Der Herzensbrecher
die auf dem Nachttisch stand. Gelbes Licht warf flackernde Schatten an die kahlen Wände.
»Im Claridge oder im Warwick Hotel wären Sie besser untergebracht«, meinte Randolf gedehnt.
»Nehmen Sie Platz.« Sloan ignorierte den Kommentar, wies auf den einzigen Sessel, einen hölzernen Schaukelstuhl, und setzte sich auf die Bettkante, den Revolver im Schoß.
Zögernd folgte Randolf der Einladung. »Sie haben heute auf meiner Bank eine höhere Summe in Miss Ashfords Namen eingezahlt.«
»Und?«
Randolfs schwarze Augen verengten sich. »Nachdem ich mich telegraphisch nach Ihrer Situation erkundigt habe, bin ich etwas besorgt. Sie befinden sich in einer äußerst schwierigen finanziellen Lage, die sich zweifellos noch verschlechtern dürfte, wenn der Rindermarkt in diesem Frühling erwartungsgemäß zusammenbrechen wird.«
»Warum interessieren Sie sich für meine Finanzen, Randolf?« Mühsam bezähmte Sloan seinen Zorn.
»Weil Sie die Frau heiraten wollen, die ich hebe. Den Verlust einer so hohen Summe können Sie sich nicht leisten. Deshalb möchte ich Ihnen einen Vorschlag unterbreiten.«
»Ich höre.«
»Wenn ich Ihnen hunderttausend Dollar gebe würden Sie nach Colorado zurückkehren, ohne Miss Ashford zu heiraten?«
Sloan hob die Brauen. »Versuchen Sie mich zu bestechen?«
»Nennen wir's ein Investment. Wir bewerben uns beide um Miss Ashfords Hand. Und ich verliere nicht gern.«
»Erwarten Sie tatsächlich, ich würde mich heimlich aus der Stadt schleichen und meine Braut einfach vor dem Traualtar stehenlassen?« fragte Sloan belustigt.
»Ich würde mich in Ihrem Namen bei Miss Ashford entschuldigen. Natürlich braucht sie nur zu erfahren, dass Sie sich anders besonnen haben.«
Ein paar Sekunden lang blickte Sloan nachdenklich vor sich hin. Wenn er auf die Heirat verzichtete, würde das einen Großteil seiner Probleme lösen. Er könnte die Hypothek sofort tilgen. Und er müsste sein Leben nicht mit der falschen Ehefrau verbringen.
Aber dann erinnerte er sich an Heather Ashfords stolz erhobenes Kinn, an den herausfordernden Glanz in ihren goldbraunen Augen, und er schüttelte den Kopf. »Nun verstehe ich, warum Miss Ashford Ihren Antrag abgelehnt hat. Glauben Sie, mit Geld könnte man alles erreichen? Haben Sie auch versucht, meine Braut zu kaufen?«
»Bevor Sie mein Angebot ablehnen, sollten Sie sich's gründlich überlegen.«
»Nicht nötig. Behalten Sie Ihre Dollars. Ich habe Miss Ashford mein Wort gegeben. Und das bedeutet in meiner Heimat sehr viel.«
Randolf holte tief Atem. »Seien Sie versichert - ich handle nicht nur aus Selbstsucht. Immerhin kann ich Miss Ashford das Leben bieten, das sie verdient. Sind Sie dazu in der Lage?«
Gleichmütig zuckte Sloan die Achseln. »Ich biete ihr das Leben, das sie sich wünscht.« Als er Randolfs Blick erwiderte, wusste er, dass er sich die erbitterte Feindschaft des arroganten Millionärs zugezogen hatte.
»Nur damit Sie gewarnt sind - ich werde Sie im Auge behalten. Und wenn Sie nicht gut für Miss Ashford sorgen, müssen Sie sich vor mir verantworten.« Ohne ein weiteres Wort sprang Randolf auf, verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Fluchend strich sich Sloan das Haar aus der Stirn. jetzt verstand er wenigstens, warum Heather Ashford auf der Hochzeit beharrte. Um Evan Randolf zu entrinnen, würde sie vermutlich jeden Mann heiraten - sogar einen Fremden, der sie gar nicht wollte.
Wahrscheinlich wird man meine Hochzeit nicht in den Klatschspalten erwähnen, dachte Heather, als sie mit ihrem Bräutigam vor einen improvisierten Altar trat. Das Ereignis war zu unwichtig, das Fest viel zu schlicht, um Aufmerksamkeit zu erregen. Nur ein paar enge Freunde hatten sich eingefunden. Dafür war sie dankbar. Eine größere Menschenmenge hätte sie nicht ertragen.
Während ihr Herz wie rasend schlug, stand Sloan McCord ruhig und gelassen neben ihr, in einem maßgeschneiderten dunkelgrauen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte. Heathers Freundinnen musterten ihn hingerissen und waren tief enttäuscht, weil das Brautpaar noch am selben Tag abreisen würde. Aber sie akzeptierten Heathers Erklärung, er müsse möglichst schnell zu seiner kleinen Tochter zurückkehren und sich wieder um die Ranch kümmern.
Neidlos bewunderten sie das Brautkleid, ein Worth-Modell aus Paris, das Heathers Mutter getragen hatte und das für eine fashionable Hochzeit in New York entworfen
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