Der Himmel ueber Dem Boesen
den Aussagen der Diözese Hereford wird ein Geistlicher von außerhalb die Angelegenheit übernehmen.
Die Angelegenheit übernehmen. Klar, was sollte schon schiefgehen, wenn die fähige Beraterin für spirituelle Grenzfragen das in die Hand nahm? Merrily lehnte sich auf dem Fahrersitz zurück, und als sie erschöpft die Augen schloss, sah sie Jane vor sich, die schlechtgelaunt am Frühstückstisch gesessen und kaum ein Wort gesagt hatte, bevor sie sich auf den Schulweg machte, aber Merrily war vor lauter Schlafmangel viel zu matt gewesen, um sich darüber aufzuregen.
Dann klopfte jemand an die Scheibe. Merrily zuckte zusammen und zerknüllte vor Schreck den
Daily Telegraph
.
Durch die Seitenscheibe sah sie einen länglichen Schädel, einen breiten Mund und borstige hellblonde Haare.
Es war Fergus Young, Schulleiter und Vorsitzender des Entwicklungsausschusses.
Merrily kurbelte die Scheibe herunter.
«Anstrengende Nachtschicht, Detective Constable?», sagte Fergus Young.
Zuerst fielen Merrily all die roten Computer auf, die überall zu sprießen schienen wie wilder Klatschmohn. Sie musste kurz überlegen, wo sie einen solchen Computer schon mal gesehen hatte.
«Roddy Lodge hatte auch so einen. Ich habe ihn in seinem Büro gesehen.»
«Das ist auch kein Wunder», sagte Fergus Young. «Inzwischen gibt es in fast jedem Haushalt hier einen. Sie werden nicht nur von Kindern und Jugendlichen benutzt, sondern auch von älteren Leuten, die niemals gedacht hätten, dass sie mit so einem Gerät umgehen können. Und Leute wie Roddy haben auch einen.»
Er führte sie in sein Büro, gab sich jetzt ein bisschen freundlicher, und sein langer, knochiger Körper wirkte entspannter. Merrily sah sich gezwungen, sich korrekt vorzustellen – warum hatteBliss sie als Kollegin vorgestellt? Fergus verstand den Witz nicht, aber wie hätte er ihn auch verstehen sollen?
Na gut, wenn sie ohnehin schon von aller Welt als mediengeile Pfarrerinnentusse abgestempelt war, dann würde sie diese Sache auch noch aussitzen.
Im Büro des Direktors stand ein weiterer roter Computer und daneben ein konventionelleres Modell.
Es klopfte an der Tür, und ein Junge von etwa acht Jahren steckte seinen Kopf herein. «Soll ich dir und deinem Gast Kaffee bringen, Fergus?»
«Danke, Barney, das wäre nett. Und falls du Chris und Piers Connor-Crewe siehst, dann schick sie doch bitte vorbei, o. k.?»
Der Junge nickte und verschwand. Merrily zog die Augenbrauen hoch. «Sie duzen sich mit den Schülern?»
«Hat sich irgendwie so entwickelt.» Fergus bot Merrily einen Platz auf einem grünen Ledersofa an und setzte sich selbst auf die Armlehne am anderen Ende. Er trug Jeans und eine gelbe Trainingsjacke. «Ein paar von ihnen waren unheimlich begeistert davon, und da wurde mir klar, dass sie angefangen hatten, uns als Freunde zu betrachten.»
«Und ist das, hm, gut für die Disziplin?»
Fergus warf seinen Pferdeschädel zurück. «Überraschender weise ja. Nach einer Weile stellt man fest, dass die Schüler die meisten Probleme, die mit Disziplinmangel zu tun haben, unter sich regeln. Sie fahren bei Störenfrieden eine härtere Linie, als es das Kollegium jemals tun würde. Als Störung gilt dabei alles, was ihnen auf dem Weg zu ihrem Ziel in die Quere kommt.»
«Sie meinen, auf dem Weg zum Spaßhaben.»
«Ja klar, am Anfang betrachten sie es als Spaß. Aber wenn sie dann irgendwann neun oder zehn Jahre alt sind, wird’s ernst. Ich meine damit, dass wir nicht als Lehrer im klassischen Sinne angesehen werden, mehr als Berater … als Förderer. Sie wollen etwaswissen, und wir unterstützen sie dabei, an dieses Wissen zu kommen. Die Frage ist nur, ob man es schafft, in ihnen die Freude am Lernen zu wecken, und diese Frage entscheidet sich gewöhnlich schon, bevor sie in die Schule kommen. Wir bringen also jedem Kind einen Computer nach Hause, sobald es laufen kann, und ein anderes, etwas älteres Kind zeigt dem Kleinen, wie er funktioniert. Wenn die Kinder vier Jahre alt sind, können sie es kaum noch erwarten, hierherzukommen und all die Leute kennenzulernen, die sie vom Bildschirm kennen.»
«Beeindruckend», sagte Merrily. «Und wie finanzieren Sie das alles?»
«Chris – Chris Cody hat uns zu Beginn sehr unterstützt. Jetzt zahlt es sich für ihn natürlich aus. Er bekommt Bestellungen aus dem ganzen Land. Bis jetzt nur durch Mundpropaganda, aber nächstes Jahr kommt ein Buch von mir heraus, in dem ich über unsere Erfahrungen
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