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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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ihre Kinder habe ich kaum zu Gesicht bekommen.«
    Sie legte eine kurze Pause ein, als ob ihr bewusst wurde, was sie soeben gesagt hatte. »Das ist ja eigentlich ganz schrecklich, aber vielleicht sollte man sich da kein Urteil erlauben. Ich war meiner Mutter sicher auch keine große Hilfe, auch wenn sie nicht sehr alt oder senil war, als sie starb.«
    »Nein.« Mikael lief ein Schauer über den Rücken. Noch waren seine Eltern gesund und munter, obwohl sie bereits im Rentenalter waren. Aber Krankheiten kamen manchmal von heute auf morgen und konnten das ganze Leben verändern. »Was ist geschehen?«
    »Na ja, diese alte Dame war schon ganz weit weg. Im letzten Jahr wurde es unmöglich, überhaupt noch Kontakt zu ihr aufzunehmen. Sie konnte nicht auf die Toilette gehen, nicht allein essen oder auf ihren Füßen stehen … Schon als sie zu uns kam, war sie ziemlich schlecht dran. Ihr Mann hatte sie zu Hause gepflegt, solange es ging, doch irgendwann schaffte er es nicht mehr. Aber er kam jeden Tag. So etwas sieht man nicht oft. Es muss die große Liebe gewesen sein.«
    Sofia hielt einen Moment inne, ehe sie weitersprach. »Der Arme, er sah immer so traurig aus, wenn er da in ihrem Zimmer bei ihr saß oder wenn er ihren Stuhl in den Aufenthaltsraum fuhr. Er hat ihr oft vorgelesen, meist aus der Zeitung. Ich glaube nicht, dass sie den Inhalt verstanden hat, aber man merkte ihr an, dass sie ruhiger wurde, wenn sie seine Stimme hörte.«
    »Und heute ist sie gestorben …« Mikael wollte das Thema gern beenden, er mochte nicht über den Tod sprechen, doch Sofia schien seine Ungeduld nicht wahrzunehmen.
    »Ja. Ich war in ihrem Zimmer. Jede Viertelstunde schauten wir nach ihr. Es ging ihr schlecht, sie hatte in letzter Zeit immer wieder Infekte, und ihr Herz arbeitete nicht richtig. Wir wussten, dass sie nicht mehr viel Zeit haben würde. Als ich dort bei ihr war, fiel mir auf, dass ihre Atmung sehr ungleichmäßig wurde. Gerade wollte ich Hilfe holen und war schon auf dem Weg zur Tür, als sie einen langgezogenen Seufzer ausstieß. Als ich sie anschaute, sah ich, dass sie die Augen geöffnet hatte und lächelte. Verstehst du, seit etwa einem Jahr konnte man keine Verbindung mehr zu ihr bekommen, und dann liegt sie da und lächelt.« Sofia hielt inne, und Mikael hörte sie atmen. Er nutzte die Gelegenheit, um den Hörer an das andere Ohr zu nehmen, er war schon warm geworden.
    Sofia holte tief Luft. »Dann geschah etwas Sonderbares. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es war, als passierte etwas in diesem Zimmer. Als ob die Last verschwand.«
    »Die Last?«
    »Ich kann es schlecht beschreiben, aber es war körperlich spürbar, was da vor sich ging. Es war, als ob … als ob sich die Stimmung im Zimmer mit einem Mal veränderte. Es wurde ganz friedlich. Und als ich Sonja, die alte Dame, ansah, konnte ich feststellen, dass sie aufgehört hatte zu atmen. Dieses Lächeln trug sie noch immer auf den Lippen, aber das Leben hatte sich verabschiedet. Natürlich hätte ich sofort einen Arzt rufen müssen, doch es war so still und friedlich in diesem Zimmer, dass ich mich einfach auf einem Stuhl niederließ und eine ganze Weile dasaß.«
    »Und was hat du gedacht?«
    »Keine Ahnung. Nichts. Nein, stimmt nicht.« Sie zögerte. »Ich musste an Rebecka denken. Ich habe gehofft, dass sie auch so einen Frieden gefunden hat, wie ich ihn bei Sonja erleben konnte. Dass sie … den Weg nach Hause gefunden hat oder wie man es nun nennen will.«
    Daraufhin hörte Mikael Sofia schluchzen. Er schluckte. Der Gedanke an Rebecka, die einen Weg suchte und umherirrte, setzte ihm zu. »Möchtest du, dass ich zu dir komme?«
    Sofia schniefte. »Danke, das ist lieb von dir, aber es ist nicht nötig. Es war nur alles ein bisschen viel.«
    »Ja sicher.« Er hielt inne. »Ich hoffe auch sehr, dass Rebecka das gefunden hat, was sie suchte. Und wenn nicht, dann tut sie es hoffentlich noch. Sie war nie zufrieden, solange die Dinge nicht genau so waren, wie sie es sich vorgestellt hatte.« Er lächelte still. Über Rebeckas ständiges Ringen um Perfektion hatte er sich manches Mal aufgeregt. Es kam nur selten vor, dass sie rundum zufrieden war. War es nicht das zu kleine Hotelzimmer im Urlaub, dann war es ein Kollege, der sich zu wenig ins Zeug legte. Vielleicht wäre diese Eigenschaft jetzt endlich zu ihrem Vorteil? Er konnte sie bildlich vor sich sehen, wie sie mit Petrus über eine Beförderung verhandelte, und konnte sich ein schniefendes Lachen nicht

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