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Der Hexenmeister

Der Hexenmeister

Titel: Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Blish
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Schritts ging er zu seiner Reisetasche und öffnete sie.
    Warum — das war die Frage — hatte Gott seine Hände gebunden, warum ließ Er einen Kompromiß wie den ›Pakt‹ überhaupt zu? Dieser ließ zumindest etwas wie eine Einschränkung Seiner Macht ahnen, etwas nach dem strengen Dogma der Allmacht Gottes völlig Undenkbares. Dabei war es ja schon Sünde, dieses Dogma auch nur anzuzweifeln. Im schlimmsten Falle aber wies der ›Pakt‹ auf irgendeine Zweideutigkeit Seines Verhältnisses zur Hölle hin — etwas also, das völlig außerhalb der offenbarten Antworten auf die Frage des Bösen in der Welt stand.
    Die letztere Annahme war zu fürchterlich, als daß man darüber auch nur nachdenken konnte. Vielleicht war dieser Einfall überhaupt nur durch die fürchterliche Atmosphäre in diesem Palazzo zustande gekommen. Jedenfalls wußte Pater Domenico sehr gut, daß er derzeit weder in der geistigen noch in der gefühlsmäßigen Verfassung war, sich damit auseinanderzusetzen.
    Was er aber möglicherweise mit Nutzen untersuchen konnte, war eine relativ untergeordnete, aber doch mit dem Komplex verbundene Frage: War das Böse, das eben vollbracht worden war, jenes Böse, zu dessen Beobachtung Pater Domenico entsandt worden war? Unmittelbar besehen, sprachen alle Gründe dafür. — War dies aber der Fall, dann konnte, sich Pater Domenico morgen heim auf den Weißen Berg begeben — mitgenommen zwar, aber doch immerhin rekonvaleszent.
    Andererseits aber war es möglich — schrecklich zwar, aber in einer gewissen Hinsicht auch hoffnungspendend —, daß man Pater Domenico an den Schlund der Hölle beordert hatte, um auf das Erscheinen etwas noch weit Schlimmeren zu warten. Darin läge nämlich dann auch die Erklärung dafür, daß Wares letzte Unternehmung, so schrecklich sie auch alle waren, für Ware eigentlich nichts Ungewöhnliches darstellte. Und wichtiger noch: Das würde erklären — wenigstens teilweise erklären —, warum der ›Pakt‹ überhaupt bestand. Um mit Tolstoi zu sprechen: »Gott sieht die Wahrheit, aber Er wartet.«
    Und das war wenigstens eine Frage, über die Pater Domenico nicht bloß nachzudenken brauchte, sondern die er dem Rat Gottes vorlegen konnte — aktiv, hier und.jetzt, solange er nur keine ›Mächte‹ aufrief. Diese Beschränkung aber konnte ihn nicht hindern. Wozu war er denn ein Magier, wenn er nicht in seinen Taten so geschickt und vorsichtig sein konnte wie mit Worten?
    Das Tintenfaß, die Gänsekielfeder, das Lineal, drei verschiedene Scheiben aus jungfräulichem Karton (etwas, das gar nicht so leicht zu bekommen ist) und der eingewickelte Grabstichel — all das entnahm Pater Domenico seiner Reisetasche und legte es fein säuberlich auf die Platte seines Ankleidetisches, die ihm auch als Schreibtisch gute Dienste leisten würde. Die Kartonscheiben beschriftete er sorgfältig mit drei verschiedenen Skalen: die A Camerae (oder Kammern) der sechzehn göttlichen Eigenschaften von bonitas bis patientia; die T Camerae der dreißig gegenständlichen Eigenschaften von temporis bis negatio; und schließlich die E Camerae der neun Fragen von Ob bis Wie groß. Er stieß mit dem Grabstichel durch die Mitte aller drei Scheiben ein Loch, heftete sie mit einem Manschettenknopf zusammen und besprengte die so verfertigte Lull’sche Maschine mit Weihwasser aus seiner Reisetasche. Über sie sprach er dann die Worte:
    »Ich beschwöre dich, o Gestalt dieses Instrumentes, mit der Autorität Gottes, des allmächtigen Vaters, und auf Grund der Eigenschaften des Himmels und der Sterne, jenen der Elemente, jenen der Steine und Kräuter, und gleichermaßen der Schneestürme, des Donners und der Winde, und schließlich auch auf Grund der Ars magna, in deren Gestalt du gezeichnet bist, daß du alle Macht erhalten mögest, die zur Vollbringung jener Taten und Dinge nötig ist, an deren Vervollkommnung uns gelegen ist — all das ohne Täuschung, Schwindel oder Verfälschung, nach dem Gebot Gottes, des Schöpfers der Engel und Kaisers aller Zeiten. DAMAHIL, LUMECH, GADAL, PANCIA, VELOAS, MEOROD, LAMI-
DOCH, BALDACH, ANERETHON, MITRATON, alierheiligste Engel, seiet ihr Hüter dieses Instruments. Domine, Deus meus, in te speravi . . . Confitebor tibi, Domine, in toto corde meo . . . Quemadmodum desiderat cervus ad fontes aquarum . . . Amen.«
    Nachdem er dies gesprochen hatte, nahm Pater Domenico die ›Maschine‹ auf und verdrehte die einzelnen Scheiben gegeneinander. Lulls große Kunst war nicht

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