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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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»O Gott, nein, das würde ich niemals wagen! Aber es ist schon so, dass du zurzeit ein wenig … nun ja … überanstrengt wirkst.«
    »Himmelherrgott, ich habe mich selten so klar gefühlt!«, brauste Magdalena auf. »Aber wenn du noch einmal sagst, dass ich krank bin, werd ich’s vermutlich wirklich!«
    Doch Simon war bereits wieder in Gedanken versunken, er schien sie gar nicht gehört zu haben. »Die Mönche benehmen sich in der Tat äußerst merkwürdig«, fuhr er stockend fort. »Dieses ganze Gerede im Klosterrat über gotteslästerliche Experimente von Johannes und Virgilius! Was haben die Patres nur damit gemeint? Und was hat der Abt mit dem Prior und einem Wittelsbacher so spät nachts noch in der Reliquienkammer zu schaffen? Du hast gesagt, Maurus Rambeck sei während der Messe sehr aufgeregt gewesen …«
    »Genau wie der junge Novizenmeister«, warf Magdalena ein. »Der sah ganz verheult aus und bekam vom Prior einen Rüffel. Und dieser fette Cellerar hat oben auf der Empore Wache gehalten. Wenn du mich fragst, die hüten irgendein Geheimnis und haben Angst, dass jemand davon erfährt.«
    »Aber Graf Wartenberg?« Simon runzelte die Stirn. »Was in Gottes Namen hat der Wittelsbacher damit zu schaffen?«
    »Der Cellerar meinte, Wartenberg habe den dritten Schlüssel.«
    »Den dritten Schlüssel?« Kopfschüttelnd erhob sich ­Simon und streckte sich. »Das wird alles immer verworrener. Dabei habe ich hier alle Hände voll zu tun. Dieses verfluchte Fieber ist wie eine Seuche.« Er deutete zum Eingang, wo zwei Pilger gerade einen weiteren Kranken hereinschleppten. Der in grobes Leinen gekleidete Bauer war leichenblass, sein mattes Stöhnen vereinte sich mit dem Jammern und Röcheln der übrigen Patienten.
    »Im Grunde ist diese Wallfahrt ein einziger großer ­Seuchenherd!«, schimpfte Simon. »Seit Jahren predigen ich und dein Vater, dass es keine der Erde entweichenden Dämpfe sind, die die Leute krank machen, sondern dass die Menschen sich untereinander anstecken! Tausende werden in den nächsten Tagen nach Andechs kommen und dieses Fieber mit sich in ihre Städte und Dörfer tragen. Die Leute sollten besser zu Hause beten!«
    »Dafür ist es jetzt zu spät, Meister Fronwieser. Wir können nur dafür sorgen, dass die Menschen wieder gesund heimkehren.«
    Simon drehte sich um und sah Jakob Schreevogl, der ein apathisch wirkendes Kind hereintrug. Schweißperlen rollten über die Stirn des Jungen, seine Augen waren geschlossen.
    »Die Eltern meinten, hundert Rosenkränze und eine gestiftete Kerze würden ihr Kind schon genesen lassen!«, schimpfte der Ratsherr. »Glücklicherweise konnte ich sie überreden, den Bub wenigstens während der Mittagsmesse in Eurer Obhut zu lassen. Es ist eine Schande!« Vorsichtig legte er den Knaben auf einen Strohballen in der Ecke des niedrigen Gewölbes. Müde lächelnd sah er Simon an. »Wenn ich kranke Kinder sehe, muss ich immer daran denken, wie Ihr meine kleine Clara damals geheilt habt, Fronwieser. Ich hoffe, Ihr könnt auch diesem Buben helfen. Jedes Kind ist ein Geschenk Gottes.« Der junge Ratsherr nestelte an seinem Gürtel und warf dem Medicus einen klimpernden Beutel zu. »Hier, nehmt. Eigentlich wollte ich mit dem Geld eine armlange Bienenwachskerze und einen neuen Beichtstuhl stiften, aber ich habe das Gefühl, dass die Münzen hier besser aufgehoben sind.«
    »Habt … habt Dank«, murmelte Simon und wog den Beutel in seinen Händen. Es mochten gut und gern dreißig Gulden darin sein. »Ich werde mir vom Abt die Erlaubnis einholen, davon Arznei und sauberes Bettzeug zu besorgen.«
    Schreevogl winkte ab. »Entscheidet das alleine. Der Abt hat zurzeit wirklich andere Sorgen. Das Gerücht von diesen abscheulichen Morden macht die Runde. Außerdem soll irgendein beseelter Automat im Kloster sein Unwesen treiben. Wenn Bruder Maurus Rambeck nicht aufpasst, wird es hier am Dreihostienfest von ängstlichen Schäflein nur so wimmeln.« Er zwinkerte Magdalena zu, die sich mittlerweile im Bett aufgerichtet hatte. »Aber so wie ich Euch kenne, wisst Ihr beide darüber ohnehin schon mehr als ich.«
    »Wenn wir was vom Mörder wissen, seid Ihr der Erste, der’s erfährt. Versprochen.« Magdalena streckte sich ein letztes Mal und stand auf. Sie schwankte noch leicht, doch ansonsten schien sie wieder genesen. »Und jetzt entschuldigt uns kurz. Ich möchte …«
    Sie brach ab, als ein Schatten auf ihr Gesicht fiel. Etwas Großes stand in der Tür und verdunkelte die

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