Der Herzensbrecher
und Qualm und versengter Tierhaut. Immer wieder mischten sich in das dröhnende Muhen die Schreie der Cowboys.
Ein Kalb nach dem anderen wurde mit dem Lasso eingefangen, zur Feuerstelle gezerrt, zu Boden geworfen und gefesselt. Dann drückte ein Mann das heiße Eisen aufs Fell. Später markierte man die Ohren mit einem scharfen Messer.
Heather hatte Mitleid mit den Kälbern, die jämmerlich brüllten, wenn sie ihren Müttern entrissen und gebrandmarkt wurden. Aber Rusty versicherte, die Tiere hätten eine dicke Haut, würden keine allzu schlimmen Schmerzen empfinden und nur vor Angst schreien.
Als Heather und Janna zum ersten Mal auf die Weide fuhren, ritt Sloan ihnen entgegen und begrüßte seine Tochter mit einem strahlenden Lächeln. Seiner Frau gönnte er nur einen kurzen Blick. »Komm, Liebling!« rief er und setzte das Kind vor sich in den Sattel. »Höchste Zeit, dass du dein Erbe inspizierst!« Langsam ritt er um das Camp, während Janna sich mit großen Augen umschaute.
Ansonsten sah Heather ihren Mann in diesen hektischen Tagen nur selten. Frühmorgens stand er auf, spätabends fiel er todmüde ins Bett. Sie vermisste die gemeinsamen Mahlzeiten, die gemütlichen Stunden im Arbeitszimmer, die Nächte voller Leidenschaft. Doch sie war nicht unzufrieden mit ihrem Schicksal. Indem sie Janna betreute, fand sie einen neuen Lebensinhalt, und die Zeit, die sie in St. Louis verbracht hatte, erschien ihr allmählich wie ein ferner Traum bis ihr Quinn Lovell begegnete.
Im letzten Monat hatte sie verschiedene Geschichten über Sloans politischen Gegner gehört. Als sie eines Morgens mit Janna nach Greenbriar fuhr, um Vorräte zu kaufen, sah sie ihn zum ersten Mal. Offenbar hatte der reiche Minenbesitzer seine Wahlkampagne schon begonnen. Er stand an einer Straßenecke und erläuterte einigen Stadtbewohnern die trostlose Zukunft der Viehzucht in Colorado.
Neugierig zügelte Heather das Pferd, das ihren Buggy zog, und hörte zu. Ein paar Leute fragten nach seinem Plan, neue Silberminen im Distrikt zu eröffnen. Unter die kleine Schar hatten sich auch ein paar erboste Rinderzüchter gemischt. Aber Marshal Luther Netherson sorgte für Ruhe und Ordnung, deutlich sichtbare Colts an den Hüften.
Beredsam, mit dröhnender Stimme, beantwortete Lovell alle Fragen. Ein erstklassig geschnittener Anzug kaschierte seine Korpulenz. Mit seinem dunklen Haar, dem sorgsam gestutzten Schnurrbart und seinem selbstsicheren Auftreten erinnerte er Heather an Evan Randolf.
Er beendete die Diskussion, indem er die Männer um ihre Stimmen bat, und sie begannen sich zu zerstreuen. Ehe Heather weiterfahren konnte, näherten sich Lovell und Netherson ihrem Buggy. Der Marshal machte den Minenmagnaten mit ihr bekannt.
»Ah, die schöne Mrs. McCord!« Lächelnd berührte Lovell seinen Hut. »Wie ich höre, sind Sie die Frau meines Gegenkandidaten.«
Heather nickte höflich. »Guten Tag, Sir.«
»Freut mich, Sie endlich kennenzulernen, Ma'am. Wir haben einen gemeinsamen Freund - Evan Randolf, der in den höchsten Tönen von Ihnen schwärmt, wann immer mich meine Geschäfte nach St. Louis führen. Diese schöne Stadt haben Sie erst vor kurzem verlassen, nicht wahr? Das Leben in Colorado muss Ihnen ganz anders vorkommen.«
»Anders, gewiss - aber sehr angenehm.«
Sein Blick glitt über ihr elegantes Jacquard-Köstüm und blieb an Janna hängen, die auf ihrem Schoß saß. »Oh, die kleine Indianerin, vor der ich schon so viel gehört habe.«
Instinktiv drückte sie das Kind fester an sich. »Meine Stieftochter, Janna McCord.«
»Ich hätte gar nicht gedacht, dass man ihr so deutlich anmerkt, woher sie stammt«, fügte er triumphierend hinzu. Den Grund seiner Genugtuung brauchte er nicht zu erklären. Jannas Cheyenne-Blut würde ihrem Vater im Wahlkampf eher schaden als nützen.
»Ja, ist das nicht wunderbar?« erwiderte Heather ir sanftem Ton. »Mit ihren hohen Wangenknochen wird sie zu einer Schönheit heranwachsen. Und sie besitzt ein so liebenswürdiges Wesen.«
»Mag sein ...« Lovell grinste herablassend. »Schade, dass Sie sich für den falschen Kandidaten einsetzen, Mrs. McCord.«
»Da irren Sie sich, Sir - ich halte meinen Mann für den richtigen Kandidaten.«
»Warten wir's ab.« Er tippte wieder an seinen Hut verneigte sich und ging an Nethersons Seite davon.
Erleichtert atmete sie auf. Sie hütete sich normaler weise, einen Menschen zu beurteilen, ehe sie ihn besser
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