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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Alinder. Das ist die Art von Gespräch, für die ich keine Zeit habe.
    »Ja, natürlich.«
    »Und was glauben Sie selber?«
    »Na ja, wenn es stimmt, was Ellen erzählt hat… dann könnte doch der Mann im Auto den Schmuckanhänger an sich genommen haben.«
    »Haben Sie Ellen noch einmal danach gefragt?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Sie sagt immer noch ungefähr dasselbe wie vorher. Es ist doch merkwürdig, dass sie sich erinnert, oder?«
    Meine Erinnerungsnotiz, dachte Alinder. Kann ja noch ein paar Sätze hinzufügen.
    »Beschreiben Sie diesen Schmuckanhänger«, sagte er und griff nach dem Stift.
    »Es ist ein kleiner Vogel aus Silber«, antwortete sie.
    *
    Nur ein kleiner Gegenstand. Eine Erinnerung. Er konnte sie hervornehmen, und das genügte ihm.
    Noch. Nein. Nein! Es genügte. Es genügte! Er wusste, dass es nicht genügen würde. Er würde… es zu etwas benutzen.
    Er schloss die Augen und schaute zur Wand und der Kommode, die neben dem Bücherregal stand, in dem die Videofilme waren.
    Das Auto von dem Jungen und den kleinen silbernen Vogel von dem Mädchen verwahrte er in einer Schublade der Kommode. Das Auto war blau und schwarz, und der Vogel glänzte in seiner eigenen Farbe.
    Jetzt hielt er den kleinen Ball in der Hand, den das andere Mädchen in der Tasche gehabt hatte. Er war grün wie ein Sommerrasen. Maja hieß sie. Der Name klang auch nach Sommer. Maja. Das war kein Name für diese Jahreszeit. Er mochte den Herbst nicht. Im Sommer war er ruhiger, aber jetzt… Jetzt war er nicht mehr so ruhig.
    Er setzte sich ins Auto und fuhr los, fuhr und fuhr. Fuhr herum, er wollte es nicht, aber er konnte es nicht lassen. Die Spielplätze. Die Höfe der Kindergärten.
    Dabei sein und mitspielen.
    Er ließ den Ball fallen, der hüpfte gegen die oberste Schublade der Kommode und zurück. Er neigte sich zur Seite und fing ihn mit einer Hand.
    *
    Wenn es draußen so dunkel war, dass er die Vorhänge nicht vorzuziehen brauchte, wenn er seine Videos sehen wollte, stellte er den Fernseher an.
    Maja sagte etwas Lustiges. Er hörte sein eigenes Lachen vom Film. Sie lächelte. Er sah den Regen auf der Scheibe hinter ihr. Die nackten Bäume. Den Himmel, leer. Wie traurig es da draußen aussah, vor den Autofenstern. Grau, schwarz. Nass. Verwelkt. Der Himmel grau oder schwarz oder rot… wie Blut. Nein. Bösartig. Der Himmel ist ein bösartiges Loch, das größer ist als alles andere, dachte er und krallte seine Hand fest um den Ball. Vom Himmel fallen Sachen, vor denen man flieht, sich versteckt. Er ist leer, aber Regen fällt herab, und wir entkommen nicht, und deswegen ist der Himmel nur ein Ort auf Erden. Der Himmel ist ein Ort auf Erden, dachte er wieder. Er dachte an die Zeit, als er Kind gewesen war. Der Onkel war zu ihm gekommen, wenn er geweint hatte. Er hatte das Licht im Zimmer ausgeschaltet, und der Onkel hatte dies und das gefragt und ihm Sachen gegeben und war dann wieder gegangen. Dann war er wiedergekommen.
    Es hatte so wehgetan. Aber war das… Papa gewesen? War das Papa gewesen? Oder der Onkel? Hinterher hatte er ihn getröstet.
    So viele Male getröstet.
    Er sah wieder auf die Mattscheibe. Dort drinnen im Auto war es warm und schön. Ihm war warm gewesen, als er gefilmt hatte. Die Laute vom Radio waren auch dabei. Jetzt kam die Stimme, die fluchte. Das Kind hatte es gehört. Maja. Jetzt sagte Maja, der Onkel im Radio habe ein hässliches Wort gesagt.
    Ja, das war ein sehr hässliches Wort. Was für einen schönen Ball du hast, Maja. Halt ihn mal hoch.
    *
    Winter saß mit abgewinkelten Beinen bei der Tür im Flur und rollte Elsa den Ball zu, die am anderen Ende des Flurs saß. Es war ein langer Flur. Er konnte ihr den Ball über die ganze Entfernung zurollen, aber sie schaffte es nicht, ihm den Ball zurückzurollen.
    Er stand auf und setzte sich näher zu ihr. »Dummer Ball«, sagte Elsa.
    »Jetzt geht es besser«, sagte er und rollte ihn ihr wieder zu.
    »Ball, Ball!«, rief sie, als es ihr gelang, ihn zu ihm zurückzurollen. »Ball Papa!«
    »Hier kommt er«, sagte er und rollte ihn wieder zurück.
    *
    Elsa schlief, als Angela nach dem Spätdienst nach Hause kam. Ein langer Tag auf der Station. Frühdienst. Ein bisschen Ausruhen dazwischen. Abenddienst. Er hörte den Aufzug dort draußen im Treppenhaus knirschen und öffnete die Tür, damit Angela sie nicht aufschließen musste.
    »Ich hab den Aufzug gehört.«
    »Ganz Vasastan hört diesen Aufzug.« Vorsichtig zog sie sich den Regenmantel aus und hängte ihn

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