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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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glühende Kippe lag auf der Kante des Aschenbechers. Eine Rauchfahne kringelte sich bis zur Decke. Ich wollte fliehen, aber mein Körper war wie festgefroren, ich stand da mit dem Rücken zum Besenschrank und spürte, wie sie die Arme um mich legte. »Meine Kleine, jetzt musst du stark sein. Sonst gehen wir alle kaputt.«

»Arayan, sag’ mal ehrlich: Bin ich ein Gespenst?«
    »Mancher würde dich so nennen.«

»Wer bist du eigentlich?« Mikael lag auf der Seite und sah mir in die Augen. »Vor ein paar Monaten wusste ich noch gar nicht, dass es dich überhaupt gibt. Und jetzt …«
    »Und jetzt was?« Ich tat so, als hätte ich nicht die leiseste Ahnung, wovon er sprach, damit er es mir erklären musste, doch er fing einfach an zu lachen. Das war keine Seltenheit.
    »Und jetzt ist es an der Zeit, dass du mir das Frühstück bringst! Na los, setz’ dich in Bewegung!« Er streckte die Arme aus und schob mich gemächlich auf die Bettkante.
    »Nein, ich will nicht. Das ist so kalt!«
    »Dann musst du was anziehen.«
    Ich plumpste mit einem Satz auf den Boden. Die Bettdecke, die ich im Fallen versucht hatte festzuhalten, zog er mir mit einem Ruck wieder weg.
    »Wie gemein von dir!«
    »Ich bin halt hungrig. Hast du Bacon im Kühlschrank?«
    »Du bekommst sowieso nur trockenen Knust, etwas anderes verdienst du gar nicht.«
    »Wunderbar. Und einen Kaffee, bitte.«
    Ich zog meinen Slip und ein T-Shirt an und ging in die Küche. Dort klapperte ich extra laut mit den Tassen und der Espressomaschine. Schließlich sollte dieser Schurke nicht auch noch seelenruhig wieder einschlafen können.
    Trotz meiner gespielten Wut war ich überglücklich. Wir sahen uns oft unter der Woche, wenn ich abends nicht so lange arbeiten musste. An den Wochenenden hatte er Besichtigungstermine, und dann kostete das Boot natürlich viel Zeit. Doch ich ließ ihn. Niemals würde er mich lamentieren hören, wie viel Zeit er in das Boot steckte, das hatte ich mir fest vorgenommen. Wenn ich mich aufdrängte, würde es früher oder später nur auf mich zurückfallen. Ich war nicht so dumm, seine Prioritäten in Frage zu stellen, auch wenn ich merkte, dass er es sich damit selbst manchmal schwermachte. Meine Taktik war es, keinen Kommentar abzugeben. Als spielte es für mich keine Rolle, ob er seine Wochenenden mit mir oder mit Stellan und seinem Boot verbrachte. Ich glaube sogar, dass mir diese Schauspielerei recht gut gelang, denn manchmal erkannte ich in seinem Blick eine gewisse Unsicherheit, und inzwischen war die Art und Weise, wie er fast um meine Aufmerksamkeit bettelte, wirklich ergreifend. Wenn er gewusst hätte, wie schwer es mir in Wirklichkeit fiel, so unbeteiligt zu tun, hätte er diese Unruhe kaum verspürt. Es war wie ein Spiel, eine Art Balanceakt. Und ich war das Zünglein an der Waage.
    Plötzlich stand er in der Küche direkt hinter mir. Er war nackt und benutzte mich als Schutzschild gegen den Blick der Nachbarn durch das Fenster.
    »Ich habe es mir anders überlegt«, sagte er und begann, an meinem Ohr zu knabbern. »Ich will keinen trockenen Brotknust. Ich will dich.« Dann packte er mich und trug mich zurück ins Schlafzimmer, obwohl ich mir Mühe gab, heftig zu protestieren.
    Noch war es ganz früh am Morgen. Mikael war mit Stellan um zehn Uhr an der Werft verabredet. Ich hatte diese Information am Vorabend nur mit einem beiläufigen »ach so« kommentiert. Und gemeint, ich würde am Vormittag ein extra langes Sporttraining einlegen und nachmittags noch ein bisschen arbeiten, bevor ich am Abend mit Siri und Mette zum Essen verabredet war. Einmal im Monat verabredeten wir uns immerhin, auch wenn es mit Siri wirklich schwierig geworden war, seit sie ihren Jonas kennengelernt hatte. Manchmal waren Mette und ich dann nur zu zweit und beklagten uns bei der Gelegenheit, welchen schlechten Einfluss Siris neue Beziehung auf unsere Freundschaft ausübte. Von mir hätten sie das nie behaupten können, dessen war ich mir sicher.
    Mikael schielte auf die Uhr. Wir lagen völlig verschwitzt auf dem zerwühlten Laken, die Bettdecke war auf den Boden heruntergerutscht.
    »Mist! In zehn Minuten sollte ich Stellan treffen.«
    »Das wirst du wohl kaum. Die Fahrt zur Werft dauert von hier aus mindestens zwanzig Minuten. Und vorher anziehen, eventuell duschen, Zähne putzen, was Kleines essen …«
    Mikael stützte sich auf die Ellenbogen. »Dann muss ich ihn anrufen und ihm sagen, dass ich mich verspäte. So ein Mist. Schon am letzten Wochenende

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