Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Hexenturm meine Rettung sein!«
Nervös rieb sich Clemens die feuchten Hände. Endlich sah er Katharina, die lächelnd auf ihn zukam. Erstaunt musterte sie ihn. Clemens’ Haare waren ordentlich gekämmt. Auch hatte er frische Kleidung angezogen.
»Hast du eine Verabredung?«, fragte sie verdutzt.
Clemens’ Mund war wie ausgetrocknet. Die Zunge klebte ihm am Gaumen, so dass er keinen Ton herausbrachte. Am liebsten hätte er sich auf dem Absatz umgedreht und wäre davongegangen. Schüchtern sah er Katharina aus seinen blauen Augen an.
»Jetzt sag endlich, was los ist. Es ist bitterkalt, und mich friert!« Fröstelnd rieb sich die junge Frau über die Oberarme. »Du wirkst so verändert, Clemens. Bist du krank?«
»Katharina«, krächzte Clemens und räusperte sich. »Katharina, ich muss dir etwas gestehen!« Er schluckte, und sein Herz pochte heftig. Nur zu gerne hätte er sie an sich gezogen und ihr mit einem Kuss seine Gefühle verraten. Doch das getraute er sich ebenso wenig, wie seine Liebe in Worte zu fassen. Deshalb schwieg er erneut.
Die junge Frau wurde ungeduldig. Verstimmt fauchte sie ihn an: »Dann eben nicht!«, und wollte sich schon umdrehen, als Clemens nach ihrem Arm griff und sie an sich zog. Dicht an ihren Lippen flüsterte er: »Ich habe mich in dich verliebt!« Dann küsste er sie.
Erschrocken riss Katharina die Augen auf. Zuerst wollte sie sich wehren, doch dann gab sie sich dem sanften Kuss hin.
Als sich ihre Lippen voneinander lösten, schaute Clemens sie voller Zärtlichkeit an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, was er von ihr hören wollte. Nun war sie es, die verlegen und stumm dastand. Schließlich wandte sie sich um und rannte zurück ins Haus.
Clemens sah ihr erleichtert nach. »Sie wird sicherlich gleich Franziska davon erzählen wollen«, frohlockte er leise. »Es war so leicht, sie zu küssen! Und sie liebt mich auch! Warum habe ich nur so lange gewartet?« Clemens hatte das Gefühl zu schweben. Pfeifend ging auch er ins Haus.
Burghard hatte bereits zwei Säcke mit Blättern gefüllt, und nichts war passiert. Keine Äste waren laut gebrochen, und kein schreiender Vogel hatte ihn erschreckt. Auch das Gefühl, dass jemand hinter ihm stehen könnte, war ausgeblieben. Wahrscheinlich hat mir meine Angst einen Streich gespielt und mich Dinge sehen lassen, die es gar nicht gibt. Wie ja auch Frau Rehmringer gesagt hat, hatte ihr Sohn an dem Abend zu viel getrunken, als er die Schatten gesehen haben will. Wahrscheinlich hat seine Einbildung ihm diese also nur vorgegaukelt, dachte Burghard erleichtert und sammelte weiter Laub zusammen, bis auch der nächste Sack voll war. Dann brachte er ihn zum Schlitten, um den letzten leeren Sack zu holen und ihn mit Eicheln zu füllen. »Mal sehen, ob ich die Stelle mit den Leckerbissen für die Schweine noch finde.«
Burghard blickte sich um. Als er nichts Ungewöhnliches erkennen konnte, ging er beherzt tiefer in den Wald hinein. An der Stelle, wo die Eichen standen, fand er kaum noch von den Eicheln. Ich muss wohl weiter in den Wald hineingehen, dachte er. Kurz stellte sich wieder ein mulmiges Gefühl ein, das aber gleich wieder verschwand, als es weiterhin ruhig blieb.
Mutig stapfte er weiter in das Gehölz hinein. Nach kurzer Zeit fand er eine weitere Ansammlung von Eichen, unter denen viele der kleinen braunen Früchte lagen. Obwohl Schnee den Boden bedeckte, war es düster im Wald. Auch herrschte eine unheimliche Stille. Eilig raffte Burghard die Eicheln zusammen, bis der Leinensack gefüllt war. Er hatte Mühe, ihn zwischen den Bäumen aus dem Hain zu ziehen, und immer wieder blieb er schnaufend stehen. Die Finger schmerzten ihm von dem groben Leinen. Endlich sah er vor sich zwischen den wuchtigen Baumstämmen das weite Feld, das vor dem Wald lag. Noch einmal hielt er an, um Kräfte zu sammeln, und schloss und öffnete seine Hände, um den Schmerz in den Fingergelenken zu lindern. Dabei sah er sich fortwährend um. Nichts war zu sehen oder zu hören. Burghard seufzte erleichtert und zog den Sack das letzte Stück bis zum Schlitten. Als er hinter der letzten Baumreihe hervortrat, glaubte er, sein Herz bleibe stehen. Die Angst überwältigte ihn, und er ließ den Leinensack los. Eicheln kullerten in den Schnee und blieben vor seinen Füßen liegen. Der junge Mönch blickte wie erstarrt auf die dunklen Schatten, die auf ihn zu warten schienen.
Kapitel 23
Servatius blickte grimmig zu Maria, die einige Schritte hinter
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