Der Herzog Von Köln
erneut an die Seite seines Herrn.
Falkenmond sah seltsame Strahlen aus den Türmen der Kamarg in die Reihen der auf sie Einstürmenden schießen. Sie hinterließen rauchende Narben im Boden, wo sich vorher Männer befunden hatten. Er sah die Kavallerie der Kamarg sich in Stellung begeben – eine dünne Linie von Hütern, die auf ihren gehörnten Pferden ritten, mit Flammenlanzen über den Schultern. Er sah Bürger aus den Ortschaften mit Schwertern und Äxten bewaffnet der Kavallerie folgen. Aber Graf Brass sah er nicht, auch nicht den Philosophen Bowgentle. Die Männer der Kamarg marschierten ohne Führer in ihre letzte Schlacht.
Was hätte Falkenmond nicht dafür gegeben, frei zu sein, ein Schwert in seiner Hand zu schwingen, ein Pferd zwischen den Schenkeln zu spüren und den Männern der Kamarg vorauszustürmen, die sich sogar noch ohne Führer dem Dunklen Imperium widersetzten, obgleich ihre Zahl nur ein Bruchteil der des Feindes darstellte. Er wand sich in seinen Ketten und fluchte in seiner Wut und Hilflosigkeit.
Der Abend brach herein, und die Schlacht ging weiter. Falkenmond sah Millionen Flammen aus den Kanonen der Granbretanier einen der uralten, düsteren Türme durchdringen. Er sah ihn schwanken und schließlich zu Schutt zerfallen. Und die schwarzen Horden jubelten.
Die Nacht senkte sich herab, doch weiter wütete die Schlacht. Die Hitze, die von ihr aufstieg, ließ den Schweiß über die Gesichter der drei Gefangenen strömen. Um sie herum saßen die Wachen des Wolfstrupps; sie redeten lachend über den bevorstehenden Sieg. Ihr Herr war mitten in das Gewühl der Angreifer geritten, wo er sich besser über den Stand der Schlacht zu informieren vermochte, und sie hatten einen prallen Sack Wein herbeigeschleppt, aus dem lange Strohhalme herausragten, damit sie durch ihre Masken hindurch daraus trinken konnten. Als die Nacht voranschritt, verstummte allmählich ihre angeregte Unterhaltung und ihr Gelächter, bis sie seltsamerweise eingeschlafen waren.
Oladahn wunderte sich darüber. »Es sieht den wachsamen Wölfen gar nicht ähnlich, so tief zu schlafen. Sie scheinen sich unser völlig sicher zu sein.«
Falkenmond seufzte. »Was hilft es uns? Diese verdammten Ketten sind so fest zusammengeschmiedet, dass wir nicht hoffen können, uns daraus zu befreien.«
»Na, na«, erklang die Stimme d’Avercs. »Wo habt Ihr Euren Optimismus gelassen, Herzog Dorian? Ich erkenne Euch gar nicht wieder.«
»Verschwindet, Verräter!« knurrte Falkenmond, als der Franzose aus der Dunkelheit an den Wagen trat. »Kehrt zu Eurem Herrn zurück und leckt ihm die Füße.«
»Ich habe etwas mitgebracht«, erklärte d’Averc in übertrieben gekränktem Ton, »um zu sehen, ob es Euch vielleicht helfen könnte.« Er deutete auf einen klobigen Gegenstand in seiner Hand. »Schließlich war es meine Medizin, die die Wachen in den Schlaf schickte.«
»Ein seltenes Stück, das ich auf dem Kampfplatz fand. Vermutlich das Eigentum eines hohen Führers, denn heutzutage gibt es nur noch wenige ihrer Sorte. Es ist eine Art Flammenlanze, doch klein genug, sie in einer Hand zu tragen.«
»Ich habe davon gehört.« Falkenmond nickte. »Aber wie könnte sie uns nützen? Wir sind in Ketten, wie Ihr seht und wisst.«
»Ich weiß und sehe. Doch wenn Ihr bereit wärt, ein Risiko einzugehen, könnte ich Euch vielleicht befreien.«
»Ist das eine neue Falle, d’Averc, die Ihr und Meliadus euch für uns ausgedacht habt?«
»Ihr kränkt mich, Falkenmond. Wie könnt Ihr so etwas nur denken?«
»Weil Ihr uns in Meliadus’ Hand geliefert habt. Ihr müsst weit voraus geplant haben, als Ihr mit den Wolfskriegern in dem karpatischen Städtchen spracht. Ihr habt sie geschickt, Ihren Herrn zu finden, und arrangiert, uns zu dem Lager zu führen, wo wir ohne viel Schwierigkeiten gefangen gesetzt werden konnten.«
»Es klingt durchaus vorstellbar«, pflichtete d’Averc ihm bei. »Aber man könnte es auch von einer anderen Seite sehen – die Wolfskrieger erkannten mich, folgten uns und benachrichtigten dann ihren Herrn. Ich hörte im Lager, dass Meliadus gekommen war, um Euch zu suchen. Also beschloss ich, ihm zu erzählen, dass ich Euch in die Falle gelockt habe, damit wenigstens einer von uns frei bliebe.« D’Averc hielt inne. »Nun, wie klingt das?«
»Unglaubhaft.«
»Nun, vielleicht klingt es wirklich unglaubhaft. Aber Falkenmond, wir haben nicht viel Zeit. Soll ich versuchen, Eure Ketten aufzuschweißen, und hoffen, dass ich euch dabei
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