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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Gegenteil. Seit er sein Amt in Wellingen ausübte, hatte gegenseitiger Respekt ihre Beziehungen geprägt. Und als seine Frau krank daniederlag, waren sie ihm Hilfe und Stütze gewesen. Moscherosch blickte von Johann zu Clemens. »Gehst auch du?«
    Clemens schüttelte den Kopf. »Nein. Allerdings könnte mein Entschluss hierzubleiben ins Wanken geraten. Da nicht nur Johann plant fortzugehen, sondern auch Ihr, ist es betrüblich, allein zurückzubleiben.«
    Johann horchte auf, und seine Augen glänzten, doch Clemens raubte ihm die kurz aufflackernde Hoffnung. »Falls ich fortgehen würde, dann erst Ende des kommenden Jahres. Christel soll sich von der Geburt erholen, und das Kind muss kräftig genug sein, um die Anstrengungen unbeschadet überstehen zu können. Da du nicht warten willst, werden sich unsere Wege bald trennen, mein Freund.« Clemens biss sich, mit seinen Gefühlen kämpfend, heftig auf die Unterlippe.
    »Verzeih mir meine Neugierde, aber warum willst du zurück? Schließlich weißt du nicht, was dich in Thüringen erwartet.«
    Johann zögerte, dem Amtmann seine Gründe zu nennen, doch dann sagte er leise: »Ihr habt Franziska erlebt. Seit das Furchtbare geschehen ist, hat sie ihren Lebensmut verloren. Es geht ihr ähnlich wie Euch, Moscherosch. Alles hier erinnert sie an den Tag vor fast sechs Jahren.«
    Der Amtmann nickte verständnisvoll. »Ja, das kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber wie ich bereits erwähnte, weißt du nicht, wie es in deiner ehemaligen Heimat aussieht. Wie weit sie durch Truppen verwüstet ist oder ob dort noch feindliche Heere ihr Unwesen treiben. Man hört von marodierenden Soldaten, die den Menschen das wenige fortnehmen, was sie besitzen. Der Krieg ernährt den Krieg, so war das schon zu allen Zeiten.«
    »Was bedeutet das?«, wollte Clemens wissen und goss in jeden Becher Würzwein nach, der lauwarm geworden war.
    »Es bedeutet das, was ich eben gesagt habe. Bedenkt, wie viele Soldaten durchs Land streifen. Manche Heere sind mehrere Tausend Mann stark. Hinzu kommen ihre Familien, Geistliche, Wundheiler, Flüchtige und die Huren, die einem solchen Heer folgen. Alle wollen verpflegt werden. Irgendwann ist die letzte Kuh, die sie mitführen, geschlachtet und das letzte Schaf gegessen. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu plündern und zu stehlen. Da wird keine Rücksicht genommen, ob der Bauer mitsamt seiner Familie verhungert oder ob selbst Klöster nichts zu essen haben. Irgendetwas finden die Plünderer immer, das sie gebrauchen können und das sie sich mit Gewalt nehmen. Glaubt mir: Das, was ich euch erzähle, ist noch harmlos im Vergleich zu dem, was da draußen wirklich geschieht.«
    Als er die fragenden Blicke der beiden Männer gewahr wurde, stöhnte er auf und erklärte leise: »Ich möchte nicht ins Detail gehen, aber Gotteslästerung, Unzucht, Schändung sind an der Tagesordnung. Frauen werden beschuldigt, für das Unheil verantwortlich zu sein, und verbrannt.« Moscheroschs dunkle Augen sahen Johann eindringlich an. »Ich gehe in eine sichere Zukunft, mein Freund. Du aber ziehst mit deiner Familie ins Ungewisse. Bist du dir dessen bewusst? Willst du sie wirklich den Gefahren aussetzen, wo du es nicht musst?«
    Johanns Blick wurde trüb. »Ihr verkennt meine Lage, Moscherosch. Wenn ich bleibe, wird Franziska sterben.«
    Johann stand am Fenster im Dunkel der Stube und schaute den Schneeflocken zu, die vom Himmel rieselten. Das Licht des Mondes erhellte Büsche, Wege und niedrige Zäune, die von der weißen Pracht verschluckt wurden. Moscherosch war längst nach Hause und Clemens zu Bett gegangen. Anders als Johann hatten die beiden zuletzt einige Selbstgebrannte getrunken, sodass sie sich schließlich betrunken in den Armen lagen und ihren Abschied lautstark bedauerten. Nachdem endlich Ruhe im Haus eingekehrt war, hatte Johann die Kerzen gelöscht und sich ans Fenster gestellt, denn er wusste, dass er kein Auge zumachen würde. Immer wieder gingen ihm Moscheroschs Einwände gegen seine Pläne durch den Kopf.
    Vielleicht sollte ich tatsächlich bleiben, grübelte Johann, als er spürte, dass er nicht allein im Zimmer war.
    »Wann wolltest du mir von deinem Plan erzählen?«, fragte Franziska hinter ihm.
    Johann drehte sich langsam um. In den Augen seiner Frau schimmerten Tränen, und ihre Mundwinkel zuckten. Auch er schluckte.
    »Du hast gelauscht!«, warf er ihr vor.
    Sofort wurden ihre Gesichtszüge hart. »Zum Glück, denn sonst hätte ich wahrscheinlich

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