Der Hexer und die Henkerstochter
suchen.«
Der Henker seufzte. »Dann eben nur Weibsbild. Hauptsache, die Pfaffen glotzen dir und nicht uns hinterher.«
Lächelnd schloss sich Magdalena ihrem Vater an, der scho n auf dem Weg hinüber zur Kirche war. So wie es aussah, hatte er nun endgültig Feuer gefangen.
Vor dem Kirchenportal trafen die beiden Kuisls auf Simon, der seine Frau ungeduldig erwartete.
»Kannst du dir vorstellen, was für Sorgen …«, begann er, doch Jakob Kuisl unterbrach ihn mit einer harschen Geste.
»Sie war mit dem Matthias unterwegs, und sie lebt ja noch. Also lasst uns die Sache vergessen.«
»Mit dem stummen Matthias vom Graetz?« Simon starrte seine Frau ungläubig an. »Was hast du denn mit dem zu schaffen?«
»Nun, wenigstens kümmert er sich um die zwei Buben, während der Herr Vater lieber seine Nase in Bücher steckt«, blaffte Magdalena.
»Augenblick mal, das mach ich doch nur, weil wir hier einen Mord aufklären müssen! Du hast doch gesagt …«
»Ruhe jetzt!«, herrschte der Henker die beiden Streithähne an. »Zanken könnt ihr euch in Schongau noch lange genug. Jetzt wird erst mal dem Nepomuk geholfen, und dafür muss ich mir diese Heilige Kapelle genauer anschauen. Also lasst uns jetzt da reingehen, Himmelkreuzsakrament!«
Er öffnete die Tür zur Kirche, in der sich jetzt um die Mittagszeit verhältnismäßig wenig Pilger aufhielten. Etwa zwei Dutzend von ihnen knieten betend und mit geschlossenen Augen in den hinteren Bänken. Weiter vorne am Hochaltar war ein einzelner Mönch damit beschäftigt, die nächste Messe vorzubereiten. Zu ihrem Entsetzen bemerkte Magdalena, dass es sich um Bruder Eckhart, den Cellerar, handelte.
»Na wunderbar«, flüsterte sie. »Der fette Sack hat mir scho n einmal eine Abfuhr erteilt. Ich glaube kaum, dass der sich von mir ablenken lässt.«
»Du musst es wenigstens versuchen«, zischte Simon. »Wir brauchen nur zwei Minuten, um über die Treppe hoch zum oberen Chor und zur Tür zu kommen. Wenn Eckhart so lange wegsieht, reicht uns das schon.«
»Zwei Minuten?« Die Henkerstochter zog die Brauen hoch. »Das kann eine halbe Ewigkeit sein. Aber bitte, ich werd mir Mühe geben.«
Magdalena befeuchtete ihre Finger mit Weihwasser aus dem Becken am Eingang, schlug ein Kreuz und knickste brav. Dann begab sie sich nach vorne Richtung Apsis, wo Bruder Eckhart gerade damit beschäftigt war, den Kelch der heiligen Kommunion mit einem Tuch zu reinigen. Als er die junge Frau auf sich zukommen sah, drehte er sich demonstrativ weg.
»Äh, Hochwürden …«, begann Magdalena, doch der Cellerar reagierte nicht.
»Ich war heute bei der Kollekte nicht da, würde aber gern etwas für den Bau des Klosters spenden«, versuchte es Magdalena erneut. Endlich hob der feiste Mönch seinen Kopf.
»Du kannst das Geld gern mir geben«, erwiderte er hochtrabend. »Ich werde es seinem wohlgefälligen Zweck zuführen.«
Versaufen wirst du es, du aufgeblähter Weinbeutel , dachte Magdalena, während sie weiter lächelte.
»Wie Ihr meint, Hochwürden«, erwiderte sie in naivem Ton. »Darf ich Euch zuvor noch etwas fragen?«
Der Cellerar sah sie misstrauisch an. »Bist du nicht das Weibsbild, das ich kürzlich von der Empore vertrieben habe?«, erkundigte er sich. »Diejenige, die so viel über unsere Reliquienkammer wissen wollte?«
»Äh, ja«, gab Magdalena nach einigem Zögern zu. »Diese Reliquien … sie … sie bedeuten mir viel.« Sie setzte einen leicht entrückten Gesichtsausdruck auf. »Ich träum sogar von den Reliquien! In meinen Träumen kommen Karl der Große und die heilige Elisabeth an mein Bett und sprechen mit mir. Sie sagen mir, wenn das Vieh krank ist und wenn die Milch sauer wird. Und wirklich, wenn ich am nächsten Tag in den Topf schaue, ist die Milch sauer! Ein Wunder!«
»Ein … Wunder, fürwahr. Und jetzt lass mich weiter den Kelch putzen für die nächste Messe.« Offensichtlich war der Cellerar derartige Geschichten von Gläubigen gewohnt, sein Misstrauen schien verschwunden. Magdalena blickte sich verstohlen um und sah, wie Simon und ihr Vater gerade die Treppe zum Mönchschor hinaufstiegen. Sie musste sich etwas einfallen lassen.
»Dieses … dieses Bild dort hinten«, kicherte sie und deutete spontan auf irgendeines der Gemälde, die im hinteren Teil der Apsis hingen. »Da ist ja eine Maus drauf! Die kriecht dem Pfarrer wohl gleich in die Stola.«
»Ungebildete! Du weißt ja wirklich überhaupt nichts!« Bruder Eckhart war jetzt von den Altarstufen
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