Der Herzensbrecher
zufrieden und sah ganz anders aus als der harte, verbitterte Mann, den Heather kannte. Nur wenn er mit seinem Kind spielte, erblickte sie ein schwaches Echo jenes Lächelns und empfand heftigen Neid.
Er begegnete ihr so kühl und distanziert wie eh und je. Einmal erschreckte er sie sogar An einem späten Nachmittag, zu Beginn ihrer zweiten Woche in Colorado, fand sie in der Ecke eines Schranks einen perlenbesetzten Wildledermantel mit getrockneten Blutflecken, brachte ihn in die Küche und versuchte ihn über dem Spülbecken zu reinigen.
»Was zum Teufel machst du da?« Sloans scharfe Stimme ließ sie zusammenzucken. Auf lautlosen Sohlen war er hereingekommen.
»Ich - ich wollte die Blutflecken herauswaschen«, stammelte sie.
Erbost entriss er ihr den Mantel.
»Rühr das nie wieder an, hörst du?« Dann wandte er sich ab, und sie starrte ihm verwirrt nach, als er die Treppe hinaufstürmte, ohne seine Tochter zu begrüßen.
Trotz allem hatte Heather manchmal das Gefühl, sie wäre tatsächlich mit ihm verheiratet. Abends saßen sie im Arbeitszimmer. Während er die Rechnungsbücher durchsah, nähte sie. Er hatte sie zwar nicht ausdrücklich in seine maskuline Domäne eingeladen, aber er verwehrte ihr auch nicht den Zutritt. Nachdem sie Janna ins Bett gebracht hatte, pflegte sie Sloan in diesem gemütlichen Raum zu erwarten.
Als der Schnee vorübergehend taute, lernte sie einige Nachbarn kennen. Mehrere Frauen statteten ihr einen Besuch ab und brachten kleine Geschenke mit, um die neue Mrs. McCord in der Gemeinde willkommen zu heißen. Erfreut genoss Heather die Abwechslung in ihrem eintönigen Dasein.
Eines Tages fuhr sie mit Janna und Rusty in die Stadt, weil sie im Gemischtwarenladen ein paar Vorräte kaufen wollte.
Greenbriar, in einem Tal zwischen Gebirgsausläufern gelegen, hatte eine Kirche, einen Saloon, ein Gefängnis, einen Barbier, ein Badehaus, eine Schmiede, einen Mietstall und mehrere Geschäfte zu bieten. Zu beiden Seiten der ungepflasterten, schlammigen Main Street führten hölzerne Gehsteige an den Häusern vorbei.
Mit Rustys Hilfe stieg sie vom Wagen. Das kleine Mädchen im Arm, überquerte sie vorsichtig den glitschigen Gehweg und betrat den Gemischtwarenladen. In einer Ecke verbreitete ein Holzofen angenehme Wärme.
»Oh, Sie müssen Heather sein!« rief eine brünette Frau, die hinter dem Ladentisch stand.
»Wieso wissen Sie das?« fragte Heather und erwiderte ihr Lächeln.
»Weil Sie das wichtigste Gesprächsthema in Greenbriar sind. Wie ich sehe, haben die Klatschbasen nicht übertrieben. Sie sind tatsächlich bildschön. allerdings keine Riesin, wie's eine alte Vettel behauptet. Eher hochgewachsen und elegant, würde ich sagen.« Ehe Heather in Verlegenheit geraten konnte, lachte die Frau. »Übrigens, ich bin Sarah Baxter, eine gute Freundin von Caitlin. Dieser Laden gehört meinem Mann und mir. Hoffentlich verzeihen Sie mir, dass ich Sie noch nicht besucht habe. Aber das Wetter war so grauenhaft ...«
»Ja, natürlich.«
»Sicher werden wir Freundschaft schließen. Caitlin hat in den höchsten Tönen von Ihnen geschwärmt. Nehmen Sie's gelassen, wenn die anderen Damen von Greenbriar Sie nicht mit offenen Armen aufnehmen. Zweifellos werden Sie glühend beneidet.«
»Warum denn?«
»Weil Sie Sloan erobert haben.« Sarahs braune Augen funkelten fröhlich. »Bedenken Sie, ein attraktiver Witwer, der eine große Ranch besitzt, mit einer unwiderstehlichen Ausstrahlung ... Kaum lag seine erste Frau unter der Erde, da stellten ihm die Mädchen auch schon nach. In seiner Jugend genoss er den, Ruf eines Herzensbrechers. Die Hälfte aller Frauen in dieser Gegend war in ihn verliebt. Aber er wollte nichts von ihnen wissen.
Dann heiratete er Sleeping Doe. Was für einen Skandal er damit heraufbeschwor! Und nun hat er wieder eine fremde Ehefrau in sein Haus geholt und den schmachtenden Damen eine weitere Enttäuschung bereitet.«
Heather lächelte gequält. Würde man sie auch beneiden, wenn man wüsste, dass sie nur auf dem Papier mit Sloan verheiratet war? Zumindest seit der Hochzeitsnacht.
»Von mir haben Sie keine Missgunst zu befürchten«, fuhr die Ladenbesitzerin nachdenklich fort. »Sicher führen Sie keine einfache Ehe ...« Heathers Schweigen sprach Bände, und Sarah nickte. »Wenigstens halten Sie ihm all die anderen Frauen vom Leib. Dafür müsste er Ihnen dankbar sein. Und weil Sie Janna betreuen. Viele Frauen
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