Der Herzog Von Köln
das Pferd den höchsten Hügel emporklimmen, von wo aus er eine gute Aussicht hatte. Er sah sich nach allen Seiten um, aber von Oladahn war nichts zu sehen.
Auch über die Stadt schweiften Falkenmonds Blicke. Verschwand da nicht gerade ein Mann in eine der Seitenstraßen in Brunnennähe? War Oladahn aus einer anderen Richtung zurückgekehrt? Nur, wenn ja, weshalb hatte er sich dann auf seine Rufe hin nicht gerührt?
Angst um den Freund beschlich Falkenmond nun, doch noch immer konnte er nicht glauben, dass die Stadt selbst Gefahr barg.
Er lenkte das Pferd den Hügel hinunter, und es sprang durch eine eingestürzte Stelle in der Stadtmauer.
Durch den Staub gedämpft, tappten die Hufe des Pferdes dumpf durch die Straßen auf den Platz mit dem Brunnen zu. Immer wieder rief Falkenmond Oladahns Namen. Aber wieder antworteten ihm nur Echos, und auf dem Platz war nichts von dem kleinen Mann zu sehen.
Falkenmond runzelte die Stirn. Er war sich nun fast sicher, dass sie doch nicht allein in der Stadt gewesen waren. Aber von Einwohnern fehlte jede Spur.
Er lenkte sein Pferd wieder auf die Straßen zu. In dem Moment hörte er ein schwaches Geräusch über sich. Er sah hinauf und versuchte, etwas zu erkennen, das Geräusch kannte er nur zu gut. Schließlich sah er es – weit entfernt noch, eine schwarze Gestalt oben in der Luft. Dann blitzte Sonnenlicht auf, das von Metall reflektiert wurde, und das Geräusch wurde deutlicher – ein Klirren und Surren von großen bronzenen Flügeln. Falkenmond wurde schwer ums Herz.
Das immer näher und tiefer kommende Ding war ohne Zweifel ein Ornithopter in der Form eines gewaltigen Kondors, blau, Scharlach und grün lackiert. Es konnte nur eine Flugmaschine des Dunklen Imperiums sein; denn keine andere Nation auf Erden verfügte über Ähnliches.
Damit wurde Oladahns Verschwinden verständlich. In Soryandum hielten sich offenbar Krieger Granbretaniens auf. Sie hatten Oladahn erkannt und wussten, dass Falkenmond nicht fern sein konnte. Und Falkenmond war der am meisten gehasste Feind des Dunklen Imperiums.
2 Huillam d’Averc
Falkenmond zog sich in die Schatten der Ruinen zurück und hoffte, dass man ihn vom Ornithopter aus noch nicht entdeckt hatte.
Konnte es wirklich sein, dass die Granbretanier ihnen durch die ganze Wüste hindurch gefolgt waren? Es schien unwahrscheinlich. Doch wie sonst war ihre Anwesenheit an diesem so abgelegenen Ort zu erklären?
Falkenmond zog seine kampferprobte Klinge aus der Scheide und sprang vom Pferd. In seiner ungewohnten, dünnen Kleidung fühlte er sich ungeschützt, während er Deckung suchend durch die Straßen rannte.
Der Ornithopter flog nun nur wenige Fuß über dem höchsten Turm Soryandums, ganz sicherlich auf der Suche nach ihm, dem Mann, dem der Reichskönig Huon bittere Rache wegen seines »Verrats« am Dunklen Imperium geschworen hatte. Auch wenn es Falkenmond tatsächlich gelungen sein mochte, Baron Meliadus in der Schlacht von Hamadan zu töten, so hatte König Huon offenbar sofort einen neuen Mann mit der Jagd nach dem verhaßten Herzog von Köln beauftragt.
Falkenmond hatte keine gefahrlose Reise erwartet, aber auch nicht damit gerechnet, dass man ihn so schnell entdecken würde.
Er kam zu einem dunklen, halbzerfallenen Gebäude und schlüpfte durch den Eingang in einen kühlen Korridor mit Wänden aus hellen, mit Reliefs verzierten Steinen, die teilweise mit weichem Moos und blühenden Flechten überwuchert waren. Auf einer Seite des Ganges führte eine Treppe nach oben. Falkenmond stieg sie mehrere Stockwerke hoch empor, bis er zu einem kleinen Raum kam, in den durch eine Mauerlücke strahlender Sonnenschein fiel. Falkenmond drückte sich gegen die Wand und spähte vorsichtig hinaus. Von hier aus war ein großer Teil der Stadt zu überblicken, und er sah auch den Ornithopter und den Piloten mit der Geiermaske, der im Tiefflug die Straßen absuchte.
Ein Turm aus grünem Granit befand sich nicht allzu weit entfernt. Er stand etwa im Zentrum Soryandums und beherrschte in seiner Höhe die Stadt. Ein paar Mal umkreiste der Ornithopter ihn. Falkenmond nahm zuerst an, dass der Pilot ihn dort vermutete, doch dann landete die Flugmaschine auf dem flachen, mit einer Brustwehr versehenen Dach. Vom Inneren des Bauwerks kamen mehrere Gestalten auf den Ornithopter zu.
Ohne Zweifel gehörten auch sie zu den Soldaten Granbretaniens. Sie trugen schwere Harnische mit Umhängen darüber, und Metallmasken bedeckten trotz der großen
Weitere Kostenlose Bücher