Der Hexenturm: Roman (German Edition)
verwerflich?«, lachte er, stützte sich ab und trank.
Franziska atmete laut aus und legte sich neben ihn. Beide starrten in den blauen Himmel, den sie zwischen den leicht schwankenden Ästen des Apfelbaums erkennen konnten.
»Wie gefällt es dir hier?«
»Wo?«
»Hier auf der Wiese?«
Franziska setzte sich wieder auf und sah sich um. »Es ist ein schöner Flecken. Erst recht, weil wir zusammen hier sind und uns kein Kindergeschrei stört«, sagte sie mit einem Augenzwinkern. Begehrlich zog er sie an sich.
»Das freut mich, denn das ist der Boden, auf dem ich uns ein kleines Haus bauen werde.«
Franziskas Augen weiteten sich. »Frau Rehmringer hat Ja gesagt?«, rief sie freudig. Er nickte.
»Das heißt, dass sie dir den Grund verkauft hat?«
Wieder nickte er. Hektische Flecken bedeckten plötzlich ihren Hals. »Erzähl, Johann! Was hat sie gesagt?«
Regina Rehmringer war über Johanns Wunsch, Boden von ihr zu erwerben, ziemlich erstaunt gewesen.
»Wie stellst du dir das vor? Auch wenn ich deine Tochter wie eine Enkelin ins Herz geschlossen habe, so kann ich dir kein Grundstück schenken.«
»Das verlange ich auch gar nicht«, antwortete Johann selbstbewusst und legte ihr eine Goldmünze auf den Tisch.
»Woher hast du das Geld?«, fragte sie misstrauisch.
»Von meiner Mutter«, antwortete Johann und erklärte: »Ich bin der Sohn des reichsten Bauern unserer Gegend. Als Vater das Gerücht streute, dass Franziska ein Hexenmal habe, allein aus dem Grund, weil er sie nicht als Schwiegertochter dulden wollte, mussten wir fliehen. Um Franziska Sicherheit zu geben und um ihr meine Liebe zu beweisen, wollte ich zuvor den Bund der Ehe mit ihr schließen. Graf von Wintzingerode gestattete, dass Pfarrer Lambrecht, mein Patenonkel und sein enger Freund, uns auf seiner Burg bei Worbis traute. Anders als mein Vater war meine Mutter mit meiner Wahl einverstanden. Sie schenkte uns zur Vermählung mehrere Goldmünzen, die sie in einen Stoffgürtel eingenäht hatte. Niemals werde ich ihre Worte vergessen, als sie mir den Gürtel überreichte: ›Es ist genug, um ein neues Leben zu beginnen. Seid vorsichtig und erzählt niemandem davon, damit euch das Gold nicht gestohlen wird.‹« Johann schwieg einige Augenblicke. »Man könnte meinen, das alles sei schon eine Ewigkeit her und nicht erst ein Jahr.« Er schluckte schwer, fuhr dann aber fort: »Leider wurde die anschließende Hochzeitsfeier durch meinen Vater gestört, der mit zahlreichen Männern Franziska gewaltsam von der Burg in den Kerker von Duderstadt bringen wollte. Bevor er Burg Bodenstein jedoch erreichen konnte, gelang es Franziska und mir zu fliehen.«
Fassungslos starrte Regina Rehmringer den Burschen an. »Warum arbeitest du hier auf dem Gestüt? Ich kenne zwar eure Währung auf dem Eichsfeld nicht, aber Gold ist überall gleich viel wert, und dieses Goldstück scheint massiv zu sein. Du bist nicht mittellos, kein einfacher Knecht. Du hättest überall neu anfangen können.«
Johann nickte. »Ja, das mag wohl stimmen. Aber auf unserer Flucht lernten wir Clemens, Burghard und Katharina kennen. Als Clemens vorschlug, hierherzukommen, stand es für mich außer Frage, ihm zu folgen. Die Goldmünzen sollten für den Notfall sein. Ich wollte sie in dem Augenblick nutzen, wenn es keinen Ausweg mehr geben würde. Der liebe Gott hat uns jedoch nicht im Stich gelassen, denn wir fanden hier bei Euch eine neue Heimat.«
»Warum willst du das Gold dann jetzt ausgeben?«
»Weil ich Vater geworden bin und Verantwortung trage. Ich möchte meiner Frau und meiner Tochter ein gutes Leben bescheren. Es ist an der Zeit, ein neues Leben zu beginnen und ein Zuhause für uns zu schaffen. Denn wenn nicht jetzt, wann dann?«, fragte er und sah der Frau dabei fest in die Augen.
In den darauffolgenden Tagen beratschlagte sich Regina Rehmringer mit ihrem Vertrauten Pfarrer Schnetter sowie einem ihr bekannten Notar.
»Ihr müsst das Grundstück ausmessen lassen«, riet der Notar. Die Frau nickte. »Ich werde es sogar von einem Geometer vermessen lassen. Sobald der Kaufvertrag unterschrieben ist, werde ich ihn damit beauftragen.«
Pfarrer Schnetter schmunzelte und sagte: »Ihr habt ein unverschämtes Glück mit diesen Fremden.«
»Ja, das weiß ich«, lachte sie glücklich.
Nachdem beide Johanns Antrag abgesegnet hatten, verkaufte Regina Rehmringer ihrem Knecht den Obstgarten zu einem ehrlichen Preis.
»Ich möchte aber nicht, dass du deine Arbeit auf dem Gestüt
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