Der Herzog und seine geliebte Feindin
aufweist.“
„Kommen Sie zum Punkt, Miss Lane“, schnaubte Stevens. „Wir wissen bereits, dass wer auch immer die Flugblätter produziert hat, nicht alleine gearbeitet hat. Das zeigt mir nur, dass Sie Hilfe aus dem Ausland hatten. Eine landesweite Organisation vielleicht?“
Sie würde sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. Mr. Charingford musterte sie eindringlich. Mit Bedacht nahm sie weitere Blätter. „Dieses Papier hingegen wurde in London gekauft. Sie werden bemerken, dass ich Papiere sehr unterschiedlicher Güte hier in diesem Stapel habe. Dieses hier …“ – sie nahm das unterste aus dem Stapel – „… stimmt, wie Sie feststellen werden, genau mit der Papiersorte überein, auf der die Flugblätter gedruckt wurden. Bitte behalten Sie die anderen Papiere in Erinnerung. Was glauben Sie, wer der Hersteller ist?“
„Ich bin nicht in der Stimmung für Ratespielchen. Sie haben bereits gesagt, es sei aus London.“
„Es stammt aus von Graydon Mills. Was wissen Sie über Graydon Mills?“
„Ich sage Ihnen, Miss Lane , wenn Sie nicht bald zu einem Ende kommen …“
„Lassen Sie sie ausreden“, brummte Charingford.
Minnie nickte. „Graydon Mills wurde vor siebenundsechzig Jahren von Mr. Hansworth Graydon gegründet, einem Bauern, der sein erstes Vermögen mit Schafen erworben hat und die weiteren mit Manufakturen und später dann mit Fabriken. Ihm gehörte ein richtiges Imperium. Sein Reichtum war derart groß, dass er seine Tochter gut verheiraten konnte. Als Mr. Hansworth Graydon starb, hinterließ er den Löwenanteil seines Besitzes seinem Enkel. Sie kennen ihn als Robert Alan Graydon Blaisdell, den neunten Duke of Clermont.“
Diese Worte wurden mit Schweigen aufgenommen und einem abfälligen Schnauben.
„Sie müssen verrückt sein“, bemerkte Stevens höhnisch. „Sie hoffen, Ihrer rechtmäßigen Bestrafung zu entgehen, indem Sie so weit hergeholte Zufälle anführen?“
Mr. Charingford sagte nichts, gab Minnie mit einer Handbewegung zu verstehen, weiterzusprechen.
„Seine Gnaden verwendet Papier aus Graydon Mills für seine gesamte persönliche Korrespondenz“, fuhr Minnie fort. „Von höchster Güte natürlich.“
„Das ist mir egal, ob er das tut!“ Stevens‘ Gesicht verfärbte sich tiefrot. „Ich habe genug Verdächtigungen gehört. Charingford, Sie werden …“
Langsam holte Minnie den Brief hervor, den der Herzog ihr im Zug gegeben hatte.
„Das hier“, sagte sie, „ist persönliche Korrespondenz Seiner Gnaden.“ Ihre Stimme zitterte nun. Ihre Hände ebenfalls. Sie strich das Papier auf dem Tisch glatt und stützte sich auf die Kante. „Ich mache darauf aufmerksam, dass er Papier höchster Güte von Graydon Mills verwendet – da ist auch ein Wasserzeichen. Und seine Unterschrift lässt sich ebenfalls überprüfen.“ Sie deutete darauf. „Aber ich glaube, Sie werden den Inhalt interessanter finden als die Herkunft.“
Stevens riss ihr das Papier aus der Hand.
„Weiß nicht, was ich hier tue …“ murmelte er, während er las. Und dann brach er ab, schaute sie an.
„Ich schreibe Flugblätter“, las er langsam vor. Er las es noch einmal und dann ein drittes Mal. Seine Augen glitten langsam von Wort zu Wort. Über seine Schulter überflog Charingford das dort Stehende mit stark gerunzelter Stirn. Dann wandte er sich ab, schüttelte den Kopf.
„Das glaube ich nicht“, erklärte Stevens. Aber seine Worte waren nicht die eines Mannes, der an dem Brief zweifelte, sondern die von einem, der die Realität zu leugnen versuchte.
„Minnie“, sagte Charingford, „dieser Brief … er ist sehr vertraulich geschrieben. Die Anrede, die Worte, die er verwendet. Selbst wie der Brief unterzeichnet ist. Wie konnte dieser Brief in Ihre Hände gelangen?“
Robert hätte Minnie vielleicht verziehen, dass sie unter diesen Umständen die Wahrheit enthüllte. Die Herzogin hatte gesagt, sie müsse ihn verraten, um sich seine Verachtung zuzuziehen.
Wenn dies ein Spiel wäre, wäre dies der Augenblick, in dem sie ihre Schachfigur geküsst hätte. Sobald sie diesen Zug gemacht hatte, gäbe es kein Zurück mehr.
Minnie hob eine Augenbraue. „Die Herzogin von Clermont hat mich aufgesucht“, sagte sie klar und deutlich. „Sie möchte, dass ihr Sohn seine Ideale aufgibt. Sie hat mir fünftausend Pfund geboten, wenn ich ihn davon abbringen kann.“
Die Wahrheit. Nicht die volle Wahrheit, und so wie es gesagt wurde, vermittelte es den Eindruck, der vollkommen falsch
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