Der Hexer - GK587 - Bücher, die der Satan schrieb
leise. »Erinnerst du dich, was du heute morgen gesagt hast – es ist eine Niederlage, egal, wie du es nennst?«
Ich nickte, und Howard fuhr fort: »Du hast Unrecht, Robert. Eine Niederlage wäre es, wenn der Kampf vorüber wäre. Aber das ist er nicht. Im Gegenteil. Er ist noch in vollem Gange. Und ich fürchte, die Gegenseite ist bereits erfolgreicher gewesen, als ich bisher angenommen habe.«
»Die Gegenseite?«
»Yog-Shoggot«, antwortete Howard. »Er ist noch hier, irgendwo dort draußen auf dem Meer. Wahrscheinlich nicht sehr weit entfernt. Und auch dein Vater ist ganz in der Nähe.«
»Mein ... Vater?« wiederholte ich mißtrauisch. »Was hat mein Vater damit zu tun?«
Howard lachte, sehr leise und sehr bitter. »Alles, Robert. Was glaubst du, warum sich Yog-Shoggot solche Mühe gegeben hat, die Kiste mit Rodericks Büchern und ihn selbst in seine Gewalt zu bekommen? Dein Vater war ein Hexer, Junge, einer der ganz wenigen echten Magier, die es jemals gegeben hat. Und er weiß vermutlich mehr über Magie und die verborgenen Kräfte der Natur als je ein Mensch vor ihm. Den Hexern von Jerusalems Lot gelang es, die Abgründe der Zeit für einen winzigen Augenblick zu überbrücken und Yog-Shoggot und ein paar seiner untergeordneten Kreaturen in unsere Welt zu bringen, aber deinem Vater wäre es möglich, das Tor durch die Zeit vollends aufzustoßen.«
Ich erstarrte. Langsam, ganz langsam nur begriff ich, was Howard mir mit seinen Worten erklären wollte. Aber ich weigerte mich einfach, es zu akzeptieren.
»Nicht einmal Yog-Shoggot ist mächtig genug, zwei Milliarden Jahre zu überbrücken und sein Volk wieder auferstehen zu lassen«, fuhr Howard fort. »Er hat es versucht, und es ist ihm nicht gelungen. Der Zwischenfall in Boldwinns Haus hat bewiesen, daß seine Macht nicht ausreicht. Aber dein Vater könnte es, Robert. Das ist der wahre Grund, aus dem Yog-Shoggot ihn aus dem Reich der Toten zurückgeholt und gezwungen hat, für ihn zu arbeiten. Er haßt uns, uns und alles Lebende auf dieser Welt. Sie hat einmal ihm gehört, ihm und anderen, die wie er waren, und er wird nichts unversucht lassen, sie sich wieder Untertan zu machen.«
»Aber mein Vater würde nie ...«
»Er ist nicht mehr Herr seines Willens, Robert«, unterbrach mich Howard hart. »Täusche dich nicht. Vor drei Tagen, am Strand, haben wir Glück gehabt, mehr nicht. Vielleicht war noch ein bißchen Menschlichkeit in ihm, und er hat uns verschont, weil du sein Sohn bist und ich sein Freund. Aber mit jeder Stunde, die er weiter unter Yog-Shoggots Einfluß steht, ist er weniger Mensch. Er ist nur ein Werkzeug, mit dessen Hilfe der Big Old One seine Macht festigen wird. Das ist der Grund, aus dem wir auf diesem Boot wohnen, statt im Hotel, Robert. Yog-Shoggot wird uns angreifen, denn er weiß genau, daß wir die einzigen Menschen sind, die die Gefahr kennen und seine Pläne durchkreuzen könnten, und ich habe Angst, daß noch mehr Unschuldige dabei zu Schaden kommen könnten, als es ohnehin bisher geschehen ist.«
»Und das Mädchen?« fragte ich. »Und dieser ... Spuk?«
Howard zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht«, gestand er. »Es war ein Teil von Yog-Shoggot, den du in ihr gespürt hast, jedenfalls glaube ich das. Ich weiß nicht, ob Andara bereits mit seinem Werk begonnen hat, aber ich fürchte, das, was in den letzten Tagen in der Stadt geschehen ist, beweist es.«
»Aber was hat das Läuten nicht vorhandener Glocken und das Herumspuken von Toten mit den Big Old Ones zu tun?« fragte ich verwirrt.
»Bei Gott, Robert, ich weiß es nicht«, seufzte Howard. »Wenn ich es wüßte, würde ich etwas dagegen tun. Aber ich fürchte, wir werden es eher herausfinden, als uns lieb ist.«
** *
Howard weckte mich am nächsten Morgen, kaum daß die Sonne aufgegangen war. Das Wetter hatte sich im Laufe der Nacht beruhigt, aber es regnete noch immer, und das Trommeln der Wassertropfen auf dem hölzernen Deck über unseren Köpfen klang wie fernes Gewehrfeuer. Das Boot schaukelte auf den Wellen, und obwohl Rowlf noch am vergangenen Abend noch einmal hinaufgegangen war und zwei weitere, straff gespannte Halteseile angebracht hatte, scheuerte und schlug die Bordwand noch immer gegen den blankgeschliffenen Stein des Kais.
Ich hatte nicht viel Schlaf gefunden in dieser Nacht. Howards Worte hatten mich mehr aufgewühlt, als ich zuzugeben bereit gewesen war, sie – und vor allem gerade das, was er nicht gesagt hatte. Schließlich, lange nach
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