Der Hexer von Hymal, Buch VIII - Freund und Feind
verstand der junge Zauberer.
Faza könnte also die Summe allen Verrats und Denunziantentums der gesamten Menschheit sein. Kein Wunder, dass der Dämon als Verkörperung so vieler Täter entsprechend mächtig war.
Sicherlich labte sich das Vieh an allem Verrat, der es über die unzähligen Generationen hin fett gemacht hatte. Nicht unwahrscheinlich, dass es sich ebenfalls an anderen Wesen ergötzte. Auch Zwerge, Orks und Elfen kannten doch Verrat, oder?
Doch warum ächtete der Arkane Orden dann die Dämonologie? Er konnte sich ja kaum dem Wesen der Menschheit verschließen. So viel Scheinheiligkeit durfte sich noch nicht einmal der Orden leisten. Gerade wenn er solchen Charakteren wie Xanthúal Tür und Tor öffnete. Wussten die Magier des Ordens überhaupt von der wahren Natur der Dämonen?
Für einen Augenblick lang hatten diese ihren Reiz fast verloren. Zu sehr hatte sich Nikko darauf eingerichtet, dass Dämonen Kreaturen aus einer finsteren Dimension waren. Zu sehr hatte er sich darauf gefreut, ein solch mächtiges Wesen zu bändigen. Doch was sollte er mit der Verkörperung eines Prinzips anfangen?
Schnell hatte sich der Junge wieder gefasst. Eigentlich war es ja egal, was genau Dämonen waren. Wie mächtig diese waren, ob nun Wesen oder Prinzip, hatte Faza doch gezeigt. Es ging schließlich darum, sich ihre Macht zu Nutzen zu machen. Eine Beschwörung war kein Spaß, sondern Mittel zum Zweck!
Nikko las weiter. Planetenkonstellationen und Mondphasen? Interessant! Offenbar konnte man einzelne Dämonen nur in bestimmten Zeitfenstern beschwören. Genau dann, wenn sie am schwächsten waren. Leider hatte sich der Adept noch nie mit den Himmelskörpern befasst. Das würde er nun wohl nachholen müssen.
»Wieder frage ich Euch, was Ihr über Dämonen wisst«, brummte der Nekromant, als Nikko ihn am nächsten Morgen aufsuchte.
»Sie sind Verkörperungen gewisser Prinzipien, die allen Menschen… und wohl auch anderen intelligenten Wesen eigen sind«, dozierte der Junge.
»Was genau bedeutet das?«, nickte der Graf nicht ohne Anerkennung, schien aber sichergehen zu wollen, dass der Adept verstand, was er da sprach.
»Nehmen wir Faza als Beispiel«, versuchte Nikko zu glänzen. »Er repräsentiert den Verrat, der in jedem von uns steckt und somit auch in allen. Wir alle… nähren Faza mit unserem Verrat. Er wohnt in allen von uns und ist die Summe unseres Verrats.«
»Zwar nicht völlig korrekt«, zuckte der Meister die knochigen Schultern. »Dennoch beeindruckt Ihr mich, Adept. Ihr habt eine… ausreichend gute Idee davon, wer unser Freund Faza wirklich ist.«
»Wo liege ich denn noch falsch?«, war der Junge zufrieden, wollte es jetzt aber genau wissen.
»Das werde ich Euch nicht verraten«, keckerte der untote Graf. »Es ist nun einmal Teil Eurer Arbeit als Zauberer, solche Dinge selbst herauszufinden.«
Nikko gab sich damit zufrieden. Zwar war er neugierig, was an seinem Bild über Dämonen noch nicht ganz stimmte. Doch hatte der Nekromant sicherlich Recht damit, dass es seine eigene Aufgabe war, diese Frage zu beantworten.
»Sagt, Meister«, bohrte der Junge weiter, »wissen die Meister des Ordens eigentlich von der wahren Natur der Dämonen? Wieso ächten sie die Kunst deren Beschwörung so sehr?«
»Was genau sie wissen, kann ich nicht sagen«, brummte Hafuch. »Die Lehrmeinung, Dämonen seien bösartige Wesen aus einer verruchten Dimension, dürfte allerdings noch immer vorherrschend sein. Daher wohl die Ablehnung.«
»Gibt es auch Verkörperungen… sagen wir… positiver Prinzipien?«, fragte Nikko weiter.
»Die da wären?«, keckerte der Nekromant.
»So etwas wie… Liebe, Gnade«, zuckte der Junge die Schultern.
»Ihr würdet eine solche Verkörperung nicht als Dämon bezeichnen, auch wenn sie von Prinzip her etwas Ähnliches ist«, erklärte der Graf mit offensichtlicher Unlust. »Ihr würdet sie auch nicht evozieren sondern… invozieren. Wozu auch immer so etwas nützlich sein sollte.«
Evozieren war ein anderes Wort für das Beschwören oder Herbeirufen. Doch was bedeutete invozieren?
»Invozieren?«
»Anrufen«, erklärte Hafuch. »Bei einer Herbeirufung zwingt Ihr das Wesen oder den Dämon zu Euch. Bei einer Anrufung… bittet Ihr es her.«
Herbitten? Das passte natürlich gar nicht zum Nekromanten. Kein Wunder, dass er das Wort so abfällig betonte. Es war aber interessant, dass es auch diese Möglichkeit gab. Nikko würde gerne mehr darüber erfahren. Doch schien der Graf
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