Der Herzog und seine geliebte Feindin
ihn, hielt ihn fest. Sie drückte ihn, bis es klar war, dass sie ihn nicht einfach so loslassen würde, egal, wie schlecht seine Laune war. Sein Atem ging rau, aber dieses Mal trug der Rauch daran keine Schuld.
„Oh Minnie“, hörte er sich sagen. „Was soll ich nur tun?“
„Alles, was du kannst. Wann ist die Verhandlung?“
Er schüttelte den Kopf. „Das weiß ich nicht.“
„Du bist ein Herzog. Es muss etwas geben, was du tun kannst.“ Sie machte eine kurze Pause. „Gesetze … ich weiß so gut wie nichts darüber. Aber können Gerichtsverhandlungen nicht auch abgesetzt werden?“
„Mit dieser soll ich in Verlegenheit gebracht werden“, erklärte Robert. „Sie dient dazu, es mir heimzuzahlen, glaube ich.“
Seine Miene wurde grimmig.
„In Leicester geht etwas Merkwürdiges vor sich. Ich habe begonnen nachzuforschen, weil ich herausgefunden hatte, was mein Vater mit Graydon Boots getan hatte. Diese Anklagen wegen Volksverhetzung wurden immer erhoben, wenn sich die Lage zwischen Arbeitern und Fabrikbesitzern zugespitzt hatte. Es geschieht aus Groll und Missgunst, nicht aufgrund einer richtigen Anwendung der Gesetze.“
„Dann sollte es doch nur umso leichter abzuwenden sein“, stellte Minnie fest.
„So einfach ist es wohl nicht.“ Robert tippte den Zigarillo gegen den Fensterrahmen. „Sebastian hat gesagt, es seien bereits ein paar Reporter aus London gekommen, um über den Fall zu berichten. Es ist bekannt gegeben worden, dass ein Mann aus meinem Haushalt ein Verbrechen begangen hat. Stevens denkt zweifellos, dass er mühelos eine Verurteilung erreichen kann, da ich außer Landes bin und deswegen nicht reagieren kann. Er glaubt, der Schaden sei bereits angerichtet, bis ich zurückkomme. Ich werde bloßgestellt sein, und Oliver – ein Gast in meinem Haus und mir bekanntermaßen nahestehend – wird als Verbrecher gebrandmarkt sein.“
„Aber das wird so nicht geschehen“, erklärte Minnie.
Robert schwiege eine Weile. „Ich könnte genug Druck erzeugen, dass die Anklage fallen gelassen wird.“
Ihre Arme schlossen sich nun beide um ihn.
„Aber ich kann das Gerede nicht aufhalten, wenn ich das Verhör verhindere. Mein Bruder … er hat so hart dafür gearbeitet, so verdammt hart, um sich Respekt und Ansehen zu verdienen. Er beginnt sich einen Ruf aufzubauen als ein intelligenter gerechter Mann. Wenn ich das Verfahren einfach abwürge – oder selbst wenn wir gewönnen, würde, davon ausgehend, dass die Flugblätter für die erhobenen Vorwürfe nicht ausreichen – würde allein schon der Verdacht, dass er solche radikalen Ansichten unter einem angenommenen Namen verfasst hat, alles zerstören, was er sich so mühsam aufgebaut hat. Daher ja, ich könnte die Gerichtsverhandlung verhindern. Aber mein Bruder braucht nicht nur ein günstiges Urteil. Er muss öffentlich von dem Vorwurf reingewaschen werden.“
„Und du wirst dafür sorgen.“
Das sagte sie so zuversichtlich, so vertrauensvoll, dass er ihr einen Moment lang fast glaubte.
„Ich werde alles tun.“ Seine Stimme brach. „Mein Bruder hat mir einmal gesagt, dass eine Familie eine Sache der Wahl sei. Wenn ich mich jetzt von ihm abwendete, was für ein Bruder wäre ich da?“ Er ließ den Zigarillo los; er wirbelte im Fahrtwind des Zuges neben den Wagen her und wurde dann seinen Blicken entzogen, als sie eine Kurve fuhren, bevor er ihn auf der Erde landen sehen konnte. Sie ließen den Wald hinter sich, er verschwand in der Ferne. Jetzt war da nur noch sanft hügeliges Weideland.
Er zählte drei Zäune, bevor er wieder sprach. „Mein Vater hat seine Mutter vergewaltigt.“
Sie schnappte nach Luft.
„Das ist es, was mich mit ihm verbindet, der Grund des Anspruchs, den ich auf ihn habe – dass eine unwillige Frau einmal gezwungen worden ist, meinem Vater zu Willen zu sein. Dass meine Familie so mächtig war, dass der Gerechtigkeit nicht genüge getan wurde.“
„Aber das warst nicht du.“
„Es war der Herzog of Clermont. Ich trage seinen Namen, sein Gesicht.“ Seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Seine Verantwortung. Ich vermute, in gewisser Weise war es der Gipfel der Selbstsucht meinerseits, ihn als Bruder zu beanspruchen. Aber ich werde ihn nicht fallen lassen. Wenn Familie eine Sache der Wahl ist, dann wähle ich ihn. Und ich werde es wieder und wieder tun, bis …“
Der Gedanke war wie ein schweres Gewicht auf seiner Brust. Beinahe wäre er darunter gewankt. Das tat er dann doch, als der Zug wieder die
Weitere Kostenlose Bücher