Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
Vom Netzwerk:
Alkoholiker. Das ist eine Krankheit.«
    »Schon, aber ich habe sie mir selbst eingebrockt.« Birger wirkte fast stolz, als er sich aufrichtete. »Ich bin nicht einfach nur ein Opfer, falls Sie das dachten.«
    »Nein, das meinte ich nicht.« Ich hielt kurz inne. »Ich habe mich von einem Felsvorsprung hinuntergestürzt.«
    Birger entglitt ein spontanes Pfeifen. »Aha, so war das. Meine Herren, ganz schön mutig«, sagte er. »Da war meine Methode eher die für Feiglinge. Ich habe immerhin dafür gesorgt, ordentlich betäubt zu sein.« Er lachte auf und hustete ein paarmal.
    Anna meldete sich zu Wort. »Das ist doch kein Wettbewerb«, meinte sie. »Tot sind wir alle, und wenn ich es richtig sehe, ist keiner von uns besonders glücklich darüber. Es gibt Dinge, die wir bereuen, und Menschen, die wir vermissen. Ich bin froh, dass Sie wenigstens noch da sind.« Sie betrachtete uns beide, dann blieb ihr Blick an mir hängen. »Rebecka, es tut mir wirklich sehr leid. Sie müssen sehr unglücklich gewesen sein, wenn Sie das getan haben. Entschuldigen Sie, dass ich das nicht begriffen habe.«
    »Nicht so schlimm. Ich war ja auch nicht gerade diplomatisch.« Ich lächelte ein wenig, und schließlich lächelte Anna zurück.
    Birger stöhnte auf. »Ja, du liebe Zeit, Sie sind ja wirklich goldig, Sie zwei, man könnte meinen, Sie sind gestorben und in den Himmel gekommen.« Er lachte wieder, und dieses Mal konnten auch wir lachen. Im gleichen Moment bemerkte ich etwas, und die anderen beiden sahen daraufhin in dieselbe Richtung. Es war ein Lichtschein, aber viel, viel größer und kräftiger als jene, die ich von meinen Freunden kannte. Die Farbe glich Ion, Valdemars Engel, doch der perlmuttfarbene Schimmer wurde von einem fast violetten Ton angestrahlt, den ich noch nie gesehen hatte. Es war ein wunderschöner Anblick, und wir verstummten, als wir sahen, wie das Licht näher kam.
    Als es ganz dicht vor uns war, konnten wir nicht weniger als vier Gestalten darin ausmachen. Als Erster erschien Valdemar. Einen Moment später stand eine Frau neben ihm. Zuerst erkannte ich sie nicht. Ihr geblümtes Kleid hing glatt an ihr herunter, und über den Schultern trug sie eine gestrickte Stola.
    »Liebe Freunde, darf ich Ihnen meine Ehefrau vorstellen – das ist Sonja.« Valdemar sah zu der Frau an seiner Seite und lächelte uns schüchtern an. »Wir sind gekommen, um Lebewohl zu sagen«, verabschiedete er sich. »Jetzt ist es soweit, diesen Ort zu verlassen und weiterzugehen.«
    Keiner von uns sagte einen Ton. Das Bild der beiden war überwältigend. Auch ohne das Licht der Engel war es hell um sie herum. Sie wirkten so ruhig, so glücklich und zufrieden, dass mir erst, als ich sie sah, klar wurde, wie selten man auf der Erde Menschen mit dieser Ausstrahlung begegnet.
    Birger räusperte sich. »Es war nett, Sie kennenzulernen, Valdemar, und vielen Dank für Ihre Hilfe mit meinem Jungen. Ich möchte Ihnen eine gute Reise wünschen. Ich hoffe, meine wird genauso angenehm, wie Ihre zu sein scheint, wenn es an der Zeit ist.« Er nickte Sonja zu. »Alles Gute für Sie zwei«, schob er hinterher.
    »Es ist schön, dass Sie sich noch von uns verabschieden, danke.« Anna sah noch immer etwas mitgenommen aus und ihre Worte kamen nur schleppend. »Ich werde Ihre Lektion im Werkraum nie vergessen«, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu. »Die war großartig!«
    Valdemar lachte, und dies war nicht mehr das heisere Lachen eines alten Mannes, nein, es war voller Kraft und innerer Stärke. »Anna, Sie sind eine sehr liebe Person. Ich hoffe, Sie finden die Ruhe, die Sie verdienen. Und auch Sie, Rebecka.« Er drehte sich zu mir um. »Alles kann gut werden. Vergessen Sie das nicht.« Dann blickte er wieder zu seiner Sonja, die uns noch immer schüchtern anlächelte. Er hob die Hand zu einem letzten Gruß, und als sie gemeinsam mit ihren Begleitern aus unserem Sichtfeld verschwanden, wurde uns klar, dass sie niemals zurückkehren würden.

»Heute ist etwas ganz Merkwürdiges passiert. Merkwürdig, aber schön.« Sofia musste es unbedingt loswerden.
    »Was denn?«
    »Es war bei der Arbeit«, fuhr sie aufgeregt fort. »Eine unserer Patientinnen ist gestorben.«
    »Ach, wie furchtbar!«
    »Nein, eben gar nicht. Ich habe viele Menschen sterben sehen, das gehört einfach dazu, wenn man in einem Altenheim arbeitet, aber dieses Erlebnis war etwas Besonderes. Es war eine alte Dame, weit über achtzig, Witwe. Ihr Mann ist vor ein paar Monaten gestorben, und

Weitere Kostenlose Bücher