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Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Titel: Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Knöcheln ein und mußte höllisch aufpassen, um auf dem glitschigen, unter Nebelschwaden verborgenen Morast nicht auszurutschen.
    Vorsichtig näherten wir uns dem Haus. Es war totenstill; nichts deutete darauf hin, daß man unser Eindringen bemerkt hatte. Gerade das aber machte mich mißtrauisch. Es hätte zumindest einen oder mehrere Nachtwächter geben müssen. Wenn man so leicht wie wir auf das Gelände kam, so konnte auch jeder der Patienten es ebenso leicht verlassen. Das aber mußte verhindert werden. Auch wenn jeder der Ärzte mir für eine solche Bemerkung wohl am liebsten die Krätze an den Hals wünschen würde, handelte es sich um nichts anderes als eine Klapsmühle. Die Preise lagen zwar so hoch, daß es sich nur wohlhabende Bürger leisten konnten, ihre Verwandten hier unterzubringen, aber es blieb eine Klinik, die sich auf die Behandlung von Geisteskrankheiten spezialisiert hatte, und einige der Patienten stellten eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.
    Das ungute Gefühl in meiner Magengegend verstärkte sich, je näher wir dem Haus kamen. Alles ging für meinen Geschmack zu einfach. Das Gelände mußte bewacht werden, alles andere war unvorstellbar. Wenn man uns nicht längst aufgehalten hatte, konnte das nur bedeuten, daß man wollte, daß wir weitergingen.
    Möglicherweise in eine tödliche Falle.
    Ich überlegte, ob ich Shadow von meinen Befürchtungen erzählen sollte, unterließ es dann aber und schaute mich nur noch einmal unbehaglich um. Die El-o-hym wußte besser, was uns erwartete, und sie würde auch jede Gefahr eher wahrnehmen als ich.
    Eine weit geschwungene, sich nach unten verbreiternde Treppe führte zum Hauptportal des Sanatoriums empor. Sie wurde von zwei wuchtigen Marmorstatuen flankiert; steinerne Wächter mit gewaltigen Schwertern in den, Händen. Automatisch wollte ich mich zu Treppe wenden, aber Shadow hielt mich zurück. Wieder warf ich einen unbehaglichen Blick zu den Fenstern hoch. Hinter jeder der dunklen Öffnungen glaubte ich ein Augenpaar wahrzunehmen, das jede unserer Bewegungen verfolgte, und wenn ich auch wußte, daß es sich nur um Einbildung handelte, konnte ich den Eindruck doch nicht ganz abstreifen.
    Leise Musik drang an mein Ohr, der durch die Scheiben gedämpfte Gesang einer Vielzahl von Menschen. Silent night, holy night
    Wie angewurzelt blieb ich stehen. Ein heiseres Lachen stieg aus meiner Kehle empor. Einen größeren Gegensatz als unser Schleichen durch die gespenstisch anmutende Nebellandschaft und den vielstimmigen Gesang von einer stillen heiligen Nacht konnte es kaum geben. Angesichts der alles andere als heiligen Ereignisse hatte ich völlig vergessen, welches Datum wir heute schrieben: den 24. Dezember.
    Es war Heiligabend.
    Der Gesang, die größtenteils dunklen Zimmer, das Fehlen eines Nachtwächters – alles, was mir in den letzten Minuten Sorgen bereitet hatte, fügte sich nun zu einer denkbar einfachen und harmlosen Erklärung zusammen. Die Patienten und das Personal der Klinik hatten sich zu einer gemeinsamen Weihnachtsfeier zusammengefunden.
    Meine Anspannung entlud sich in einem leisen Kichern, wobei ich die Hand vor den Mund pressen mußte, um nicht laut herauszuprusten. Shadow starrte mich wie einen Geisteskranken an, und wahrscheinlich überlegte sie auch gerade, ob ich mich nicht bei einem der Nervenärzte in besserer Obhut befunden hätte. Der Gedanke an die Ärzte und vor allem an Pri ernüchterte mich augenblicklich. Mein Kichern brach ab.
    »Frohe Weihnachten«, raunte ich Shadow bitter zu. »Fehlt nur noch ein Geschenk.«
    In diesem Moment hatte ich glattweg vergessen, daß bekanntlich jeder meiner Wünsche unserem Autor Befehl war. Er bereitete uns unser Weihnachtsgeschenk gleich darauf in Form der beiden Marmorstatuen neben der Treppe, die zum Leben erwachten und sich auf uns stürzten.
    Scheiß Weihnachten.

    * * *

    Mit klopfendem Herzen wartete Elisabeth Denworthy einige Sekunden vor der Tür. Sie atmete ein paarmal tief durch, um sich selbst Mut zu machen, bevor sie zaghaft anklopfte. Dr. Jackson hatte im Rahmen seiner Therapie strikte Anweisung gegeben, das Zimmer nicht zu betreten, solange kein Notfall vorlag. Er war immerhin einer der angesehensten und einflußreichsten Ärzte der Klinik, und es gab keinen Notfall, aber immerhin war Heiligabend, und wenn er selbst schon nicht an der Feier teilnahm, so war dies noch lange kein Grund, Priscylla als einzige Patientin ebenfalls davon auszuschließen. Außerdem bot diese

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