Der Hexer - NR38 - Das Auge des Satans
war etwas darin, das irgendwo in meinem Bewußtsein eine Alarmglocke anschlagen ließ. Ein Funke von... ja, von Gier, der mich schaudern ließ.
Ich setzte mich auf, schob ihre Hand mit sanfter Gewalt zur Seite und versuchte sie zu küssen, aber diesmal entzog sie sich mir, sprang lachend auf und trug die Schale mit Verbandszeug und Salbe davon. Als sie sich wieder zu mir umwandte, war das Lächeln von ihren Zügen verschwunden. Und irgend etwas war...
Ich vermochte das Gefühl nicht in Worte zu fassen, aber etwas an ihr war verändert. Ihre Kleidung bestand noch immer aus nichts anderem als dem breiten ledernen Band um ihren Hals, an dem der hier anscheinend unvermeidliche Rubin glomm, und ihr Körper war schlank und verlockend wie zuvor, aber...
Aber ihre Augen waren nicht mehr die eines Menschen!
Wie beim allerersten Male, als ich sie gesehen hatte, erinnerten sie mich jetzt fast an die einer Katze – schräggestellt, schmal, mit geschlitzten, kleinen Pupillen, in denen eine unlöschbare Gier loderte.
»Nun, Sidi, hat es dir Spaß gemacht?« fragte sie.
Auch ihre Stimme hatte sich verändert, auf entsetzliche, schwer in Worte zu fassende Weise.
»Was... bedeutet das?« fragte ich mißtrauisch.
In Rubins Augen blitzte es spöttisch auf. Sie bewegte die Hände auf eine Art, die mich abermals an eine Katze denken ließ, eine menschengroße, aufrecht stehende Katze,
Und plötzlich sah ich sie mit ganz anderen Augen. Hatte ich sie zuerst nur für eine Dienerin gehalten, die in Nizars Geheimnisse eingeweiht war, und die er zu mir geschickt hatte, um mich quasi zu bestechen, so änderte ich diese Ansicht nun sehr schnell. Sie war ebenso wie Nizar selbst ein Hort ungeheurer magischer Kräfte, ein Wesen, das so tödlich war wie Nizar selbst.
Sie war zu einer lebenden Waffe geworden, die jeden Augenblick losschlagen konnte.
Mit einem Male war ich mir nicht einmal mehr sicher, daß sie überhaupt ein Mensch war. Angesichts der vergangenen anderthalb Stunden erfüllte mich diese Vorstellung mit Scham und Zorn.
Abrupt stand ich auf, schlüpfte in meine Hosen und Hemd und starrte Rubin an. »Wer bist du?« fragte ich zornig. »Hat Nizar dich geschickt, um mich zu demütigen?«
»Nein«, sagte Rubin leise. Sie lächelte. Ich sah, daß ihre beiden oberen Eckzähne plötzlich ein gutes Stück über die anderen hinausstanden.
Und dann...
Die Veränderung ging innerhalb von Sekunden vonstatten, aber ich sah jedes noch so winzige Detail mit entsetzlicher Klarheit.
Rubin verwandelte sich.
Ihr Kopf schrumpfte, nahm die charakteristische, runde Katzenform an, ihr dunkelbrauner Teint wurde zu beigem, seidig schimmernden Fell. Die Nase floß auseinander, färbte sich dunkel, der Mund wurde zu einem großen, mit mächtigen Reißzähnen bestückten Löwenmaul, und ihre Fingernägel wuchsen zu langen, messerscharfen Krallen aus. Gleichzeitig begann sich ihr Körper auf entsetzliche Weise zu biegen und zu verdrehen. Sie stöhnte, sank auf Hände und Füße herab, die plötzlich die muskelbepackten Läufe einer mindestens hundertfünfzig Pfund schweren Löwin waren, und stieß ein tiefes, kehliges Fauchen aus. Der Rubin an ihrem Halsband leuchtete wie eine winzige gefangene Sonne.
Ich hatte mit einem magischen Angriff gerechnet, und nicht mit simpler, körperlicher Gewalt, auch wenn diese durch Zauberei vorbereitet wurde. Das wurde beinahe zu meinem Verhängnis. Denn Rubin stürzte sich auf mich, ohne ihre vollständige Verwandlung abzuwarten.
Ich warf mich beiseite und entging so der heranzuckenden Pranke um Haaresbreite. Doch die Löwenfrau glitt geschmeidig herum, traf mich mit der linken, noch nicht verwandelten Hand an der Schulter und stieß mich auf den Diwan herab.
Sie war über mir, ehe ich reagieren konnte. Ein fürchterlicher Prankenhieb traf mich, hämmerte mich ein gutes Stück weit in die Polster des Diwans herein und raubte mir fast das Bewußtsein. Wären die fingernagellangen Krallen an den Enden ihrer Pranken bereits vollständig umgewandelt gewesen, so hätte mich wohl schon dieser erste Hieb getötet. So blieb mir wenigstens noch genug Zeit, dem Ungeheuer die Faust gegen die Kehle und das Knie in den Leib zu rammen.
Rubin fauchte vor Wut und Schmerz, fegte meine Hand mit der Pranke beiseite und riß das Maul auf, um mir mit einem einzigen Biß den Schädel zu zermalmen. Es gelang mir, dem zuschnappenden Maul auszuweichen und mit beiden Händen das Fell unter ihrem Kiefer zu packen, so daß ich sie ein
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