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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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hin. »Du hattest doch auch aufgehört«, sagte er.
    »Es hat zu wehgetan«, sagte Winter. »Jetzt fühl ich mich wieder besser.«
    *
    Halders stand mitten auf dem Doktor Fries Torg. Hier war die Zeit stehen geblieben, sie umgab den Platz, der zu Zeiten des Wohlfahrtsstaates gebaut worden war, in denen man in seinen Träumen, seinem Glauben und Vertrauen nach vorn geschaut hatte. Hier bin ich wieder Kind, dachte Halders. Hier ist alles echt, so hat es ausgesehen.
    Platten, Steine, Beton. Aber damals war es trotzdem eine glückliche Straße gewesen. Hoch über dem Boden schwebte der Beton. Nicht schlecht, gar nicht schlecht.
    Nur wenige Menschen bewegten sich zwischen der Bibliothek, den Vereinslokalen und der Zahnarztpraxis, zu der Winter ging, soviel Halders wusste. Eine Pizzeria, natürlich. Eine geschlossene Bankfiliale, natürlich. Tabak und Zeitungen, eine Post, aber die würde es auch nicht mehr lange geben. Ein Supermarkt, dessen äußere Erscheinung mit dem Entstehungsjahr des Platzes übereinstimmte.
    Halders setzte sich auf eine der Bänke und zeichnete einen Plan in sein Notizbuch.
    Hier war Stillman vorbeigekommen auf dem Weg von den Treppen dort unten, die zur Stadt hinunterführten. Er musste durch das Dickicht gegangen sein, das zu dem Zeitpunkt völlig im Dunkeln gelegen haben muss. Er hätte auch einen anderen Weg wählen können. Dies war der schwierigste. Vielleicht hatte der Junge einen Hang zum Abenteuer. Halders zog eine Linie von dem Punkt, wo er saß, und dem Weg, den Stillman genommen haben musste, zu dem Punkt, wo er niedergeschlagen worden war.
    Fast mitten auf dem Platz. Er schaute zu der Stelle. Jemand könnte im Schatten unter den Arkaden vor dem Supermarkt gestanden haben. Oder neben dem Tabakladen. Oder dem Delikatessengeschäft auf der anderen Seite. Ist mit einem Eisen hervorgestürzt. Dem Eisen eines Golfschlägers. Einem anderen Eisen. Oder ist auf dem Fahrrad angebraust gekommen. Oder ist gerannt wie der Teufel auf lautlosen Sohlen, und der Junge, der müde und betrunken war, hatte nichts gehört. Schade, dass die Opfer keinen Walkmanstöpsel im Ohr und die Musik in höchster Lautstärke im Schädel gehabt hatten. Das hätte einiges erklärt.
    Vielleicht waren sie auch gar nicht allein gewesen. Der Gedanke war Halders durch den Kopf geschossen, als er die Orte wieder aufgesucht hatte. Vielleicht war jemand bei ihnen gewesen, den sie nicht nennen wollten, obwohl der Betreffende versucht hatte, sie zu erschlagen. Könnte es so gewesen sein? Deckten sie ihren Täter? Halders hatte viel im Lauf der Jahre gelernt. Es war ein Irrglaube zu meinen, die Menschen würden sich rational verhalten. Die menschliche Psyche war ein interessantes Stück Wirklichkeit. Oder eher ein erschreckendes. Man musste es nehmen, wie es kam.
    Nicht allein. Jemanden decken. Oder schämten sie sich wegen irgendetwas? Er schaute wieder auf seine Skizze, zeichnete eine gerade Linie zum Wartehäuschen der Straßenbahnen und Bushaltestelle. Dorthin war Stillman unterwegs gewesen, hatte er gesagt.
    Von woher? Er hatte immer noch nicht erklären können, was er hier getan hatte. Die Behauptung, er sei einfach nur so herumgelaufen, ließ Halders nicht gelten. Nach Olofshöjd zu seiner Studentenbude war es weit. Man konnte zwar zu Fuß durch den Schlosswald und über Änggården und Guldheden dorthin gehen, genau wie es theoretisch möglich war, zu Fuß von Göteborg ostwärts nach Shanghai zu gelangen.
    Hatte er hier jemanden besucht? Warum zum Teufel wollte er es dann nicht sagen, wenn es so war? Hatten sie einen kleinen Nachtspaziergang unternommen? Wir müssen uns noch mal ausführlich mit ihm unterhalten. Und mit den anderen Studenten. Halders erhob sich und ging zu dem Delikatessengeschäft, um sich etwas zu essen zu kaufen.
    *
    Winter trieb sich noch ein wenig auf dem Hof herum, nachdem er sich winkend von Elsa verabschiedet hatte. Eine Weile hatte sie ihm vom Fenster aus gewinkt, aber dann war sie plötzlich verschwunden, und er hatte begriffen, dass er und Angela nicht die Einzigen in ihrem Leben waren.
    Auf dem Hof waren viele Kinder. Zwei Erzieherinnen, soweit er sehen konnte. Draußen auf der Straße floss dichter Verkehr vorbei, die zweite rush hour am Morgen zur Arbeit. Bald werde ich mich auch ins Getümmel stürzen.
    Als Winter zum Zaun blickte, sah er einen kleinen Ausbüchser auf dem Weg durchs Gebüsch. Vielleicht derselbe wie beim letzten Mal auf der Jagd nach der Freiheit außerhalb des

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