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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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Schlafzimmer. Mikael ließ sich ins Kissen fallen. Er hatte keine Lust mehr, mit Rebecka zu streiten. Stattdessen war das wohlbekannte Gefühl von Sehnsucht nach ihr zurück.
    »Gute Nacht«, sagte er leise. »Ich liebe dich.«

Eigentlich war es gar nichts Besonderes. Mikael rief mich an und sagte Bescheid, dass er heute Überstunden machen müsse. Es war keine Seltenheit, dass einer von uns – meist war ich das – wegen der Arbeit gemeinsame Vorhaben absagen musste. Wir waren uns einig, dass die Anforderungen, die unsere Jobs an uns stellten, den äußeren Rahmen bestimmten, wir hatten daher weder feste Zeiten zum Essen noch für unser Privatleben. Der einzige Unterschied war, dass an diesem Tag mein Geburtstag war. Das war keine große Sache, ich selbst behauptete ja immer, dass es eigentlich lächerlich sei, nach dem achten Geburtstag noch zu feiern. Außerdem hatte Mikael mir schon am frühen Morgen gratuliert. Er hatte mir den Kaffee ans Bett gebracht und mir ein Paar tropfenförmige, goldene Ohrringe überreicht, die von dem Juwelier stammten, wo wir einst unsere Trauringe erstanden hatten. Das Modell war so durchschnittlich und nichtssagend, dass ich völlig verstummte. Mikael hatte mein Schweigen offensichtlich fehlinterpretiert, denn er strahlte übers ganze Gesicht, als ich sie schließlich aus dem Kästchen nahm.
    »Ich dachte, sie passen zu dir«, sagte er, und mir blieb nichts anderes übrig, als den Kloß im Hals hinunterzuschlucken, zurückzulächeln und mich zu bedanken.
    Am Abend hatten wir uns in einem Restaurant verabredet, und er rief erst eine Stunde vor dem vereinbarten Zeitpunkt an. Ihm sei etwas dazwischengekommen, erklärte er. Würde nicht rechtzeitig loskommen. Etwas Unvorhergesehenes. Er hätte unseren Tisch schon abbestellt, aber eine neue Reservierung in der kommenden Woche veranlasst.
    »Ich hoffe, das ist dir recht«, sagte er. »Normalerweise hast du dienstags abends doch Zeit, stimmt’s? Dann feiern wir eben, dass du ein Jahr und eine Woche klüger und hübscher geworden bist. Das ist bestimmt noch viel besser!« Man konnte förmlich hören, wie er dabei lächelte.
    Es war nicht das Stornieren des reservierten Tisches, auch nicht die Tatsache, dass ich Geburtstag hatte. Es war eher die fehlende Reue, die mich völlig aus dem Gleichgewicht brachte. Und diesen Zweifel wieder zum Leben erweckte, den ich immer schon gehegt hatte. Ich hätte mich natürlich damit beruhigen können, dass es mir genauso hätte passieren können, außerdem hatte er mir ja bereits gratuliert und ein Geschenk überreicht, und unser Restaurantbesuch würde ja stattfinden – nur eben ein paar Tage später. Doch sein unbekümmerter Tonfall hatte mich von einer Sekunde auf die andere der Fähigkeit beraubt, klar zu denken. Ich blieb regungslos auf meinem Küchenstuhl sitzen, eingewickelt in ein großes Handtuch, denn dieses eine Mal war ich zeitig aus dem Büro heimgefahren, um noch Zeit zum Duschen und Umziehen zu haben. Da spürte ich, wie es mir den Hals zuschnürte. Ein paar Minuten später heulte ich wie ein kleines Kind. Lag mit dem Oberkörper auf dem Küchentisch und schniefte, als könnte mich nichts auf der Welt mehr trösten. Am Ende setzte ich mich wieder auf, unterdrückte das Schluchzen, zog mich an und legte eine Maske auf, um etwas gegen die geschwollenen Augen zu unternehmen. Er sollte von meinem Gefühlsausbruch nichts merken. Es reichte, dass ich selbst Zeugin dieser schlimmen Minuten wurde.
    Als er nach Hause kam, lag ich im Bett und las. Er küsste mich zur Begrüßung und sagte, es täte ihm leid, dass das Abendessen hätte ausfallen müssen. Ich entgegnete, dass es überhaupt nicht schlimm sei, aber dass wir den reservierten Tisch für die nächste Woche auch wieder absagen müssten, da ich dann einen Termin in London hätte.
    In der Nacht liebten wir uns wieder nach langer Zeit. Ich glaube nicht, dass er mir etwas anmerkte, und ich war stolz auf mich, dass es mir gelang, mich so zu beherrschen. Doch der Zweifel war gesät, und als ich den Riss erkannt hatte, fand ich seine Ausläufer in allem, was er sagte und tat.
    Es waren wirklich Kleinigkeiten. Kein Mensch würde mich für voll nehmen, wenn ich sie aufzählte. Zusammenfassend kann man sie als neue Prioritäten bezeichnen. Ich war nicht mehr die Nummer eins. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, machte ich es, wie schon so viele Male, ich entfernte mich einen Schritt von ihm. Ich drehte den Kopf und schaute in eine andere

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