zweifeln lässt, behagt mir nicht. Wem schon? Daher waren Déjà-vus nicht so mein Ding.
    Jenes, welches mir zwei Tage nach dem Gespräch mit Shiro widerfuhr, war allerdings die denkbar unangenehmste Variante, die ich bis dahin erlebt hatte.
    Alles begann wie ein ganz normaler Abend im 'Luro'. Acht Reservierungen, sechs Logis-Gäste, überwiegend Menüs, ein paar à la Carte Bestellungen, das Gängige...
    So gegen 22 Uhr waren bis auf zwei Tische die meisten Hauptgänge serviert, und Entspannung begann sich in der Küche breit zu machen.
    Bis Beppo zur Schwingtüre hereinkam.
    »Da will dich jemand sprechen...«
    »...Ein Gast?«
    »Nein Privat, so wie es aussieht... Einmal den Barsch, einmal den Hasen und zweimal das Rossini ... sitzt an Tisch zwölf, Luca, wie immer... Die Rossinis medium ...«. Und damit verschwand er, von woher er gekommen war.
    Ich legte mein Handtuch zur Seite, sah kurz zu Chip, die mir mit einem Nicken ihr Okay signalisierte, wusch meine Hände, hängte meine Kappe an den Haken und ging in den Speisesaal.
    Als ich dann, gedanklich noch bei der Arbeit, Tisch zwölf ansteuerte, folgte völlig unvermittelt das, was ich bis heute als einen der eindrücklichsten Schocks meines Lebens in Erinnerung habe. Denn dort saß, wie schon vor Monaten - Daniele. Ein Zweifel war absolut ausgeschlossen.
    Sein glattes, hellbraunes, kinnlanges Haar, dazu die Statur, die Zartheit seiner Schultern. Ich blieb wie angewurzelt stehen, spürte, wie mir das Blut schlagartig in die Beine sackte und für einen kurzen Moment das Atmen aussetzte. Es konnte einfach nicht sein, durfte nicht...
    Im Nachhinein hätte mir auffallen müssen, dass das Haar grau durchwirkt und nicht hellbraun gewesen war, die Schultern etwas zu flach abfielen und auch die Haltung nicht ganz der Danieles entsprach, doch in diesem speziellen Moment ergänzte und komplettierte mein Verstand all die Unstimmigkeiten, fügte sie neu zusammen, kaschierte Farben und Struktur, füllte Fragliches mit Erinnerungen, und heraus kam, et voilà - Daniele.
    »Ich hoffe sehr, dass sie bereit sind, einen Moment ihrer Zeit für mich opfern...«
    Das bat mich Maria Sabricci, den Blick verunsichert auf den Platzteller vor sich geheftet, nachdem ich leichenblass ihr gegenüber Platz genommen hatte.
    Einen Moment lang starrte ich sie einfach nur an, immer noch fassungslos über das gerade Erlebte, über die verstörende Ähnlichkeit, dabei unfähig, ihr diese Frage zu beantworten.
    »Beppo!«, rief ich heiser »...Einen doppelten Poli - und...« Ich versuchte so etwas wie ein neutrale fragendes Gesicht hinzubekommen.
    »Ein Glas Weißwein bitte...«
    »...Und einen Vernaccia...«
    Selbst ihr Tonfall erinnerte mich an Daniele. Nicht die Stimme, eher, wie sie sie modulierte.
    Hilfe ...
    ·
    Der Kater am nächsten Morgen hatte es in sich.
    Zuerst erwachte mein Körper.
    Dann - nach einiger Zeit - der Verstand.
    Wenn es so kommt - und das kannte ich

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