Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
sie, als Magdalena sie aus den Gedanken riss.
»Möchtest du Benjamin sehen?«, fragte das Mädchen und schaute ihre Mutter erwartungsvoll an.
»Ja«, flüsterte Franziska. »Bring ihn zu mir.«
Ihre Tochter nickte und eilte hinaus.
Kaum hatte Magdalena das Zelt verlassen, blieb sie vor dem Eingang stehen und suchte Arne. Während ihr Blick umherwanderte, schlug ihr Herz vor Aufregung hart gegen ihren Brustkorb. Als sie ihn nirgends entdecken konnte, atmete sie erleichtert aus und ging zu dem Zelt, das Erik ihr am Tag zuvor gewiesen hatte. Je näher sie kam, desto lauter hörte sie Kinder lachen und herumalbern.
Als sie die Unterkunft der Kinder betrat, herrschte sofort Stille. Alle Augen waren neugierig auf sie gerichtet. Zwischen den vielen Blondschöpfen war es für das Mädchen einfach, ihren Bruder mit seinen dunklen Haaren zu finden.
Kaum sah Benjamin seine Schwester, sprang er auf, kam zu ihr und umschlang ihre Hüften.
Magdalena küsste seinen Scheitel und sagte: »Mutter möchte dich sehen.« Sie kniete sich zu ihm nieder und zog ihn dicht an sich.
»Geht es ihr besser?«, fragte der Junge und schaute sie scheu an.
Magdalena nickte. »Sie wird bald wieder gesund sein«, versprach sie.
Benjamin flüsterte: »Ich habe dich gestern schreien gehört.«
»Ich hatte gehofft, dass du nichts gehört hast«, antwortete Magdalena und suchte nach Worten, um ihm ihre Schreie zu erklären.
»Erik ist zu mir gekommen und hat gesagt, dass du dich erschreckt hast und dass ich mich nicht sorgen müsste«, klärte Benjamin seine Schwester auf.
Magdalena dankte Erik in Gedanken für seine Notlüge.
»Lass uns zu Mutter gehen«, sagte Magdalena und wollte sich erheben, doch ihr Bruder zog sie wieder auf Augenhöhe.
»Dauert das lange?«, fragte er.
»Warum willst du das wissen?«
»Erik hat versprochen, uns eine Geschichte zu erzählen. Er ist nämlich der Geschichtenerzähler der Kinder«, erklärte Benjamin mit leuchtenden Augen, und alle Übrigen nickten.
»Aber du verstehst doch die fremde Sprache nicht«, entgegnete Magdalena und stand aus der Hocke auf.
»Ich lerne sie«, erklärte ihr Bruder mit kindlichem Eifer, sodass Magdalena grinsen musste.
»Frag mich, was Baum in ihrer Sprache heißt.«
Magdalenas Grinsen wurde breiter, aber sie spielte das Spiel mit und fragte mit ernstem Gesicht: »Was heißt auf Schwedisch Baum ?«
»Träd« , brüllte Benjamin und sah seine neuen Freunde jubelnd an, die Beifall klatschten. Er hopste vor Freude auf der Stelle und bat: »Und jetzt frag mich, was Zelt heißt.«
»Benjamin, kennst du das Wort für Zelt ?«
»Tält« , schrie er, und seine Freunde schrien mit.
»Aber weißt du auch das wichtigste Wort?«, fragte eine Stimme hinter ihnen, die Magdalenas Beine sofort weich werden ließ, sodass sie sich auf Benjamin abstützen musste.
Ihr Bruder wandte sich Arne zu, der unbemerkt eingetreten war, und fragte mit erwartungsvollem Blick: »Welches Wort ist das?«
»Freund!«
»Das kenne ich auch«, schrie der Junge aufgeregt. »Vän!« , jubelte er, riss die Arme in die Höhe, und sofort wurde er von seinen neuen Freunden umringt.
Arne hob ihn hoch und sagte: »Ja, das ist richtig, kleiner vän !« Dann setzte er ihn auf den Boden und blickte Magdalena schelmisch an. »Geht es dir gut?«
»Warum fragst du?«, wollte sie wissen und wagte kaum, den Blick zu heben.
»Dein Gesicht sieht erhitzt aus«, erklärte er, sodass das Mädchen erschreckt aufschaute.
Als sie jedoch den Schalk in seinem Blick erkannte, spürte sie, wie die Hitze in ihren Wangen sich verstärkte. »Dummkopf«, fauchte sie und nahm Benjamin an die Hand, um mit ihm das Zelt zu verlassen.
Wütend, weil sie ihre Gefühle nicht beherrschen konnte, und zornig über Arne, der sie damit ärgerte, stapfte Magdalena über den Platz und zog ihren Bruder hinterher. Als sie den Duft von gebratenem Speck erschnupperte, ging sie geradewegs zu Eriks Zelt. Wie sie vermutet hatte, saßen Gustavsson und ihr Vater am Feuer und brutzelten Speck in einer Pfanne.
»Lasst mir eine Scheibe übrig«, bat sie und verließ wieder das Zelt, um Benjamin zu seiner Mutter zu bringen.
Als Magdalena das Tuch des Eingangs zurückschlug, hörte sie ihre Mutter mit einer Frau reden. Kaum erkannte sie die zweite Stimme, stellten sich ihre Nackenhaare auf. Sie schob Benjamin nach vorn, der mitten im Zelt stehen geblieben war und schüchtern von seiner Mutter zu der fremden Frau sah.
»Du musst Benjamin sein«, sagte
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