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Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Titel: Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Gelegenheit, dieses Land näher in Augenschein zu nehmen. Es erschien ihm karg, düster und in gewisser Weise trostlos, stieß ihn dennoch in keiner Weise ab. Dies war das Land seiner Väter, das Land, in dem auch er selbst das Licht der Welt erblickt hatte, seine Heimat. Und die Liebe zu dieser Heimat lag ihm wohl im Blut, auch wenn er ihr seit Jahrzehnten fern gewesen war.
    Bruce Murphy hatte die Führung übernommen und geleitete sie zielsicher den vielfach gewundenen, von knorrigem Gehölz gesäumten Weg entlang, der nach einer ganzen Weile in eine Wiese mit Schräghanglage mündete.
    »Hier war es«, sagte er fast tonlos und deutete zu dem abschüssigen Teil hinunter, der mit meterhohen Grasbüscheln und Schilfrohr bewachsen war.
    »Komm, zeig uns genau die Stelle, an der du deinen Vater zuletzt gesehen hast«, forderte Baskerville ihn auf.
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich... ich gehe da nicht runter. Da, diesen Weg hat mein Vater genommen.« Wieder hob er die Hand und deutete ins Schilf hinab.
    Achselzuckend setzte sich Henry Baskerville in Bewegung. Dr. Mortimer und Chalef schlossen sich ihm an, wahrend Bruce Murphy am oberen Rand der Wiese stehenblieb. Unverhüllte Angst spiegelte sich in seinem schmalen, sommersprossigen Gesicht wider.
    Bald schon wurde der bisher solide Untergrund schwammig und nachgiebig. Modriges, schwärzliches Wasser schwappte unter den Füßen. Henry Baskerville dachte an seine Wildlederstiefel, die für solche Bodenverhältnisse eigentlich nicht geschaffen waren, zögerte für einen Augenblick, stapfte dann aber entschlossen weiter, zumal er glaubte, tatsächlich eine Spur gefunden zu haben. Vor ihm war das hohe Riedgras stellenweise niedergedrückt, so daß sich fast so etwas wie eine Schneise gebildet hatte. Das Gras mochte vom Wind zerzaust worden sein, vielleicht aber auch von einem Menschen, der sich hindurchgewunden hatte. Erst als ihm das Moorwasser bereits bis zum Schienbein reichte und das Fortkommen immer mühevoller und anstrengender wurde, verhielt Baskerville seinen Schritt. In einer Entfernung von etwa zwölf oder fünfzehn Metern war kaum noch Vegetation zu erkennen, sondern nur noch schmutziges, Blasen werfendes Wasser, aus dem einzelne Halme emporragten.
    »Das ist ein Sumpfloch, nicht wahr?« fragte er Dr. Mortimer. »Wer da reingerät, kommt nie wieder raus, richtig?«
    »Es sieht ganz danach aus«, stimmte ihm der Arzt zu.
    Baskerville schnippte mit den Fingern. »Dann dürfte ja wohl alles klar sein. Der Schäfer hat sich zu weit vorgewagt und ist ganz einfach im Morast versunken!«
    Dr. Mortimer wiegte zweifelnd den Kopf hin und her. »Frederic Murphy war ein vorsichtiger Mann und kannte diese Gegend wie seine Westentasche. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß er einen solchen Fehler begangen haben soll.«
    »Es war finstere Nacht.«
    »Trotzdem. Und außerdem geht man im Sumpf nicht so schnell unter. Es ist ein langsames, qualvolles Versinken, bei dem einem noch Zeit genug bleibt...«
    »... um nach Hilfe zu rufen?«
    »Das wollte ich sagen, ja. Der Junge hat uns jedoch gesagt, daß sein Vater ganz plötzlich verschwunden war – von einem Augenblick zum anderen.«
    »Hm.« Henry Baskerville kräuselte die Nase. »Eigenartiger Geruch. Ist das der Sumpf?«
    Dr. Mortimer atmete ebenfalls ganz bewußt durch die Nase und zog überrascht die Stirn hoch. »Sie haben recht, es riecht wirklich eigenartig. Ganz und gar nicht typisch für das Moor. Fast wie in einer Abdeckerei, würde ich sagen.«
    »Sagte der Junge nicht, daß er einen entsetzlichen Gestank wahrgenommen hat? Ich hätte da allerdings mehr an Feuer und Schwefel gedacht!«
    »Feuer und Schwefel?« echote der Doktor, der nicht gleich verstand, was der Schloßherr meinte.
    »Der Höllenhund!« erklärte Baskerville und grinste.
    Augenblicke später jedoch war ihm nicht mehr nach Grinsen zumute.
    Ausgerechnet Chalef, der mit Moorlandschaften bisher überhaupt noch keine Erfahrungen gemacht hatte, war es, der das Grauenhafte als erster erblickte. Sein braunes Gesicht war grau wie Asche geworden, als er mit zitternder Hand auf einen verwachsenen Laubbaum deutete, der ein Stück weiter hügelaufwärts stand.
    »Mein Gott«, flüsterte Dr. Mortimer.
    Im Geäst des Baums hing, etwa fünf oder sechs Meter über dem Erdboden, ein Mensch. Ein Mann, der ohne jeden Zweifel tot war.
    Bruce Murphy, der dem Baum näher stand als die drei Männer, war jetzt ebenfalls aufmerksam geworden. Er drehte

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