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Der Hexenmeister

Der Hexenmeister

Titel: Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Blish
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nicht. Ich will diesen Mann einfach bitten, für mich einiges zu erledigen, in seinem Fachgebiet, und ich brauche einen guten Beobachter, der ihm dabei zusieht und aufpaßt, wie er es macht. Nicht um irgend etwas aufzudecken oder zu entlarven, sondern einfach, um sich ein klares Bild von den Methoden und Vorgängen zu machen — für den Fall, daß später mit dieser Geschäftsbeziehung etwas schiefgehen sollte.«
    »Aber — nun gut, wenn Sie es wollen, Baines. Es kommt mir aber doch wie eine große Zeit Verschwendung vor.«
    »Mir nicht«, sagte Baines. »Während Sie gemeinsam mit mir darauf warten, mit den Saudis zu verhandeln, können Sie sich vielleicht etwas in das Fach einlesen. Bis Jahresende möchte ich, daß Sie über das Thema Magie so gut Bescheid wissen wie ein Fachmann. Der Mann hat mir erklärt, daß das selbst für mich durchaus möglich wäre. Für Sie müßte es demnach eine Kleinigkeit sein.«
    »Ich nehme nicht an, daß mein Hirn dem nicht gewachsen ist«, meinte Hess trocken, »aber es ist durchaus möglich, daß es für mich eine schwere Geduldsprobe ist. Aber schließlich sind ja Sie der Chef.«
    »Stimmt. Also los!«
    Im Hinausgehen nickte Hess Jack ohne Herzlichkeit zu. Die beiden hatten füreinander nicht viel übrig. Baines dachte manchmal, daß dies wohl zum Teil darauf zurückzuführen war, daß sie einander in mancher Hinsicht so ähnlich waren. Als sich die Tür hinter dem Wissenschaftler geschlossen hatte, zog Jack den Wachspapierumschlag aus der Tasche, der das Taschentuch mit den beiden verwandelten Tränen enthalten hatte und offenbar immer noch enthielt.
    »Ich brauche das nicht«, sagte Baines, »ich habe ja Ihren Bericht. Schmeißen Sie das Zeug weg. Ich möchte nicht, daß jemand fragt, was es bedeutet.«
    »Werde ich erledigen«, nickte Jack, »aber erinnern Sie sich bitte erst noch an das, was Ihnen Ware gesagt hat: Der Dämon würde Sie nach zwei Tagen wieder verlassen.«
    »Richtig. Warum?«
    »Sehen Sie sich das einmal an!«
    Jack nahm das Taschentuch aus der Hülle und breitete es sorgfältig auf Baines Schreibunterlage aus: Auf der frischen Leinwand prangten nun, wo noch vor kurzem Gold gewesen war, zwei matte, verschmierte Streifen: unbestreitbar Blei.

 
5
     
    Durch ein Versehen (wessen Schuld es war, konnte später nicht mehr festgestellt werden) gelangte Baines mit seiner Gruppe ausgerechnet zu Beginn des Ramadan in Riyadh ein, zu einer Zeit also, in der die Araber den ganzen Tag über fasteten und daher viel zu nervös und jähzornig waren, als daß man mit ihnen hätte verhandeln können. Nach neunundzwanzig Tagen folgte dieser Fastenzeit eine dreitägige Freß-, Trink- und Liebesorgie, während der sie zu benebelt waren, als daß man mit ihnen verhandeln konnte. Als aber dann endlich die Verhandlungen in Fluß kamen, dauerten sie nicht länger als die zwei Wochen, mit denen Baines von Anfang an gerechnet hatte.
    Da der islamische Kalender sich nach dem Mondjahr richtet, ist Ramadan gegenüber dem Gregorianischen Kalender ein beweglicher Feiertag. Diesmal fiel Iid, das Fest, mit dem der Fastenmonat endet, in die Nähe von Weihnachten. Baines argwöhnte, Ware würde sich weigern, mit ihm zu einer für einen Satansdiener so ungeeigneten Zeit zusammenzutreffen. Ware aber erhob keine Einwände, sondern bemerkte nur (in einem Brief): »Der 25. Dezember ist ein uralter Festtag.« Hess, der sich schon pflichtgemäß in der magischen Literatur umgesehen hatte, interpretierte das so, daß Ware damit sagen wolle, Christus sei nicht tatsächlich an diesem Tage geboren — »Obwohl mir, in diesem Universum des Dialogs und der Reden, nicht recht einleuchten will, welchen Unterschied das macht«, sagte er. »Wenn heutzutage das Wort ›Aberglaube‹ auch nur noch eine Spur seiner ursprünglichen Bedeutung bewahrt hat, dann bedeutet das doch, daß das Zeichen — das Symbol — an die Stelle der Sache getreten ist, oder, mit anderen Worten: daß Tatsachen nun eben das bedeuten, was wir behaupten.«
    »Nennen Sie es einen ›Beobachter-Effekt‹«, schlug Baines vor, und er meinte das nicht nur zum Spaß. Es war ihm nicht danach zumute, sich in dieser Sache mit Hess oder Ware in ein Streitgespräch einzulassen. Ware war bereit, ihn zu empfangen — das allein zählte.
    Wenn aber der Zeitpunkt Ware offenbar keinerlei Schwierigkeiten machte, so war er doch sehr ungünstig für Pater Domenico. Der weigerte sich anfangs rundweg, Weihnachten sozusagen im Höllenschlund zuzubringen.

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