Der Hexer - NR43 - Revolte der Echsen
jugendlichen Magier und Hexen brachen auf der Stelle zusammen. Nur Aneh besaß trotz des Pfeiles, der aus ihrer Brust ragte, noch die Kraft, aufzuspringen und sich zu den Angreifern umzuwenden. Ihre Augen glühten, aber es war keine Angst darin zu sehen, sondern nur eine Bestürzung und Verachtung, die Zengsu erschaudern ließ.
»Ihr Narren! Ihr ahnt ja nicht, was ihr anrichtet!« schrie sie. Anklagend deutete sie auf Mereda und Zengsu. »Ihr habt euch von falschen Propheten blenden lassen, die euch nicht die Freiheit bringen, sondern nur ihre eigene Herrschaft errichten wollen. Damit habt ihr den Tod des einzigen wahren Befreiers verschuldet, der diesem Tal den Frieden bringen konnte. Tod und Vernichtung werden eure Begleiter sein, für die kurze Zeit, die euer Volk noch existiert, bis der Ancen-Dämon euch alle in den Untergang reißen wird!«
Die meisten Angreifer erstarrten, als sie den Fluch der Hexe vernahmen. Dumpfes Murmeln ging durch die Reihen der Sree; niemand wagte es mehr, die Hand gegen die Kreisversteherin zu erheben, die wie ein Racheengel mit beschwörend erhobenen Armen in der Mitte des Saales stand. Einige Sree wandten sich sogar zur Flucht.
Zengsu erkannte, daß er sofort handeln mußte, wenn er das Ruder noch einmal herumreißen wollte. Er riß einem neben ihm stehenden Sree den Bogen aus der Hand, legte einen Pfeil auf die Sehne und schoß, ohne zu zielen. Ohne einen Laut brach Aneh zusammen; die Hände noch im Tode anklagend in Richtung ihres Mörders ausgestreckt.
»Laßt euch nicht von ihr beirren, Brüder«, rief er. »Seht, sie stirbt nicht anders als die anderen. Die Macht der Inguré ist gebrochen.«
»Ja, wir sind frei«, dröhnte Uschams Stimme mit sonderbarer Betonung durch den Beschwörungssaal. »Doch welchen Preis werden wir dafür zu zahlen haben?« Er trat auf Zengsu zu. »Sprich, was wird nun geschehen?«
Zengsu erstarrte. Diese unerwartete Attacke des alten Sree zwang ihn früher als geplant zum Handeln. Die nächsten Worte würden sein weiteres Schicksal entscheiden. Er ließ den Blick über die erwartungsvollen Gesichter seiner Anhänger gleiten.
»Hört mich an, Brüder. Wir alle wollen die Freiheit. Doch Freiheit und wahrer Frieden bedeuten auch, uns mit denen zu versöhnen, die in diesem Kampf treu auf unserer Seite gestanden und uns den Sieg erst ermöglicht haben. Wir Sree haben Jahrtausende hindurch ein Sklavendasein geführt und müssen erst langsam lernen, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Ohne eine starke Hand würden wir in kürzester Zeit wieder in selbstzerfleischende Stammeskämpfe verfallen. Um uns zu befreien, müssen wir auch unsere Brüder in Ancen von der Herrschaft der Inguré befreien. Aus diesem Grund habe ich das Bündnis mit Mereda gesucht. Sie allein besitzt die magische Kraft, gegen den Magierkreis von Ancen zu kämpfen. Sie wird uns als neue Herrscherin über beide Türme den erwarteten Frieden schenken.«
Unruhiges Gemurmel klang auf.
»Wir brauchen solche Geschenke nicht mehr!« brüllte Uscham. »Also hat Aneh recht gehabt. Dieser Aufstand diente nur dazu, euch an die Macht zu bringen.«
Beifällige Rufe begleiteten seine Worte.
Zengsu warf einen hilfesuchenden Blick in Meredas Richtung. Die Hexe trat vor und gebot mit einer machtvollen Geste zu schweigen.
»Es stimmt, ich bin zurückgekommen, um wieder den Platz einzunehmen, den mir diese Verräterin gestohlen hat«, rief sie und streifte Anehs leblosen Körper mit einem verächtlichen Blick. »Ohne meine Hilfe würde der Ancen-Dämon euch vernichten, bevor ihr nur Zeit hättet, eure Toten zu begraben. Gemeinsam aber können wir alles erreichen.«
»Mereda wird die Königin über das Tal sein; eine gute Königin, die in uns Sree keine stumpfsinnigen Tiere sieht, wie es die anderen Inguré taten«, fuhr Zengsu fort. »Unter ihrer Herrschaft wird unser Volk den Bewohnern der Türme gleichgestellt sein! Als Häuptling unserer vereinten Sree-Völker werde ich verhindern, daß wir erneut versklavt werden, darauf gebe ich euch mein Wort. Aber ihr sollt auch wissen, daß ich jeden Verrat gnadenlos bestrafen werde.«
»Du hast uns nichts zu befehlen«, schäumte Uscham. »Wir werden uns unsere Freiheit von niemandem mehr rauben lassen.« Er schloß die Finger um den Knauf seines Schwertes und spannte seine Muskeln zum Sprung.
So sehr er Zengsu auch haßte, sagte ihm doch ein Rest Überlegung, daß Mereda die gefährlichere Feindin war. Mit einem triumphierenden Schrei sprang er
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