Der Himmel ueber Dem Boesen
ragte der rostbraune Kirchturm empor, dicht daneben leuchtete das Grün zwischen den Gräbern. Am Dorfrand waren zwischen zwei Wohnsiedlungen die Dachfenster der Computerfabrik aus bläulichem Rauchglas zu erkennen.
Und über allem ragte, wie die Wachtürme eines Konzentrationslagers, aus dem Wald die Reihe der Strommasten empor.
Und einer von ihnen war ein Mörder. Warum sollte sich irgendwer über einen kleinen Grabstein für Roddy aufregen, wenn man nur den Blick heben musste, um das enorme Exekutionsgerät zu sehen, diese graue Stahlskulptur, das eigentliche Lodge-Denkmal?
Es stand wie eine Herausforderung da, bedrohlich wie eine Guillotine. Im Moment aber schien niemand anders es anzusehen. Das Trauma war überwunden, und der Alltag war wieder ins Dorf eingekehrt. Underhowle war in Bewegung: Autos hielten an und fuhren wieder weiter, von Landrovern bis zu einem amerikanischen Oldtimer mit Heckflossen, Passanten gingen in die wenigen Geschäfte, riefen hallo und winkten sich zu. Sanftes Licht fiel aus einem Friseurladen namens Haupt-Quartier.
«Kommt endlich wieder auf die Beine.»
Wie oft hatte sie das jetzt schon gehört?
«Hat sich in den letzten fünf Jahren stärker entwickelt als in den vierzig davor zusammen. Und für die Zukunft klingt alles so vielversprechend.»
Tja, dann viel Glück. Merrily stieg in den Volvo, legte die Zeitung auf den Beifahrersitz und blätterte sie auf. Der Artikel war klarer und zurückhaltender formuliert, als sie erwartet hatte.
Steht der Mord an der walisischen Grenze in Verbindung mit Fred West?
Von Eric Birchall
Gerichtsreporter
Wie die Polizei gestern Abend mitteilte, verehrte Roderick Lodge, der sich selbst des Serienmords bezichtigt hat und an einem Stromschlag starb, nachdem er einen Hochspannungsmast hinaufgestiegen war, den Massenmörder Fred West mit geradezu manischer Besessenheit.
In Lodges Wohnung in Herefordshire wurde eine umfangreiche Sammlung von Zeitungsausschnitten zu den Morden Fred Wests gefunden, ebenso wie «unwiderlegbare Beweise, dass er in Fred West ein Vorbild sah», wie der Polizeisprecher von West Mercia es ausdrückte. West erhängte sich 1995 im Alter von 53 Jahren in der Untersuchungshaft, während er auf den Prozess wartete, bei dem ihm die Ermordung von zwölf jungen Frauen und Mädchen zur Last gelegt werden sollte. Viele der Opfer waren im Keller und im Garten seines Hauses in der Cromwell Street 25 in Gloucester vergraben worden – also etwa 20 Kilometer entfernt von Lodges Wohnung in dem Dorf Underhowle bei Ross-on-Wye.
Das einzige Opfer von Lodge, das bisher gefunden wurde, ist Lynsey Davies, eine neununddreißigjährige vierfache Mutter. Sie wurde unter einem der Abwassertanks vergraben, die Lodge im weiten Umkreis von Herefordshire, Gloucestershire und Monmouthshire aufgebaut hat. Die Polizei allerdings schließt die Möglichkeit nicht aus, dass Lodge noch zumindest zwei weitere Frauen ermordet hat.
«Ohne Leichen können wir nicht feststellen, wie viel von diesem Geständnis nur einer kranken Phantasie entsprungen ist», sagte Detective Chief Superintendent Luke Fleming, der die Ermittlung leitet.
«Lodge hat in einem sehr großenGebiet und mit schwerem Gerät gearbeitet. Es ist uns gelungen, viele seiner Kunden aus der jüngeren Vergangenheit zu finden, aber es ist klar, dass Lodge nicht alle in seine Buchführung aufgenommen hat. Wir haben großes Interesse daran, mit allen seinen Auftraggebern aus etwa den letzten fünf Jahren zu sprechen.
Ich möchte betonen, dass dieser Mann bekanntermaßen eine höchst lebhafte Phantasie und möglicherweise auch psychische Probleme hatte, deshalb gibt es unserer Meinung nach keinen Grund, in Panik auszubrechen.
Lynsey Davies war Lodges Lebensgefährtin, und es ist sehr gut möglich, dass wir es nur mit einem einzelnen Beziehungsmord zu tun haben, verübt von einem Mann mit Minderwertigkeitskomplexen, der sich den berüchtigtsten Massenmörder der vergangenen Jahre als Idol ausgesucht hat, weil dieser zufällig in der Nachbarregion gewohnt und dort auch seine Morde verübt hatte.»
Unterdessen gibt es in Underhowle Streit, weil viele Dorfbewohner dagegen sind, dass Lodge auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt wird.
Sie befürchten, dass das Grab zu einer «perversen Touristenattraktion» werden könnte, ganz besonders, falls noch weitere Leichen entdeckt werden sollten.
Der Ortsgeistliche, Hochwürden Jerome Banks, hat es abgelehnt, die Beerdigung abzuhalten. Nach
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